Rettungsplan bis Samstag

Zittern um Großbank Dexia

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Taumelnder belgisch-französischer Finanzkonzern soll zerschlagen werden.

Das Ringen um die Rettung der belgisch-französischen Bankengruppe Dexia geht weiter. Der schwer angeschlagene Finanzkonzern steht vor seiner Aufspaltung, allerdings zanken sich Belgien und Frankreich um die Sanierungskosten. Noch heute Freitag wollen die beiden Staaten eine Lösung gefunden haben. Derzeit laufen Expertengespräche. Die zuständigen Minister sollen später zu den Verhandlungen stoßen. Am Samstag tagt das Board, der Verwaltungsrat der Gruppe.

Belgien will für die Dexia jedenfalls nicht alleine in die Bresche springen. "Wir wollen am Ende nicht der alleinige Besitzer von Dexia sein", hatte am Donnerstag Finanzminister Didier Reynders betont. Auch Ministerpräsident Yves Leterme dringt auf eine gerechte Aufteilung der Kosten.

Am Dienstag hatten Belgien und Frankreich Dexia, die als erste europäische Großbank der Schuldenkrise zum Opfer fallen könnte, mit einer Garantie für Sparer gestützt. Die mit 4,8 Mrd. Euro in Griechenland engagierte Bank zittert vor weiteren Abschreibungen auf ihre Staatsanleihen. Ein Verkauf von Firmenteilen soll nun frisches Geld bringen.

Für ihre Privatbank in Luxemburg, eines der Filetstücke der Bank, hat Dexia nach eigenen Angaben einen möglichen Käufer gefunden. Belgischen Medienberichten zufolge will das Scheichtum Katar 900 Mio. Euro dafür hinblättern. Die Börsenaufsicht in Brüssel setzte die Aktie deshalb vom Handel aus. Das Papier war am Donnerstag um weitere 17 Prozent eingebrochen. Wie der luxemburgische Finanzminister Luc Frieden sagte, ist das Land wegen der nationalen Bedeutung von Dexia bereit, eine Minderheitsbeteiligung zu übernehmen.

Frankreich wiederum will riskante Papiere der vor allem als Financier französischer Kommunen bedeutenden Dexia in eine "Bad Bank" auslagern: 95 Mrd. Euro an Anleihen, darunter Staatspapiere südeuropäischer Staaten, sowie 7 Mrd. Euro an Papieren, die mit Hypotheken in den USA besichert sind. Das Kommunalfinanzierungsgeschäft in Frankreich, Dexma, soll mit der staatlichen Caisse des Depots (CDC) und der Postbank Banque Postale zusammengelegt werden. Der belgische Teil könnte letztlich verstaatlicht werden. Die türkische Tochter Deniz-Bank, die auch in Österreich vertreten ist, soll verkauft werden. Sie könnte Milliarden bringen.

Involvierte schließen nicht aus, dass sich die Dexia-Führung am Wochenende mit konkurrierenden Vorlagen der beiden Regierungen auseinandersetzen muss. Belgien wolle allenfalls die Hälfte der Last tragen. "Jeder denkt an sich", wird Analyst Benoit Petrarque von der Privatbank Kepler Capital Markets im "Handelsblatt" (Freitag) zitiert. Bei der ersten Rettung der Dexia im Jahr 2008 hatte Belgien 60 Prozent der 150 Mrd. Euro an Garantien gestellt. Finanzminister Reynders will daher auch die Belastungen der Vergangenheit in eine Lösung einzubeziehen.

Die Dexia-Aktie hat seit der ersten Rettung 2008 mehr als 90 Prozent ihres Werts verloren. Seit vergangenem Freitag ist der Kurs um 42 Prozent eingebrochen. Am Montag soll der Handel wieder aufgenommen werden. Nach der Handelsaussetzung kam in der Nacht auf Freitag eine weitere Hiobsbotschaft: Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) wertete das Institut, das erst vor drei Monaten den Bankenstresstest der EU bestanden hatte, um eine Stufe herab.

Die Dexia ist 1996 durch die Fusion der Kommunalfinanzierer Credit Communal de Belgique und Credit Local de France entstanden. Heute ist die Bank im Privat- und Großkundengeschäft sowie in der Finanzierung öffentlicher Schuldner wie Kommunen tätig. Dexia hat nach eigenen Angaben acht Millionen Kunden in Belgien, Luxemburg, Frankreich und der Türkei. Dort ist die Tochter Deniz-Bank aktiv. In Österreich hatte die Deniz-Bank Ende 2010 Einlagen von 758 Mio. Euro von etwa 100.000 Kunden. Noch eine weitere Verbindung hat das wankende Institut nach Österreich: Bei der Notverstaatlichung der Kommunalkredit vor drei Jahren musste Dexia den Osteuropa-Teil der Bank übernehmen; im Gegenzug für die Hilfen hatte Dexia der EU-Kommission den Verkauf von Geschäftsteilen und eine Reduzierung der Bilanzsumme zugesagt. In Deutschland gehört zum Konzern mittlerweile komplett die Tochter Dexia Kommunalbank Deutschland AG (bis Februar 2006: Dexia Hypothekenbank Berlin AG) mit Sitz in Berlin.
 

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