Beschwerden im Mundbereich sind unangenehm. Oftmals können sie jedoch mit einfachen Hausmitteln effektiv gelindert werden. Wie das funktioniert und worauf Sie unbedingt achten sollten, erklärt die Zahnmedizinerin Dr. Kristina Worseg.
Nur die wenigsten Menschen bleiben ein Leben lang von unangenehmen Zahn- und Zahnfleischproblemen verschont. Doch abseits von komplexen Erkrankungen der Zähne und Zahnersatz, die selbstverständlich immer fachmedizinischer Behandlung bedürfen, können viele kleinere Beschwerden häufig sehr gut selbst therapiert werden. Einfache Hausmittel sind dabei die erste Anlaufstelle, die erwägt werden sollte. Sie ermöglichen schonende, aber in vielen Fällen dennoch effektive Hilfe.
Entzündungsursache: Bakterien
Besonders häufig treten Zahnfleischentzündungen, auch Gingivitis genannt, auf. Sie äußern sich vor allem in Form von erhöhter Empfindlichkeit und Rötung der betroffenen Stellen sowie im Bluten bei der Zahnpflege. Hauptursache dieser Entzündungen sind Bakterien und andere Rückstände, die im Zuge der Reinigung nicht gründlich genug entfernt wurden. Vor allem unter dem Zahnfleischrand und in den Zahnzwischenräumen sammeln sich Bakterien sehr leicht an. „Oft sind auch die Zahnfleischtaschen der Weisheitszähne entzündet“, weiß Zahnärztin Dr. Kristina Worseg. Gemeint ist damit jene Zahnfleischpartie, die einen Teil der Oberfläche des Weisheitszahns bedeckt. Unterhalb dieser „Decke“ verbleibt eine Art Hohlraum, der – sofern er nicht ausgereinigt wird – einen idealen Nährboden für Bakterien bildet, die Entzündungen verursachen. „Das Wichtigste bei der Behandlung einer Entzündung ist daher immer die Beseitigung der Bakterien“, so Dr. Worseg. „Dies gelingt nur durch gründliche, mechanische Zahnreinigung – auch wenn sie kurzzeitig wehtut.“
Gründliche Zahnpflege als Fokus
Schmerzt unser Zahnfleisch, so ist unser erster Instinkt meist, Abstand zu nehmen. Wir tendieren dazu, die problematischen Stellen bei der Zahnpflege zu umgehen – genau der falsche Weg. Gründliches Putzen und die Verwendung von Zahnseide sind absolut notwendig. „Werden die Beläge nicht entfernt, so können sämtliche andere Maßnahmen nur wenig nützen“, gibt Dr. Worseg zu bedenken. Auch von kurzen Blutungen sollte man sich nicht fürchten: „Kurzes Bluten gehört bei Zahnfleischentzündungen leider dazu. Das Positive daran ist, dass das Blut einen zusätzlichen reinigenden Effekt hat. Mit guter, konsequenter Mundhygiene gehören die Blutungen auch nach wenigen Tagen wieder der Vergangenheit an.“ Eine korrekte tägliche Zahnreinigung beinhaltet das Putzen mit Bürste und Zahnpasta, Zahnseide, Mundspülung und – besonders bei Zahnfleischproblemen – Interdentalbürstchen (s. Infokasten unten). Macht die eigene Schmerzempfindung die gründliche Zahnpflege unmöglich, so kann laut der Expertin auch kurzzeitig zu schmerzlindernden Medikamenten gegriffen werden. „Wichtig ist eine entzündungshemmende Wirkung – diese besitzen nicht alle Schmerzmittel“, so die Zahnärztin. „Nehmen Sie nur solche Präparate ein, die Ihnen bereits einmal ärztlich verschrieben wurden und die Sie gut vertragen.“
Entzündung gezielt lindern
Neben der Reinigung sollte eine lokale Linderung der Entzündung angestrebt werden. Ein bewährtes Hausmittel, das antibakteriell und so gegen die Entzündung wirkt, ist Salbeitee. Nach mindestens zehn Minuten Ziehzeit kann der Tee mehrmals täglich zum Spülen verwendet werden. „Ein weiterer Tipp ist das Gurgeln mit Teebaumöl“, so Dr. Worseg. „Dazu mischt man zwei bis maximal drei Tropfen eines hochwertigen ätherischen Teebaumöls in einen großen Schluck Wasser und gurgelt damit. Danach gut ausspucken!“ Sowohl für die Salbeitee- als auch für die Teebaumöl-Spülung gilt: Mindestens eine Minute lang im Mund lassen. Wird zu kurz gespült, können die ätherischen Öle nicht ihre volle Wirkung entfalten. Auch antiseptische Spülungen mit Chlorhexidin aus der Apotheke können gut helfen, allerdings sollten sie nur kurzzeitig verwendet werden. „Sowohl für Hausmittel als auch solche aus der Apotheke gilt, sie nicht länger als maximal zwei Wochen anzuwenden“, rät Dr. Worseg. „Sie sind zur langfristigen Therapie nicht geeignet und verursachen zudem Verfärbungen.“ Bestehen die Probleme länger als maximal zwei Wochen, sollte in der Regel ohnehin ein Zahnarzt, eine Zahnärztin zurate gezogen werden. Klingen Entzündungen des Zahnfleischs länger nicht ab oder bleiben unbehandelt, so drohen schwere Folgeerkrankungen, allen voran Parodontitis. Die Erkrankung betrifft den gesamten Zahnhalteapparat und kann umfassende Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Sie ist zudem ein Hauptgrund für Zahnverlust.
