Heuer fast 7 % BIP-Einbruch

Wirtschaftsprognose: Neuer Corona-Lockdown wäre arger Schlag

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Das nächste Jahr sieht das IHS also etwas pessimistischer, das Vorkrisenniveau werde erst im Jahr 2022 erreicht.

Ein neuerlicher Lockdown in diesem Herbst könnte die BIP-Raten - laut Wifo heuer minus 6,8 Prozent, 2021 plus 4,4 Prozent - um 2,5 bis 4,0 Prozentpunkte senken, warnte das Wirtschaftsforschungsinstitut am Freitag. Das Institut für Höhere Studien (IHS) glaubt generell nicht an ein kräftiges Wachstum Ende 2020, sondern nur an eine verhaltene Erholung bis Mitte 2021. Das nächste Jahr sieht das IHS also etwas pessimistischer, das Vorkrisenniveau werde erst im Jahr 2022 erreicht.

Für das IHS besteht "weiterhin große Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Pandemie". Es geht für die aktuelle Prognose davon aus, dass es zu keinem neuerlichen großflächigen Ausbruch kommt. Die seit Sommer steigenden Infektionszahlen und die damit einhergehenden Eindämmungsmaßnahmen dürften die Konjunktur bereits bis Mitte 2021 belasten, befürchtet das IHS.

BIP-Einbruch um 8,7 Prozent bis Juni

Bis Ende des heurigen Jahres wird sich die Konjunkturdynamik jedenfalls verlangsamen und das BIP im vierten Quartal nur um 0,8 Prozent über jenem des dritten liegen, glaubt das Wifo. Im zweiten Quartal war der Tiefpunkt der Rezession erreicht, danach zog die wirtschaftliche Aktivität wieder kräftig an. Ein neuerlicher Lockdown freilich könnte die Wirtschaftsleistung im vierten Quartal auf das Niveau des zweiten Quartals herunterdrücken und im gesamten Prognosezeitraum einen Wertschöpfungsverlust von 4,5 Prozent bewirken, warnt das Wifo.

Die Anti-Corona-Maßnahmen im März und April hatten die Wirtschaft massiv einbrechen lassen - laut IHS von Ende März bis Anfang Mai um 20 bis 25 Prozent. Wegen der folgenden starken Lockerung war die Rezession in Österreich zwar tief, aber nur kurz, erklärte das Wifo. Der BIP-Einbruch um 8,7 Prozent bis Juni betraf vor allem die Warenproduzenten und die Dienstleister, etwa den Tourismus. Auch die Warenexporte schrumpften deutlich. Der öffentliche Konsum dämpfte dagegen den Rückgang der Inlandsnachfrage, so das Wifo.

Ein Drittel der Beschäftigten in Kurzarbeit

Trotz des massiven Anstiegs der Arbeitslosigkeit im heurigen Jahr - der ohne Corona-Kurzarbeit noch stärker ausgefallen wäre - sieht das Wifo am Arbeitsmarkt eine verhaltene Erholung. Dass das Arbeitsvolumen heuer im selben Ausmaß abnehmen dürfte wie das reale BIP (-6,8 Prozent) liege an der Kurzarbeit. Die Unselbstständigenzahl (inkl. Geringbeschäftigte) sinke nur um 2,3 Prozent bzw. 94.000 - etwa gleich stark steige die Arbeitslosigkeit im weiteren Sinn (mit Schulungen). 2021 dürfte das Arbeitsvolumen schwächer wachsen als die Beschäftigtenzahl, da die Kurzarbeit stark sinke und die Arbeitszeit pro Kopf steige. 2021 steige die Beschäftigung, wie schon vor der Krise, nur teils durch die Einstellung von Arbeitslosen, da zusätzliche Arbeitskräfte auf den Arbeitsmarkt drängen.

Bei den Aktiv-Beschäftigten führte der Mitte März einsetzende Wirtschaftseinbruch laut IHS zu einem Rückgang der Zahl der Aktiv-Beschäftigten um fünf Prozent, und Ende Mai lag die Beschäftigung noch um vier Prozent unter dem Vorjahresniveau, wobei knapp ein Drittel der Beschäftigten zur Kurzarbeit angemeldet waren. In den folgenden Monaten stieg die Beschäftigung wieder etwas. Im August machte das Minus zum Vorjahr nur noch 42.000 Personen bzw. 1,1 Prozent aus.

