Ärzte kritisieren Pröll scharf

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Einigermaßen erbost sind offenbar die Ärzte wegen des Vetos von Finanzminister Josef Pröll (V) gegen das Krankenkassenpaket. Ärztekammer-Vizepräsident Günther Wawrowsky meinte Freitagvormittag (3. Juni) vor einem Gespräch mit Bundeskanzler Werner Faymann (S), er glaube, dass sich der Vizekanzler schwer tue, das vorliegende Konzept zu verstehen: "Ich hätte ihm gerne den Nutzen erklärt."

Dass Pröll seine Einwände über eine Presseaussendung formuliert hat, empfindet der Chef der niedergelassenen Ärzte als "eigenartigen Umgang". Er hätte auch gerne Kontakt mit dem Finanzminister, dieser habe sich aber nicht ergeben. Das heutige Gespräch mit Faymann und Hauptverbandschef Hans Jörg Schelling sieht Wawrowsky als eine Art Zeugnisverteilung. Was er sich dazu erwartet? - "Einen Vorzug".

Gesundheitsminister Alois Stöger (S) bleibt indes dabei, dass man der Sozialversicherung das in Aussicht gestellte Budgetgeld zur Verfügung stellen sollte. Es sei wichtig zu sagen, dass es Geld für die Gesundheit in der Krise gebe. Jetzt staatliche Unterstützung zu gewähren, wäre ein wichtiges Signal, meinte Stöger vor dem Spitzengespräch. Dass Bundeskanzler Faymann sich nun selbst in die Verhandlungen einschaltet, begrüßt der Minister explizit. Das zeige, wie ernst der Regierungschef dieses Thema nehme.

Faymann will Regierungsbeschluss im Herbst

Faymann zeigt Sympathie für das Krankenkassensanierungspaket, das Ärztekammer und Sozialversicherung letzte Woche vorgelegt haben. Auch, dass in dem Konzept zusätzliche Gelder für die Abdeckung versicherungsfremder Leistungen verlangt werden, ist für den SPÖ-Chef nachvollziehbar. Faymann geht davon aus, das Gesundheitsminister, Wirtschaftsminister und Finanzminister dazu in Verhandlungen bis Herbst eine Lösung finden, sodass dann ein Regierungsbeschluss möglich ist.

Einen Konflikt in der Koalition kann Faymann in der Gesundheitsfrage nicht erkennen: "Es gibt keinen Streit in der Regierung." Ganz im Gegenteil, habe er gestern ein Gespräch mit Finanzminister Josef Pröll (V) geführt und dabei erkannt, dass beide dieselbe grundsätzliche Haltung hätten. Der VP-Chef sei wie er selbst sehr für die Maßnahmen, die von Ärztekammer und Sozialversicherung vorgelegt worden seien. Bei den finanziellen Fragen gebe es aber noch Punkte, die bis in den Herbst zu klären seien.

Faymann deutete an, dass die Regierung den Gesundheitsvertretern entgegen kommen könnte, was deren Wünsche betrifft, beispielsweise die Einnahmenausfälle durch die Rezeptgebührendeckelung voll abzudecken. Bei diesem Punkt und "ähnlichen Dingen" sei es nun für die Bundesregierung die Aufgabe, zu schauen, "wie die Geldflüsse zu organisieren sind".

Zentrale Forderungen der Sozialversicherung betreffen neben der Rezeptgebührendeckelung auch die Zahlungen an die Bundesgesundheitsagentur sowie die Kosten für Rehab-Maßnahmen für mitversicherte Angehörige und Pensionisten, die nach Meinung der Krankenkassen von der Pensionsversicherung getragen werden sollten. Hauptverbandschef Hans Jörg Schelling betonte daher auch, dass man grundsätzlich keine zusätzlichen Finanzspritzen erwarte, sondern lediglich die Abdeckung der Kosten von Aufgaben, die eigentlich nicht in den Bereich der Krankenkassen fielen. Unabhängig vom Vorgehen der Regierung werde man jedenfalls die mit den Ärzten und anderen Vertragspartnern paktierten Maßnahmen bereits in den kommenden Tagen angehen. Das Kostendämpfungspotenzial in diesem Bereich bezifferte der Hauptverbandschef mit 1,7 Mrd.

Der Vorsitzende der niedergelassenen Ärzte Günther Wawrowsky würdigte nochmals das Konzept. Nun gebe es von der Seite der Mediziner die Aufforderung an die Politik, sich zu den Maßnahmen zu bekennen.

Zumindest Faymann und Gesundheitsminister Stöger taten den Ärztekammervertreter diesen Gefallen. Faymann bekannte sich dazu eine Zwei-Klassen-Medizin zu vermeiden: "Wenn wir das beste Gesundheitssystem der Welt wollen, dann kostet das etwas." Stöger lobte die Trendwende, dass man vom Streit zu Lösungen am Verhandlungstisch gekommen sei.

Wieder freundlichere Töne von Pröll

Finanzminister Pröll begrüßt nach dem heutigen Gespräch von Bundeskanzler Faymann mit den Spitzen von Ärztekammer und Sozialversicherung, dass Bewegung in die Gesundheitsdebatte gekommen sei. Wichtig sei, dass die vorgelegten Kostendämpfungsmaßnahmen nachvollziehbar dargelegt, präzisiert und auch realisiert würden, meinte der VP-Obmann in einer Aussendung. Gesundheitsminister Stöger solle jetzt eine detaillierte, fachliche Bewertung vornehmen und danach unverzüglich mit Wirtschaftsminister Mitterlehner in Gespräche treten, damit im Herbst eine Gesamtlösung präsentiert werden könne.

An seiner Grundsatzkritik hielt Pröll trotz der wieder freundlicheren Töne fest. Der Vizekanzler erinnerte daran, dass der Regierungsauftrag gelautet habe, Kostendämpfungspotenziale im Gesundheitsbereich zu definieren: "Das ist im vorliegenden Konzept, das ich grundsätzlich positiv beurteile, nur teilweise gelungen." Denn das Papier enthalte zwischen 2010 und 2013 Mehrbelastungen von einer Milliarde Euro für das Budget: "Nachbesserungen sind also dringend erforderlich."

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