Die meisten Coronavirus-Genesenen im Alter von 15 bis 40 Jahren weisen nach ihrer Krankheit keine Antikörper auf.
Dieses Ergebnis geht aus einer in Reichenau a.d. Rax (Bezirk Neunkirchen) durchgeführten Erhebung hervor. "Das ist überraschend, deckt sich aber damit, dass bei einem (für diese Altersgruppe typischen, Anm.) milden Verlauf weniger Antikörper gebildet werden", erklärt die niederösterreichische Landessanitätsdirektorin Irmgard Lechner am Montag in einem Pressegespräch.
Im Rahmen der im Juni durchgeführten Studie wurden der gesamten Bevölkerung mit Hauptwohnsitz und Personen der kritischen Infrastruktur in Reichenau Antikörpertestungen angeboten. Die Gemeinde war im Frühjahr mit 61 Erkrankten und bis zu 260 Personen in Quarantäne stark von der Pandemie betroffen und hatte somit gute Voraussetzungen für eine Vollerhebung geboten.
Hohe Beteiligung
1.824 der 2.637 Eingeladenen haben an der Studie der niederösterreichischen Landesstatistik teil genommen, was etwa 70 Prozent entspricht. Dabei waren auch 49 der 61 im Frühjahr positiv Getesteten. Bei 71,4 Prozent der Erkrankten, die verschiedenen Altersgruppen zuzuordnen sind, wurden Antikörper nachgewiesen. Insgesamt weisen 6,5 Prozent der Gemeindebewohner Antikörper auf.
Studienteilnehmer wurden zudem zu eventuellen Symptomen, Krankheitsverlauf und soziodemografischen Merkmalen befragt. "Alle per PCR-Test positiv Getesteten mit Antikörpern hatten Husten. Auch Geschmacks- und Geruchsverlust, starke Müdigkeit und Fieber wurden als weitere Symptome angegeben", berichtete Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ).
Diejenigen, die keine Antikörper gebildet haben, klagten hingegen vor allem über Schnupfen, der "nicht das Leitsymptom einer Covid-Erkranknung" ist, erklärte Lechner. Darum sind auch leicht verschnupfte Kinder ohne Fieber "wahrscheinlich nicht" an Covid-19 erkrankt, fügte sie im Hinblick auf das vor kurzem gestartete Schuljahr hinzu.
"Keiner ist sicher"
"Keiner ist sicher. Man weiß auch nicht, wie schwer es einen erwischt", sagte Reichenaus Bürgermeister Hannes Döller (ÖVP). Gerade Wachsamkeit und Eigenverantwortung sind deshalb besonders wichtig. Die Studie dient zudem als Schlüssel für weitere Erkenntnisse.
Für Lechner und Königsberger-Ludwig beweisen die Ergebnisse, dass die niederösterreichische Strategie im Kampf gegen das Coronavirus die Richtige ist. "Wir haben damals nicht den ganzen Ort in Quarantäne geschickt, sondern auf Contact Tracing gesetzt, wie wir das heute auch machen", sagte die Landessanitätsdirektorin. Die Infektionskette nachvollziehen zu können sei "das Wichtigste". Laut der Erhebung beläuft sich die Durchseuchung in der Gemeinde auf etwa sechs Prozent.
Man überprüft jedoch die Testkapazitäten im Land, fügte die Landesrätin hinzu. Gerade mobile Tester sind wichtig, um bei Verdachtsfällen schnell Klarheit zu bekommen. Derzeit gibt es 35 Teams. "Wir überlegen, noch mehr Drive-In-Teststationen einzusetzen", berichtete die Landesrätin. Auch mehr Schnelltests sind im Gespräch. "Es braucht keine Panik, aber es braucht Vorsicht", appelliert Königsberger-Ludwig und ruft die Bevölkerung zur umfassenden Kooperation mit den Contact Tracing Teams auf.