Was Sie jetzt vermeiden sollten
Um die Beschwerden gering zu halten und die Heilung zu unterstützen, empfiehlt es sich, während der Entzündung auf scharfe und stark säurehaltige Nahrungsmittel (z. B. Essig, Kaffee) zu verzichten. Auch Süßes kann das bereits überempfindliche Zahnfleisch jetzt weiter reizen. „Scharfe“ Arzneimittel oder Spülungen sollten nicht zu großzügig verwendet werden. Sie wirken zwar antibakteriell, können aber auch zu aggressiv sein und die Mundflora aus dem Gleichgewicht bringen. Bei Verwendung von Mundduschen ist ebenfalls Vorsicht geboten: „Wird die Munddusche nicht korrekt angewendet, kann der Wasserdruck die Bakterien noch tiefer in die Zahnfleischtaschen einbringen“, erklärt Kristina Worseg.
Auf Schmerz reagieren
Auch bei Zahnschmerzen kann die Zahnmedizinerin ein Hausmittel empfehlen: Nelkenöl. „Das Nelkenöl wird lokal, am besten mithilfe eines Wattestäbchens, auf die schmerzende oder entzündete Stelle getupft – bis zu dreimal täglich“, rät Dr. Worseg. Ist kein Nelkenöl zur Hand, so kann alternativ auch eine ganze Nelke im Mund gelutscht werden. Auch hier ist es das ätherische Öl, das die positive Wirkung bereitstellt. Sollte ein Termin beim Zahnarzt, der Zahnärztin folgen, so gilt: Am Tag des Zahnarztbesuchs kein Nelkenöl mehr verwenden! „Der Grund dafür ist, dass Nelkenöl die Verbindung zum weißen Füllmaterial hemmt.“ Neben der Nelke bietet sich auch die Kühlung als Methode zur Schmerzlinderung an. Kalte Kompressen oder eine Packung Tiefkühlgemüse, in ein dünnes Tuch eingewickelt und an die Wange gehalten, können dabei helfen, den Schmerz sanft zu beruhigen.
Wann zum Zahnarzt?
Halten die Beschwerden länger an, wird ein Besuch in der Zahnarztpraxis unumgänglich. Zahnfleischentzündungen sollten spätestens nach zwei Wochen nicht fruchtender Selbstbehandlung vom Zahnarzt Ihres Vertrauens beurteilt werden, bei Verschlimmerung natürlich auch schon früher. Bei Zahnschmerzen sollte in der Regel nicht so lange gewartet werden, besonders dann, wenn sich bestimmte Veränderungen einstellen: Wichtige Warnzeichen sind etwa Fieber, eine Verschlimmerung oder ein Pulsieren des Schmerzes, ein Heißwerden oder das Auftreten einer Schwellung. Kommen ein schlechter, fauliger Mundgeruch oder die Entstehung von Eiter hinzu, sollte auch dringend ein Zahnarzt, eine Zahnärztin konsultiert werden. Bei Kindern gilt generell ein höchstes Maß an Vorsicht und es sollte nicht lange zugewartet werden. Apothekenpflichtige Medikamente sollten nur nach ausdrücklicher ärztlicher Anordnung eingenommen beziehungsweise dem Kind verabreicht werden. Bei Schwellungen, pochenden Schmerzen oder Fieber sollte sofort ein Arzt, eine Ärztin aufgesucht werden.
Selbst behelfen und wann der Zahnarzt sein muss:
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