Für Covid-19-Kurzarbeit 7,8 Mrd. Euro veranschlagt

Besonders kräftige Arbeitsplatzverluste gab es laut IHS mit -10,5 Prozent in der Gastronomie sowie bei "sonstigen Dienstleistungen" (-4,4 Prozent) sowie wirtschaftsnahen Dienstleistungen (-3,6 Prozent) und im Bereich Metall (-3,0 Prozent). In der Sachgüterproduktion gab es ein Minus von 1,5 Prozent, am Bau dagegen einen Anstieg von 2,1 Prozent.

Die staatlichen Hilfen in der Coronakrise begrüßen die Experten, auch wenn das die öffentlichen Haushalte beträchtlich belastet. Immerhin rechnen sie für heuer mit 9,4 (Wifo) bzw. 11,7 (IHS) Prozent Maastricht-Defizit des Gesamtstaats, für 2021 mit 4,7 bzw. 6,1 Prozent Minus. Die Abschätzung der konkreten Höhe des Defizits sei "mit hoher Unsicherheit behaftet", erklärt etwa das IHS, und für 2021 sei die Unsicherheit über die Entwicklung der Staatsfinanzen "noch wesentlich höher".

Kurzarbeitsbeihilfen und Fixkostenzuschüsse treiben die Subventionsausgaben heuer gegenüber 2019 um über 13 Mrd. Euro (bzw. 3,5 Prozent des BIP) in die Höhe, rechnet das Wifo vor. Für die Covid-19-Kurzarbeitsbeihilfe werden 7,8 Mrd. Euro veranschlagt, für die Fixkostenzuschüsse 5 Mrd. Euro. Einen massiven Zuwachs von 5,5 Mrd. Euro (1,5 Prozent des BIP) erwartet das Wifo heuer bei den monetären Sozialleistungen (Arbeitslosengeld, Kinderbonus, Negativsteuer, Anhebung der Notstandshilfe, Zahlungen aus dem Härtefallfonds usw.).

2021 mit 5,5 Prozent Zunahme

Für den Euroraum erwartet das Wifo heuer 7,5 Prozent BIP-Einbruch und für 2021 dann 5,3 Prozent Zuwachs (das IHS -7,4 und +5,6 Prozent), für die EU-27 minus 6,9 und plus 4,9 Prozent (das IHS -7,1 und +5,5 Prozent), für Deutschland 5,2 Prozent Minus und 3,8 Prozent Anstieg (das IHS -5,5 und +4,5 Prozent). Die US-Wirtschaft dürfte laut Wifo und IHS heuer nur 4,0 Prozent einbrechen, jene Chinas 2020 sogar 1,4 bzw. 1,5 Prozent wachsen, 2021 gar um 9,4 (Wifo) oder 7,5 (IHS) Prozent.

Für den Welthandel rechnet das IHS für heuer mit 8,5 Prozent Rückgang und 2021 mit 5,5 Prozent Zunahme. Österreichs Exportmärkte dürften heuer um 9,0 Prozent schrumpfen, 2021 um 5,5 Prozent wachsen. Die heimischen Exporte sieht das Wifo heuer um 12,4 Prozent niedriger, das IHS rechnet mit 9,6 Prozent Minus - bei den reinen Warenexporten sind es -10,7 bzw. -8,5 Prozent. Auch bei den Einfuhren erwartet das Wifo einen stärkeren Rückgang mit 10,6 Prozent (das IHS nur -7,9 Prozent), bei den Warenimporten -9,2 Prozent (das IHS -7,3 Prozent). 2021 soll es bei den Exporten um rund sechs bis sechseinhalb Prozent hinaufgehen, bei den Importen um beinahe sechs Prozent, sind sich die Institute einig.

Die IHS-Prognose basiert auf der Annahme eines Rohölpreises der Sorte Brent von 41,5 bzw. 47,3 Dollar pro Barrel (beim Wifo sind es 42 bzw. 43 Dollar) und US-Dollar/Euro-Wechselkursen von 1,14 bzw. 1,19 (Wifo: 1,14 und 1,17).

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