Roboter-Fußball: "Nur Leiberl-reißen geht nicht"

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Neben allen sportlichen Aspekten bringen die internationale Wettkämpfe von Forschern und Studenten im Roboter-Fußball vor allem einen Forschungs-Boost, sind Wissenschafter der Technischen Universität (TU) Wien überzeugt. Forscher von zwei Fakultäten beteiligen sich gemeinsam als Team "Austrian Kangaroos" am derzeit in Graz laufenden Robo-Cup 2009.

In der Wettkampfklasse "Standard Platform League" (SPL) soll es so menschenähnlich wie möglich zugehen, "nur Leiberl-reißen geht nicht", sagte "Robotertrainer" Dietmar Schreiner vom Institut für Computersprachen der TU gegenüber der APA. Kein Wunder: Die Robos haben keine Leiberl an.

Die Hardware der fünf Kilogramm schweren und rund 55 Zentimeter großen, zweibeinigen Roboter für die SPL wird mittlerweile industriell gefertigt und kostet je nach Ausstattung bis zu 10.000 Euro. Die Maschine besitzt 21 Gelenke, die durchwegs mittels kleiner Motoren bewegt werden können. Ganz nach dem Vorbild besitzt jeder Roboter Kopf, Rumpf, zwei Hände, Unter- und Oberarme, sowie Füße, Unter- und Oberschenkel.

An Sensoren sind die Maschinen mit einem Auge in Form einer gängigen Handy-Kamera an der Stirn versehen, ein weiteres Auge sitzt da, wo beim Menschen der Mund lokalisiert ist. Diese Kamera deckt den Sichtbereich unmittelbar vor den Füßen der Roboter ab. Dreidimensional sehen die Androiden nicht wirklich. In der Nähe - etwa bis einen Meter Entfernung - können Distanzen mittels Ultraschall-Sensoren wahrgenommen werden. Was darüber an Entfernungsmessung nötig ist, das Spielfeld ist immerhin sechs mal vier Meter groß, müssen die Robos durch Kommunikation mit ihren Mitspielern und Winkelberechnungen abschätzen. Eine übergeordnete Kamera, wie bei den Klassen der beräderten, würfelförmigen Roboter, welche das Spielfeld überblickt, gibt es in der SPL nicht.

Hirn im Bauch

Das Hirn sitzt nicht etwa im Kopf der Roboter, sondern im Bauch - was der gewünschten Ähnlichkeit mit Menschen nicht unbedingt abträglich ist. Alles läuft in einem vergleichsweise einfachen Computer mit Linux-Betriebssystem zusammen, vergleichbar etwa mit einem Motherboard eines gängigen Netbooks.

Ein serienmäßiges Exemplar ist ziemlich dumm, selbst das Gehen fällt ihm schwer. "Bereits ein Teppich bereitet ihm Schwierigkeiten, er fällt ständig um wie ein kleines Kind", so Markus Bader vom TU-Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik. Tatsächlich trainieren die Techniker ihre Schützlinge am Anfang mit einer Art Gehschule an einer Stange. Erst wenn sie halbwegs gelernt haben, die Balance zu halten, werden sie allein losgeschickt.

Die Basis ist für alle Teams der SPL gleich, Sieg oder Niederlage hängen in Folge von der Software ab. Dabei sorgen im Team "Austrian Kangaroos" Wissenschafter und Studenten der Fakultät für Elektrotechnik für die Regelungstechnik, also dass die Geräte ordentlich gehen, laufen und schließlich kicken können.

Auch die Bildverarbeitung ist eine Herausforderung, vor allem für die Elektrotechniker. So ist schon die Erkennung des Balls für die Roboter keine Banalität. Im Standardspiel ist der Ball orange, was die Sache ein wenig erleichtert. "Trägt allerdings der Schiedsrichter orange Socken, kann es passieren, dass er ständig von den Robotern getreten wird", berichteten die Techniker.

Foul: Information von außen

Die weitere Entwicklung der Software, was Spiel und auch Taktik angeht, übernehmen in der Regel Informatiker. Wenn die Roboter einmal festgestellt haben, wo sie sich selbst auf dem Spielfeld befinden, wo die beiden Mitspieler und die drei Gegner sind, und dann auch noch der Ball lokalisiert ist, kann es losgehen. Ohne Eingreifen eines übergeordneten Computers müssen sich die Spieler die aktuell günstigste Taktik ausschnapsen, etwa "Du gehst über die linke Flanke, ich warte in der Mitte".

Schiedsrichter achten nicht nur auf die Einhaltung der Regeln, die sich weitgehend an denen für menschliche Fußballer orientieren. Sie müssen auch überwachen, dass die Roboter während des Spiels nicht verbotenerweise mit Informationen von außerhalb des Spielfeldes versorgt werden. Die Datenübertragung mittels W-Lan wird daher kontrolliert, es darf während des zwei Mal zehn Minuten dauernden Spiel nur den Austausch zwischen den Robo-Kickern untereinander geben. "Noch geht es auf den Spielfeldern äußerst fair zu", betonen die TU-Wissenschafter.

Das kann sich allerdings auch jederzeit ändern, zumal das Interesse am Roboterfußball laufend zunimmt. Mittlerweile gibt es zwei konkurrierende Weltmeisterschaften, die eine ist der derzeit in Graz stattfindende Robo-Cup, die andere wird von der "Federation of International Robot-Soccer Association" (FIRA) organisiert. An beiden Veranstaltungen sind jeweils österreichische Forscher beteiligt.

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