Alle Facts über Histamin, Weizen & Co.

Intoleranz richtig erkennen

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Obwohl Unverträglichkeiten viel diskutiert sind, werden die konkreten Intoleranzen sowie ihre Symptome häufig nicht richtig erkannt. Wir haben bei Dr. Schwarz nachgefragt.

Das vertrag ich nicht so gut“ oder „Von dem krieg ich Blähungen“ – was vor einigen Jahren noch als mangelndes Dekorum gilt, gehört heute zum Standardrepertoire am geselligen Mittagstisch. Längst sind es nicht mehr nur die ethischen Essgewohnheiten, die einen Restaurantbesuch zur diplomatischen Hürde werden lassen, sondern die viel zitierten Unverträglichkeiten. Ein „Problemstoff“, der neben Gluten, Laktose & Co. meist weniger Aufmerksamkeit erhält, ist Histamin.

Histamin-Intoleranz bleibt meist lange ohne Diagnose
„Viele wissen, dass ein Abendessen mit Rotwein und gutem französischen Käse unangenehme Symptome auslösen kann. Nur wenige wissen aber, warum das so ist und was genau man dagegen tun kann“, erklärt Dr. Sabine Schwarz, Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten. Bei ihr werden viele Patienten und Patientinnen mit Unverträglichkeiten vorstellig – ohne dies zu wissen. Die Histaminintoleranz wird oft lange nicht vermutet. „Betroffen sind rund zwei bis vier Prozent der Bevölkerung. 80 Prozent davon sind Frauen“, so die Medizinerin weiter. Die Symptome sind breit gefächert, weshalb viele Betroffene erst spät eine Intoleranz vermuten und entsprechend lange ohne ärztliche Diagnose und Therapie leben. Mögliche Symptome können von Magen- und Darmbeschwerden über Kreislaufprobleme, Hauterkrankungen und Konzentrationsstörungen bis hin zu Kopfschmerzen, Migräne und Atemproblemen (z. B. Schnupfen, Asthma) reichen. Auch eine Verstärkung bestehender allergischer Erkrankung ist möglich. „Häufig lautet die erste und falsche Diagnose Reizdarm, Ekzem oder Asthma“, weiß Dr. Schwarz. Später stellt sich heraus, dass es sich um eine Unverträglichkeit handelt. „Die Ursache für die Beschwerden ist ein gestörter Abbau von Histamin im Darm, der durch einen Mangel des Enzyms Diaminoxidase (DAO) entsteht.“ Zwar gibt es die Möglichkeit, das Enzym im Blut oder Stuhl nachzuweisen, das Ergebnis ist aber nicht immer zuverlässig. „Daher ist es wichtig“, so Dr. Schwarz, „die Auslöser zu kennen und zu vermeiden.“

Intoleranzen: bin ich betroffen? 1/3
Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten sind nicht mit Allergien zu verwechseln. Sie lösen keine Immunreaktion aus, können aber sehr unangenehme Symptome hervorrufen:

Allgemeine Symptome

- Kopfschmerzen und Migräne
- Herz-Kreislaufprobleme
- Atmungsprobleme: z. B. Zuschwellen der Nase, Asthma
- Magen- und Darmbeschwerden: z. B. Reizdarm oder -magen, Blähungen, Durchfälle u. v. m.
- Konzentrationsstörungen und anhaltende Müdigkeit
- Hautprobleme: z. B. Neurodermitis, Ekzeme


Histamin ist überall

Eine Histamin-Intoleranz ist von einem Ungleichgewicht zwischen Histamin und dem histaminabbauenden Enzym Diaminoxidase. Diese Dysbalance besteht und wird unter bestimmten Umständen verstärkt: Gelangt durch die Nahrung zusätzlich eine hohe Konzentration an Histamin in den Körper, können die Symptome ausgelöst werden. „Histamin ist eines der sogenannten biogenen Amine und in fast allen Nahrungsmitteln enthalten, allerdings meist in unbedeutenden Mengen“, so Dr. Schwarz. „Manche Nahrungsmittel jedoch besitzen eine hohe Konzentration an Histamin und können schon in kleinen Mengen gravierende Symptome auslösen.“ Erst die Haltbarmachung, Reifung und Weiterverarbeitung von Nahrungsmitteln lässt den Histaminwert ebendieser in die Höhe schnellen. Der Grund ist die Aktivität von Lactobazillen, die neben dem natürlichen Alterungsprozess an der Reifung beteiligt sind. „Das bedeutet, dass mit zunehmender Reife und Lagerungsdauer der Histamingehalt in den Nahrungsmitteln steigt“, so Dr. Schwarz. Auch frisch zubereitete Speisen, die länger als ein paar Stunden auf ihren Verzehr warten, können bereits stark mit Histamin belastet sein und bei entsprechender Unverträglichkeit zu Symptomen führen. „Eklatant hohe Histaminwerte sind ein klarer Hinweis dafür, dass ein Lebensmittel verdorben ist.“

Diagnose und Therapie

Die genaue Anamnese ist essenziell. Dazu müssen Ernährungsgewohnheiten und Symptome unter die Lupe genommen werden. „Zusätzlich“, so die Ärztin, „kann im Blut der Histamin- und Diaminoxidase-Spiegel gemessen werden. Diese Werte sind aber nur Richtwerte, die von vielen Faktoren abhängen.“ (Die Messung kann in einem Allergieinstitut vorgenommen werden und kostet 85 Euro.) Nach der Diagnose kann an einem Therapieplan gearbeitet werden. Der erste Schritt ist die Vermeidung stark histaminhaltiger Substanzen wie etwa länger gereifter Käse, Wein oder aufbewahrtes Essen. Zusätzlich sollte eine Darmsanierung erfolgen. „Eine medikamentöse Behandlung mit Antihistaminika kann ebenfalls sinnvoll sein“, so Dr. Schwarz. „Die Wirkstoffe verhindern, dass das Histamin seine volle Wirkung entfalten kann, indem ein Andocken an die entsprechenden Rezeptoren unterdrückt wird.“ Alternativ kann das histaminabbauende Enzym Diaminoxidase (DAO) eingenommen werden, das bei Betroffenen nicht ausreichend im Darm produziert wird.“

