Der Expertenrat der deutschen Bundesregierung warnt vor einer dramatischen Lage
In Deutschland wurden angesichts der rasanten Verbreitung der neuen Corona-Variante Omikron am Montag erste Stimmen für einen Lockdown laut. Immunologen sind überzeugt, dass nur damit die Überlastung des Gesundheitssystems verhindert werden kann. Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen geht davon aus, dass Deutschland um einen Lockdown Anfang Jänner nicht herumkommen wird. Bund und Länder beraten am Dienstag über das weitere Vorgehen.
Lockdown im Jänner
"Wir müssen mit unseren Maßnahmen vor die Omikron-Welle kommen. Unser heutiges Handeln bestimmt die morgige Pandemie-Lage", sagte der Grüne Dahmen der Deutschen Presse-Agentur. "Angesichts der äußerst hohen Übertragbarkeit von Omikron werden wir um einen Lockdown nach Weihnachten vermutlich nicht herumkommen. Ein mögliches Szenario wäre ein gut geplanter Lockdown Anfang Januar."
Es sei absehbar, "dass die Omikron-Variante schnell zu einem großen Problem für unser Land wird", sei Omikron doch schneller übertragbar und könne selbst Genesene und auch Zweifachgeimpfte noch infizieren. Er rechne mit einer deutlich steigenden Omikron-Inzidenz und einer noch stärkeren Belastung des Gesundheitswesens. Außerdem seien "zahlreiche krankheitsbedingte Personalausfälle in Bereichen kritischer Infrastruktur wie Gesundheitswesen, Polizei, Feuerwehr oder Lebensmittelhandel ohne Gegenmaßnahmen wahrscheinlich."
Überlastung des Gesundheitssystems
Eine Überlastung des Gesundheitssystems könne nur durch einen bundesweiten Lockdown für alle verhindert werden, sagte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Carsten Watzl, der Zeitung "Augsburger Zeitung". Denn auch die Booster-Impfungen biete bei Omikron weniger Schutz. Der Drittstich schütze bei Omikron nur zu 75 Prozent vor einer Ansteckung, bei Delta hingegen bei weit über 90 Prozent.
Am Dienstag berät die neue deutsche Bundesregierung mit den Ländern über das weitere Vorgehen. Das vereinbarten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst (CDU) als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz. Dabei solle es um weitere kontaktreduzierende Maßnahmen zum Schutz des Gesundheitssystems gehen. Die erste Stellungnahme des neuen Corona-Expertenrats der deutschen Bundesregierung soll ausgewertet und auch vorbereitende Maßnahmen zum Schutz der kritischen Infrastruktur beraten werden.
Zuvor hatte es in einer am Sonntag veröffentlichten Stellungnahme des neuen Corona-Expertenrats geheißen, es bestehe "Handlungsbedarf" bereits für die kommenden Tage. Die Omikron-Variante bringe eine "neue Dimension" in das Pandemiegeschehen. Omikron zeichne sich durch eine stark gesteigerte Übertragbarkeit und ein Unterlaufen eines bestehenden Immunschutzes aus.
"Wirksame bundesweit abgestimmte Gegenmaßnahmen zur Kontrolle des Infektionsgeschehens sind vorzubereiten, insbesondere gut geplante und gut kommunizierte Kontaktbeschränkungen", hieß es in der Stellungnahme.
"Sollte sich die Ausbreitung der Omikron-Variante in Deutschland so fortsetzen, wäre ein relevanter Teil der Bevölkerung zeitgleich erkrankt und/oder in Quarantäne", so der Expertenrat. "Dadurch wäre das Gesundheitssystem und die gesamte kritische Infrastruktur unseres Landes extrem belastet."
Montagfrüh meldete das Robert Koch-Institut (RKI) eine leicht gestiegene Sieben-Tage-Inzidenz von 316. Am Vortag hatte der Wert noch bei 315,4 gelegen, vor einer Woche bei 402,9. Wie das RKI unter Berufung auf Daten der Gesundheitsämter weiter mitteilte, wurden binnen 24 Stunden 16.086 Neuinfektionen verzeichnet. Die Gesamtzahl der Corona-Todesfälle in Deutschland stieg um 119 auf 108.352. Seit Pandemiebeginn haben die Gesundheitsämter in Deutschland ingesamt 6,809.622 Fälle gemeldet.