Coronavirus

Zahl der Corona-Fälle in Kuchl steigt weiter an

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''Hätte Gemeinde gerne früher gesperrt''

Kuchl/Salzburg. In wenigen Stunden, am Samstag um 00.00 Uhr, tritt die Quarantäne in der Salzburger Gemeinde Kuchl (Bezirk Hallein) in Kraft. Die entsprechende Verordnung soll am Freitagabend im Rechtsinformationssystem der Republik (RIS) veröffentlicht werden. Sie beantwortet auch viele der Fragen, mit denen sich die betroffenen Gemeindebürger zuletzt an den Bürgermeister gewendet haben. Und es zeigt sich, dass die Quarantäneregelungen recht konsequent ausgelegt worden sind.

Grundsätzlich dürfen die Bewohner in den kommenden beiden Wochen den Ort nicht mehr verlassen, auch wenn sie auswärts arbeiten oder dort ein Unternehmen führen. Auch das Einpendeln von Arbeitnehmern zu Kuchler Betrieben ist nicht erlaubt. Gäste, die noch in der Gemeinde sind, dürfen ab Mitternacht nicht mehr ausreisen.

Ausnahmeregeln für öffentliche Infrastruktur

Ausnahmeregelungen gelten für alle Bereiche, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Infrastruktur (etwa der Müllabfuhr) und der Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs (Bäcker, Fleischer) dienen. Auch Mitarbeiter von Behörden, Gerichten und Bildungseinreichungen sind nicht von der Quarantäne betroffen. Gleiches gilt auch für Besuchsrechte getrennt lebender Eltern oder für Besuche beim Arzt oder der Physiotherapie. Auch Kinder von außerhalb, die die Pflichtschulen in Kuchl besuchen, dürften weiter in die Klasse kommen.

Unterdessen ist in der Gemeinde die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Personen mit Stand Freitagfrüh auf 100 angestiegen. Die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner im Bezirk Hallein wuchs (Stand 14.00 Uhr) auf 456 - das ist mit Abstand der höchste Wert in Österreich.

Im "ORF Salzburg"-Interview hat sich am Freitag der zweite Kuchler Vizebürgermeister Gerhard Brandauer (SPÖ) zu Wort gemeldet. Er wies den Vorwurf zurück, dass die Bevölkerung in der Gemeinde die Zusammenarbeit mit den Behörden verweigern würde. Es sei zwar eine gewisse Pandemie-Müdigkeit zu spüren, "dass sich die Leute an nichts halten würden, entspricht aber nicht den Tatsachen".

Frustriert über die zunehmende Ignoranz

Die Salzburger Landessanitätsdirektorin Petra Juhasz zeigte sich aber im APA-Gespräch jedoch frustriert über die zunehmende Ignoranz gegenüber den bisherigen Maßnahmen und beim Contact Tracing. Nicht alleine in Kuchl und im Tennengau, dort sei dies aber stark aufgefallen. "Es gibt beim Angeben möglicher Kontaktpersonen von Infizierten oft keine Kooperation mehr. Viele haben Symptome, lassen sich aber nicht testen, um nicht in Quarantäne zu müssen." Bei einem Hochzeitscluster müsste es ein Leichtes sein, die Kontaktpersonenliste niederzuschreiben. "Aber wir sind hier nur sehr zäh zu Infos gekommen. Dabei kann jeder Tag Verzögerung fatal sein."

Juhasz betonte, dass sie aus infektiologischer Sicht Kuchl gerne früher gesperrt hätte. "Wir haben gesehen, dass sich das nicht mehr einfangen lässt. Wenn 100 Leute wo teilnehmen, und ich erfahre das nicht oder nur zeitverzögert, dann haben wir bei der Kontaktnachverfolgung kaum eine Chance."
 
Offenbar fehle in Teilen der Bevölkerung mittlerweile das Verständnis für die Maßnahmen: "Die sind ja nicht dazu da, um jemanden zu ärgern oder mutwillig einzuschränken. Sie passieren zum Wohl aller, insbesondere der Risikogruppen. Aber hier geht mir die Solidarität der Menschen ab", sagte Juhasz.
 
