Obama will Krisenhilfen von Banken zurück

Teilen

US-Präsident Barack Obama will die staatlichen Krisenhilfen für Finanzinstitute vollständig zurückfordern. Er sei entschlossen, jeden einzelnen Cent einzutreiben, den die Firmen dem amerikanischen Volk schuldeten, hieß es in einer Stellungnahme Obamas. Seine Entschlossenheit sei umso stärker angesichts der Berichte über "riesige Gewinne und obszöne Boni" bei genau den Unternehmen, die ihr Fortbestehen dem amerikanischen Volk verdankten.

Nach Angaben des Präsidialamts soll die geplante Sonderabgabe für Banken zehn Jahre oder auch länger erhoben werden, um die Hilfen aus dem Bankenrettungsprogramm (TARP) vollständig zurückzuerlangen. Die Gebühr zielt demnach auf die größten und am stärksten fremdkapitalfinanzierten Finanzinstitute. Die USA haben insgesamt 700 Mrd. Dollar (483 Mrd. Euro) an Steuergeldern in die Bankenbranche des Landes gepumpt, um einen Zusammenbruch zu verhindern und die Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung abzumildern. Die US-Banken sind mit Hilfe der Gelder schnell in die Gewinnzone zurückgekehrt und planen bereits wieder Millionen-Boni für ihre Manager.

Obama will von den größten Geldinstituten der Wall Street rund 120 Mrd. Dollar des Geldes zurückbekommen, das die Regierung für die Rettung des Finanzsystems ausgegeben hat. Gleichzeitig erklärte Obama im Weißen Haus, dass die Rettungsgelder weit niedriger lägen als noch im August 2008 vorhergesagt: Das Rettungsprogramm für Banken habe die US-Regierung bisher rund 117 Mrd. Dollar gekostet - prognostiziert waren 341 Mrd.

Die eingeführte "Verantwortungs-Gebühr für die Finanzkrise" soll die Kosten für das Rettungsprogramm decken. Sie gelte für die nächsten zehn Jahre. Die Abgabe sei die Antwort auf die hohen Boni, die sich Bankmanager auszahlen ließen. Die USA wollen einem Zeitungsbericht zufolge auch ihre internationalen Partner dazu drängen, die neue Bank-Krisengebühr zu übernehmen. Das US-Finanzministerium wolle den Finanzsektor weltweit in die Verantwortung nehmen, berichtete die "Financial Times" unter Berufung auf ungenannte Kreise. Einzelheiten wurden nicht genannt.

Für Finanzminister in Wien fragwürdiges Vorgehen

Der deutsche Finanzminister hält sich bezüglich der Pläne Obamas unterdessen bedeckt, weist nationale Sonderabgabepläne für Deutschland zurück. Auch sein österreichischer Kollege Josef Pröll (V) lässt abschlägige Erstbeurteilungen verlauten. Frankreich ist skeptisch, britische Banken würden schon durch die US-Maßnahme milliardenschwer zum Handkuss kommen.

Die Ankündigung des US-Präsidenten sei kein Anlass zu vergleichbaren Initiativen, hieß es vonseiten der deutschen Regierung. Frankreichs Wirtschaftsministerin Christine Lagarde meinte, die USA seien bei der Banken-Krisengebühr in einer anderen Lage. In Österreich nannte ein Sprecher von Pröll einen Banken-Strafsteuer-Plan fragwürdig und volkswirtschaftlich bedenklich. Zum einen sei die Situation in USA und Österreich nicht vergleichbar. "Die österreichischen Banken haben die Finanzkrise nicht verursacht", so Ministersprecher Harald Waiglein. Europa habe die Bankenpakete geschnürt, um die Kapitalausstattung der Banken zu stärken. Eine Abgabe, die die Banken hier wieder schwäche, berge die Gefahr, dass neue Rettungspakete nötig würden, so der Sprecher zur APA.

Die SPÖ und Staatssekretär Andreas Schieder (S) haben in den vergangenen Wochen vorgeschlagen, dass sich die Banken mit einer eigenen Abgabe ("Stabilitätsfonds") selber gegen Krisenzeiten versichern sollten. "Es gibt keine Pläne, eine solche Sonderabgabe zu erheben", sagte der Sprecher des deutschen Finanzministeriums, Michael Offer, in Berlin. Vorrangig sei eine international abgestimmte Lösung. Dazu würden zunächst die für April erwarteten Vorschläge des IWF sowie die weiteren Beratungen der G-20 im Sommer abgewartet. Sollte es keine internationale Vereinbarung geben, könne sich Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auch eine europäische Lösung vorstellen.

Mit Milliardensummen würde sich Obamas Sonderabgabe jedenfalls für britische Geldhäuser niederschlagen. Drei britische Bankenriesen müssen wegen ihrer US-Geschäfte in den kommenden zehn Jahren insgesamt über 6 Mrd. Pfund (6,8 Mrd. Euro) zahlen, berechneten britische Analysten. Am stärksten betroffen wäre Barclays mit 3,4 Mrd. Pfund über das nächste Jahrzehnt. Auf HSBC kämen so Forderungen von 2,3 Mrd. Pfund zu. Und auch die verstaatlichte Royal Bank of Scotland (RBS) müsste 600 Mio. Pfund abgeben.

US-Regulierungsbehörden haben versagt

Die US-Regulierungsbehörden haben nach Einschätzung der Chefin des Einlagensicherungsfonds FDIC im Vorfeld der Finanzkrise versagt. Das System sei seiner Verantwortung nicht gerecht geworden, sagte Sheila Bair unterdessen vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Finanzkrise. So hätten etwa die Rekordgewinne der Finanzinstitute die Branche ein Stück weit vor kritischen Nachfragen der Regulierungsbehörden geschützt.

Die Chefin der Börsenaufsicht SEC, Mary Schapiro, erklärte bei der Anhörung im Kongress, ihre Behörde prüfe derzeit die Praktiken der Investmentbanken bei strukturierten Papieren zu Beginn der Krise auf dem Häusermarkt. "Wir untersuchen, ob die Anleger korrekte, wichtige und nötige Informationen erhalten haben, oder ob sie in irgendeiner Weise in die Irre geführt wurden."

Der vom Kongress eingesetzte Untersuchungsausschuss soll mit den Anhörungen von Wall-Street-Bankern und Experten die Ursachen der Finanzkrise ergründen. Die sogenannte Financial Crisis Inquiry Commission (FCIC) befragt die vorgeladenen Zeugen zu ihrer Rolle im Vorfeld der schwersten Rezession seit den 30er Jahren. Am Mittwoch hatten bereits die Spitzenmanager der führenden Wall-Street-Häuser Rede und Antwort gestanden. Dabei räumten die Banker zwar Fehleinschätzungen ein, auf eine offene Entschuldigung oder neue Erklärungen für das Debakel wartete das zehnköpfige Gremium jedoch vergeblich. Die Ergebnisse der Befragungen sollen dem Kongress und US-Präsident Barack Obama spätestens am 15. Dezember 2010 übergeben werden.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.
OE24 Logo