Kaufhof & Karstadt

Chronologie: Signas Galeria als Endlos-Sanierungsfall

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Die lange, problembehaftete Geschichte von Kaufhof und Karstadt - zwei Insolvenzen unter Signa-Schirmherrschaft.

Sie sind "das Herz der Innenstadt", heißt es auf der Seite von Galeria. Doch die Kaufhäuser stecken schon seit Jahrzehnten in Schwierigkeiten, die unter der Eigentümerschaft der Signa des Tiroler Unternehmers Rene Benko nicht kleiner wurden. Manche Experten halten das Modell sogar für überholt.

Die Geschichte von Kaufhof und Karstadt

1879:

In Stralsund eröffnet Leonhard Tietz ein Textilgeschäft - die Keimzelle von Kaufhof. Zwei Jahre später in Wismar beginnt die Geschichte von Karstadt: Rudolph Karstadt startet sein "Tuch- Manufactur- und Confectionsgeschäft". Beide setzten auf Festpreise statt Verhandlungen; beide wachsen in den kommenden Jahrzehnten enorm.

1994:

Die Zeiten für die Kaufhäuser in Deutschland sind deutlich rauer geworden. Ablesen lässt sich das an zwei Fusionen: Kaufhof übernimmt Horten mit seinem Galeria-Konzept, Karstadt kauft Hertie.

1996:

Kaufhof fusioniert mit dem Handelsunternehmen Metro.

1999:

Karstadt fusioniert mit dem Versandhaus Quelle.

2000:

Die Fusionen zahlen sich nicht aus. Bei Karstadt werden 7.000 von 52.000 Stellen gestrichen. Metro verkauft Immobilien für mehrere Milliarden D-Mark.

2004:

KarstadtQuelle verkauft zahlreiche Marken wie SinnLeffers, Wehmeyer oder Runners Point. 74 kleinere Warenhäuser gehen an einen britischen Finanzinvestor, der die Marke Hertie wieder aufleben lässt. Kaufhof kündigt die Schließung von drei Filialen an.

2005:

Der ehemalige Bertelsmann-Manager Thomas Middelhoff übernimmt im Mai die Geschäftsführung bei KarstadtQuelle. Er verkauft erste Immobilien, was Milliarden einbringt. Karstadt wird Mieter, zu teils hohen Kosten.

2007:

Aus KarstadtQuelle wird Arcandor. Die Reisetochter Thomas Cook wird mit dem britischen Unternehmen MyTravel fusioniert.

2009:

Middelhoff geht, Karl-Gerhard Eick übernimmt. Staatliche Hilfen lehnt die Regierung ab. Eick stellt im Juni Insolvenzantrag - es ist die bis dato größte Pleite in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Quelle wird abgewickelt. Bei Karstadt werden 13 Filialen geschlossen, 120 sollen erhalten bleiben. Die Kaufhauskette soll verkauft werden.

2010:

Die Gläubiger wählen im Juni unter mehreren Bietern den US-deutschen Investor Nicolas Berggruen aus - er wird als Retter von Karstadt gefeiert.

2012:

Auch unter Berggruen wird es nicht besser. Karstadt kündigt im Sommer die Streichung von 2.000 Stellen bis Ende 2014 an. Die Signa-Gruppe des österreichischen Investors René Benko kauft für 1,1 Mrd. Euro Karstadt-Immobilien.

2014:

Im Juli wird erstmals über Übernahmeverhandlungen zwischen Berggruen und Benko berichtet - im August übernimmt Signa Karstadt. Geld fließt nicht. Im Oktober wird die Schließung von sechs Filialen beschlossen.

2015:

Der kanadische Konzern Hudson's Bay Company (HBC) kauft im Oktober Galeria Kaufhof, darunter 103 Kaufhäuser, für 2,8 Mrd. Euro vom Mutterkonzern Metro. Geboten hatte auch Signa.

2017:

Im Sommer fordern erste Aktionäre von HBC wegen Verluste von Kaufhof den Verkauf. Im November bietet Benko 3 Mrd. Euro für HBC Europe.

2018:

Im Juni melden HBC und Signa Verhandlungen über eine Fusion. Im November schließen sich Galeria Kaufhof und Karstadt zusammen.

2019:

Ab März tragen die Kaufhäuser den gemeinsamen Namen Galeria Karstadt Kaufhof. Es sind fast 200 Filialen mit 34.000 Beschäftigten. Ab Juni ist Signa alleiniger Besitzer.

2020:

Gleich zu Beginn der Coronakrise beantragt Galeria Karstadt Kaufhof Staatshilfen - muss aber im April die Pleite erklären. Die Kette will sich in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren sanieren, es beginnt im Juli. Insolvenzverwalter ist Arndt Geiwitz.

2021:

Galeria Karstadt Kaufhof bekommt im Jänner erneut Staatshilfe. Ab Oktober heißt die Kette nur noch Galeria.

2022:

Die Kette ist schon wieder auf finanzielle Hilfe vom Staat angewiesen und bekommt sie. Doch im Oktober beantragt Galeria erneut ein Schutzschirmverfahren. Als Sanierer fällt die Wahl wieder auf Geiwitz. Er kündigt die Schließung zahlreicher Filialen an.

2023:

Das Insolvenzverfahren wird im Februar eröffnet. Galeria kündigt an, dass 52 der verbliebenen 129 Kaufhäuser geschlossen werden, betroffen sind rund 4.000 von 17.000 Beschäftigten. Ende Mai endet das Insolvenzverfahren, die Zahl der Schließungen wird auf 41 reduziert. Im Juni sind 19 Filialen zu, weitere sollen Anfang 2024 folgen.

Die Probleme bei Benkos Signa Gruppe häufen sich.

29. November 2023:

Die Signa Holding erklärt ihre Zahlungsunfähigkeit. Experten und Beschäftigte befürchten, dies könne das Ende von Galeria bedeuten. Die Gewerkschaft Verdi hofft auf einen Eigentümerwechsel.

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