Auch das Argument, dass das Gros der Infizierten in Kuchl gar nicht erkrankt sei, lasse sie nicht gelten. "Auch wenn jemand keine Symptome zeigt, besteht ein Risiko." Derzeit seien im Land zwischen 30 bis 40 Prozent der Fälle asymptomatisch, der Rest symptomatisch. "Für uns ist das aber nicht so wahnsinnig relevant. Wir haben die Vorgabe des Bundes, auch bei asymptomatischen Personen zu handeln." Nur mit dem konsequentem Contact Tracing und der Absonderung von Erkrankten, positiv Getesteten und Kontaktpersonen der Kategorie I sei es möglich, die Infektionskette zu durchbrechen.

Quarantäne trifft Kuchler Betriebe schwer

Die mit Mitternacht in Kraft tretende Quarantäne in Kuchl im Salzburger Tennengau trifft viele Betriebe im Ort schwer. In der Gemeinde gibt es eine Reihe produzierender Unternehmen. Der Großteil der Mitarbeiter pendelt aber von auswärts ein. Die Wirtschaftskammer forderte daher am Freitag eine differenzierte Vorgehensweise. Zudem brauche es eine zügige Lösung für die Frage der Entschädigungen.
 
Alleine beim Maschinenbauer UNTHA - das Unternehmen zählt zu den weltweit führenden Herstellern von Zerkleinerungsmaschinen - dürften 160 Einpendler in den kommenden beiden Wochen ausfallen. "Das sind 70 Prozent der Mitarbeiter", sagte Geschäftsführer Alois Kitzberger im APA-Gespräch. "Wir können die Produktion zwar aufrechterhalten, sind aber pessimistisch, dass wir die Gehaltsfortzahlung für die betroffenen Dienstnehmer entschädigt bekommen."
 
Der Matratzenhersteller Elastica hat seine Produktionstätigkeit vorübergehend eingestellt. Auch die Firma Kässbohrer Austria, die Pistengeräte der Marke "Pistenbully" vertreibt und serviciert, leidet unter den Beschränkungen. Das Gros der 25 Mitarbeiter lebt nicht in der Gemeinde. "Die Quarantäne trifft uns in der Hauptsaison, wo wir viele Neugeräte ausliefern und Gebrauchtfahrzeuge reparieren", sagte Geschäftsführer Peter Soukal zur APA. "Wir können das Problem zwar lösen, indem wir uns auswärtig Werkstätten suchen, wo wir die Geräte hinbringen. Aber der Aufwand dafür ist hoch."

Unternehmerin: "Ich habe Angst"

Gegenüber dem ORF Salzburg klagte heute auch die Betreiberin eines Autohauses samt Reifenhotel. Sie sitze derzeit auf 800 Garnituren Rädern, die bis zur Winterreifenpflicht am 1. November montiert werden müssten. Nur ein Teil der Kunden kämen dabei aus der Gemeinde. Kleinere Geschäfte in Kuchl fürchten offenbar das Ausbleiben der Kunden aus dem Umland. "Ich habe Angst, dass die sich Alternativen suchen und langfristig ausweichen", sagte eine Unternehmerin zur APA.
 
Der Präsident der Wirtschaftskammer Salzburg, Peter Buchmüller, forderte am Freitag vom Gesetzgeber dringend eine Lösung für die Frage der Entschädigung ein. "Derzeit bekommen Betriebe die Entgeltfortzahlung nur refundiert, wenn Einzelpersonen in Quarantäne gestellt werden. Ungeklärt ist die Frage der Entschädigung, wenn ganze Orte unter Quarantäne gestellt werden."
 
Buchmüller will auch die Möglichkeit der Frei-Testung von Mitarbeitern. Damit wäre der Verbleib der "freigetesteten" Personen im Betrieb möglich. Die Unternehmen könnten ihre Verträge, Lieferungen, Services und Produktionen aufrechterhalten. Auf jeden Fall sollte man den Betrieben in Quarantäne-Orten ermöglichen, ihre Mitarbeiter aus anderen Orten weiter zu beschäftigen und ihren Aufträgen nachzukommen. Auch sollten Betriebe außerhalb der jeweiligen Quarantänezone mit gesunden Mitarbeitern aus Quarantäne-Orten weiterarbeiten dürfen.
 
Auch die Produktionsgewerkschaft PRO-GE forderte heute vernünftige Konzepte. "Die Verfügungen der Landesregierung haben deutlich gezeigt, dass so einschneidende Maßnahmen nicht zu Ende gedacht wurden", kritisierte Landesgeschäftsführer Daniel Mühlberger.
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