Analyse

Tricks von Benkos Immobilien-Imperium aufgedeckt

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Der Hamburger Diplom-Ökonom Nikolaj Schmolcke (58) analysiert die Bilanzen von den zwei wichtigsten Firmen im Signa-Imperium.

René Benko hat sich über Jahre hinweg ein Vermögen aufgebaut, das auf einigen der wertvollsten Immobilien der Welt basiert. Die Insolvenz seiner Beteiligungsgesellschaft Signa Holding wurde zur bisher größten Pleite der österreichischen Geschichte – und weitere Zahlungsausfälle könnten folgen. Nach dem Sturz des Immobilienreisen René Benko hat sich nun der Hamburger Diplom-Ökonom Nikolaj Schmolcke (Ex-Finanzchef bei Lufthansa und Vapiano) die Konzernabschlüsse der zwei wichtigsten Signa-Firmen für die "Abendzeitung" (AZ) angesehen.

Jahresabschlüsse der Firmen sehr spät veröffentlicht

Konzernabschlüsse von Unternehmen geben sehr viel preis. Sie geben Auskunft, wie gut oder schlecht es um eine Firma steht. Schmolcke hat nun die Bilanzen von Benkos Mutterkonzern, die Signa Holding GmbH, und die Tochtergesellschaft Signa Prime Selection AG, in der die Immobilien-Filets gebündelt sind, analysiert. Was dem Experten gleich auffiel ist, dass die insolvente Signa Holding und die Signa Prime Selection AG ihre Abschlüsse teils sehr spät veröffentlicht haben. Bei der Prime dauerte es bis zu fünf Jahre nach dem Stichtag, bei der Holding bis zu vier Jahre.

Einen Konzernabschluss gibt es nur für die Prime Selection. Sie hat ihn für das Jahr 2021 erst nach 22 Monaten, für das Jahr 2022 nach zehn Monaten veröffentlicht. Standard bei DAX-Unternehmen sind zwei Monate. "Wer nicht veröffentlicht, hat ein Problem oder etwas zu verbergen – oder beides", sagt Schmolcke gegenüber der AZ. Die Signa begebe sich mit ihrem Tempo in kein gutes Umfeld.

732 Millionen Euro Gewinn bei einem Umsatz von 438 Millionen Euro?

Dem Diplom-Ökonom fällt außerdem auf, dass sich die Signa über sogenannte Share Deals die Grunderwerbssteuer sparte. Oder dass die Prime Selection allein im Jahr 2021 bei einem Umsatz von 438 Millionen Euro einen Gewinn von 732 Millionen Euro schaffte. Eine wichtige Rolle spielen dabei die gestiegenen Bewertungen für Benkos Immobilien. Jede einzelne ließ er schätzen, was er zukünftig für sie bekommen kann. "Durch die Höherbewertungen zeigt er dann Gewinne an", erklärt Schmolcke. So wurde allein 2021 Benkos Immobilienbestand um eine Milliarde aufgewertet.

Was ebenfalls aus den Bilanzen herauszulesen sei, ist dass die Gesellschaft, die die Alte Akademie in München kaufte, 12,6 Millionen Euro Verlust im Jahr 2021 machte, oder dass die Signa für den Münchner Bahnhofsplatz Darlehen in Höhe von 120 Millionen Euro aufnahm. Auffallend sei, so der Experte gegenüber "AZ": René Benko setzte auf volles Risiko. "Er hat 3,6 Milliarden Euro von 6,7 Milliarden Euro Kreditvolumen mit variablen Zinsen geführt. Das ähnelt Casino, Glücksspiel", sagt Schmolcke. 

Der Diplom-Ökonom betont: Illegal sei das alles nicht. Schmolcke fasst zusammen: "Benko bewertet die Immobilien hoch, zeigt dadurch Gewinne, wird attraktiv für Investoren und sammelt Geld ein von den Banken. Und dann schüttet Prime Selection 225 Millionen Euro Gewinn aus." Dieses Risiko seien die Geldgeber eingegangen.

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