Neue Anhaltspunkte in der Krebsforschung
Mutationen in bestimmten Genen verursachen Krebs. Bisher dachte man, dass diese Mutationen Proteine ausschalten, welche die Krebsentstehung unterdrücken. Forscher der MedUni Graz haben in internationaler Teamarbeit entdeckt, dass Mutationen im Gen für das tumorhemmende Protein Axin zu Proteinverklumpungen führen, die ein ganzes Netzwerk von krebshemmenden Proteinen ausschalten.
Proteinverklumpungen als Ursache
"Diese neuen Erkenntnisse über die Entgleisung von Krebszellen liefern einige Anhaltspunkte für die weitere Erforschung der Behandlung von Krebs", betonte Tobias Madl vom Institut für Molekularbiologie und Biochemie der Medizinischen Universität Graz im Gespräch mit der APA. Für das Forscherteam am University Medical Center Utrecht, der Universität Utrecht und dem Francis Crick Institute in London haben Madl und seine Arbeitsgruppe die Struktur der Proteinklumpen aufgeklärt. Die Ergebnisse der gesamten Studie wurden in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift "Nature Structural and Molecular Biology" veröffentlicht.
Ähnlich wie Tentakel
In den Laborexperimenten der Forscher zeigte sich sowohl an humanen Leberzellen als auch bei tierischen Zellen, dass die Gen-Mutation die Form des Axin-Proteins verändert: Konkret bilden sich kleine Proteinklumpen. "Diese Klumpen beinhalten lange, unstrukturierte Bereiche, ähnlich wie Tentakel, die hervorragend andere tumorhemmende Proteine binden und in einer inaktiven Form gefangen halten. Dadurch wird eine ganze Gruppe von tumorhemmenden Proteinen durch eine einzige Mutation deaktiviert, was letztlich krebserregend wirkt", betonte Madl. Er hat unter Verwendung einer Kombination komplementärer strukturbiologischer Techniken wie Kernresonanz, Spektroskopie und Röntgenkleinwinkelstreuung die Struktur dieser Protein-Aggregate analysiert.
Verklumpungen könnten verhindert werden
Den Forschern gelang es auch, das Verklumpen durch eine zweite, "gute" Mutation zu unterbinden. Dadurch wurde die tumorhemmende Wirkung wiederhergestellt. "Dieser Mechanismus öffnet möglicherweise Wege um bestimmte Krebsarten mit Medikamenten zu behandeln, die das Verklumpen dieser Eiweißstoffe verhindern", wie Madl gegenüber der APA festhielt.
Auch für Alzheimer, Parkinson und bei der Creutzfeld-Jakob Erkrankung relevant
Das Verklumpen von Eiweißmolekülen ist bisher vor allem als Ursache neuronaler Erkrankungen im Gespräch, zum Beispiel bei Alzheimer, Parkinson oder bei der Creutzfeld-Jakob Erkrankung. Die Resultate der aktuellen Arbeit könnten laut Madl möglicherweise auch zu einem besseren Verständnis der Entstehung dieser Krankheiten beitragen.
Der gebürtige Steirer ist mit Jahresbeginn nach mehrjährigen Forschungsaufenthalten an der Technischen Universität München, dem Helmholtz Zentrum München und der Universität Utrecht nach Graz zurückgekehrt. Seine Forschungsgruppe an der Medizinischen Universität Graz arbeitet auf dem Gebiet der Strukturbiologie der Signalweiterleitung und Metabolomik. Ziel der Vorhaben ist es, die grundlegenden molekularen Mechanismen der Wechselwirkungen und Regulation krankheitsrelevanter zellulärer Signalwege aufzuklären und damit Einblick in die komplizierte Verbindung zwischen deren Funktion und Krankheiten zu erhalten.