Schlüsselfunktion bei Intoleranzen

Histamin ist nicht nur bei einer Histamin-Intoleranz ein wichtiger Faktor. „Alle allergischen Reaktionen beziehungsweise Unverträglichkeiten werden von Histamin begleitet“, erklärt Dr. Schwarz. So auch bei Laktose-, Fructose- oder Glutenintoleranz. „Das bedeutet, egal, ob man zu viel Histamin über die Nahrungsmittel aufnimmt oder eine Histaminreaktion durch beispielsweise eine Laktoseunverträglichkeit ausgelöst wird: Die Ergebnisse und Symptome sind ähnlich.“ Dennoch bleibt die genaue Diagnose der Intoleranz wichtiger Bestandteil der Therapie: „Es ist wichtig, die tatsächlichen Auslöser zu kennen (Laktose, Fructose etc.), um die Ernährung entsprechend anzupassen und eine Lösung zu finden. Auch die Therapie ist von der tatsächlichen Unverträglichkeit abhängig.“

Unverträglichkeiten auf der Spur

Eine Intoleranz zu erkennen ist nicht immer leicht. Tagebuchführen kann ein wichtiges Hilfsmittel sein, wenn Sie eine oder mehrere Unverträglichkeiten vermuten. Notieren Sie penibel und über mindestens vier Wochen Ihre Mahlzeiten und mit sämtlichen Zutaten und wann welche Beschwerden auftreten. Oft ergeben sich durch dieses Buchführen bereits konkrete Verdächtige. Bei einem folgenden ärztlichen Beratungsgespräch können weitere Schritte, Tests und Therapien besprochen werden.
Die häufigsten Unverträglichkeiten

Welche Intoleranzen sind in Österreich besonders oft vertreten? Wir klären auf:

Definition
Intoleranzen sind nicht immunologisch bedingte Unverträglichkeiten. Sie entstehen dann, wenn dem Körper bestimmte Enzyme zum Abbau von zugeführten Nahrungsmittelkomponenten fehlen.

1. Laktose-Intoleranz

Zucker „Bei Laktoseintoleranz oder Milchzuckerunverträglichkeit wird der mit der Nahrung aufgenommene Milchzucker als Folge fehlender oder verminderter Produktion des Verdauungsenzyms Lactase nicht oder nur unvollständig verdaut“, so Dr. Sabine Schwarz. „Aber auch entzündliche Veränderungen im Darm können die Bildung von Lactase reduzieren.“ Daraus resultiert eine Unverträglichkeit für Milch und Milcherzeugnisse. Verschiedenste Beschwerden (z. B. Übelkeit, Blähungen, Müdigkeit nach der Nahrungsaufnahme) sind die Folge. Ob eine Laktoseintoleranz besteht, kann mittels eines einfachen Atemtests bestimmt werden.

2. Glutenunverträglichkeit
„Kleber“ Bei einer Weizen– oder Glutenunverträglichkeit reagiert der Körper empfindlich auf ein Stoffgemisch aus Proteinen, das Teil des Getreides ist: „Klebereiweiß“ oder Gluten genannt. Wird Gluten über die Nahrung zugeführt, so erzeugt dies bei Empfindlichkeit eine vermehrte Ausschüttung von Entzündungsmediatoren, welche die typischen Beschwerden verursachen können. Dazu zählen etwa Bauchkrämpfe, Blähungen, Unwohlsein nach Weizenaufnahme, Kopfschmerzen und mehr. Gluten ist besonders reich in Weizen enthalten und damit in beispielsweise folgenden Produkten: Brot, Backwaren, Nudeln, Müsli, Couscous, Süßigkeiten, Fertigprodukte und vieles mehr.

3. Fructose-malabsorption und Sorbit-Unverträglichkeit
Genetisch Die Fructose-Malabsorption oder Fruchtzuckerunverträglichkeit geht sehr häufig mit einer Sorbit-Unverträglichkeit einher. Sorbit ist der Zuckeralkohol der Fructose (Fruchtzucker). „Die Ursache für die Unverträglichkeit ist ein genetischer Defekt oder eine Störung im Darmbereich“, erklärt Dr. Schwarz. „Nach einer Testung und Beratung ist eine entsprechende Diät unverzichtbar.“ Die Beschwerden sind ähnlich wie bei Lactose- oder
Glutenunverträglichkeiten.

4. Histamin-Unverträglichkeit
Enzym Ist das Enzym Diaminoxidase in zu geringer Menge im Körper vorhanden, entsteht eine Histamin-Intoleranz. Werden stark histaminhaltige Nahrungsmittel zugeführt, wird diese Dysbalance größer und löst Symptome aus. Eine hohe Histaminkonzentration entsteht vor allem bei längeren Reifungsprozessen. So gelten etwa lange gereifte Käsesorten (z. B. Parmesan, Schimmelkäse) und Weine (z. B. Süßweine) als sehr histaminhaltig. Bei Fleisch steigt der Histamingehalt dann stark, wenn es schlecht gekühlt wurde. Verdorbener Fisch kann sogar einen lebensbedrohlich hohen Histamingehalt haben.

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