Regierungskrise lähmt Rumänien

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Zum 3. Mal scheitert eine liberaldemokratische Regierung an der parlamentarischen Opposition. Gleich nach seiner Designierung durch Staatspräsident Traian Basescu und noch vor der Bekanntgabe der Zusammensetzung seines Kabinetts ist der Liberaldemokrat Liviu Negoita von den Sozialdemokraten (PSD), National-Liberalen (PNL), der Ungarnpartei (UDMR) und den Minderheitenvertretern dezidiert abgelehnt worden.

Sie alle fordern weiterhin, den Bürgermeister der Stadt Sibiu (Hermannstadt), Klaus Johannis, als Premier einzusetzen. Damit ist es äußerst unwahrscheinlich, dass in Rumänien noch vor der Präsidentenwahl am 22.11. bzw. einer möglichen Stichwahl eine neue Regierung gebildet wird. So werden nach der Präsidentschaftswahl werden vorgezogene Parlamentswahlen erwartet. Dies ist die letzte Eskalation einer politischen Krise, die seit Mitte September andauert und das von der Wirtschaftskrise stark getroffene Land lähmt.

Neues Kabinett mit alten Kandidaten

Am 9.11. stellte Negoita, der zweite Mann, den Staatspräsident Traian Basescu nach dem Sturz der liberaldemokratischen Minderheitsregierung unter Emil Boc designiert, ein Kabinett vor, das mit drei Ausnahmen mit der Exekutive des parteiunabhängigen Finanzexperten Lucian Croitoru übereinstimmt, die das Parlament letzte Woche ablehnte.
Croitoru war als erster von Basescu mit der Regierungsbildung beauftragt worden, nachdem Bocs Große Koalition zwischen Liberaldemokraten (PDL) und Sozialdemokraten (PSD) Anfang Oktober zerbrochen und die anschließend gebildete PDL-Minderheitsregierung per Misstrauensvotum gestürzt worden war.

Da sich auf der Liste Negoitas weiterhin großteils jene Minister befinden, denen durch das Misstrauensvotum und die Ablehnung des Kabinetts Croitoru bereits zweimal eine Abfuhr erteilt wurde, weigert sich die Opposition nun sogar, die Kandidaten gemäß dem vorgesehenen Prozedere erneut anzuhören. PSD und PNL haben angekündigt, das Investiturvotum im Parlament boykottieren zu wollen.

Parlament macht vor Wahl Ferien

Tatsächlich wurden keine Anhörungen angesetzt, weil das Parlament in der Woche vor der Präsidentschaftswahl Ferien macht. "Ich bin skeptisch, dass irgend ein Minister auf meiner Liste von den parlamentarischen Kommissionen vernommen wird", gab Negoita zu. Durch Hindernisse wie der angeblichen Unmöglichkeit eine gemeinsame Sitzung der beiden Parlamentskammern einzuberufen, weil sich der Senatspräsident im Urlaub befindet, versucht die Opposition, das von Negoita vorgeschlagene Team erst gar nicht vor die Volksvertreter gelangen zu lassen.

Unterdessen hat die Delegation des IWF, der Weltbank und der EU-Kommission nach einem Evaluationsbesuch Rumänien mit der Erklärung verlassen, die dritte Tranche eines Darlehens zur Abdeckung des Budgetdefizits nicht auszubezahlen. Wichtige Auflagen des entsprechenden Abkommens seien nicht erfüllt worden.

Weitere Verhandlungen zur Aufrechterhaltung dieses sogenannten Standby-Abkommens werden erst wieder aufgenommen, wenn das Land eine funktionsfähige Regierung hat, die ein Budgetgesetz für 2010 beschließen kann. Die derzeitig amtierende Übergangsregierung unter Boc hat laut Verfassung nur verwaltungstechnische Befugnisse.

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