Nach Belästigungsvorwürfen

Domingo: Aus an der Met, Auftritte bei uns

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Staatsoper hält an den ab 25. Oktober geplanten Auftritten von Placido Domingo fest.

Einen Tag vor einem Auftritt in der Titelrolle der Oper "Macbeth" hat der spanische Startenor Placido Domingo am Dienstagnachmittag (Ortszeit) seinen kompletten Rückzug von der New Yorker Metropolitan Opera bekannt gegeben. Domingo zog damit die Konsequenzen aus der in den USA hitzig geführten Debatte über Belästigungsvorwürfe gegen ihn. An der Wiener Staatsoper hält man an seinen Auftritten fest.

Domingo: Ausgeladen nach Vorwürfen

In den USA waren wegen der im August bekannt gewordenen Belästigungsvorwürfe mehrere Konzerte Domingos abgesagt worden. Anfang September wurden weitere Vorwürfe von Frauen gegen Domingo publik. Nach Recherchen der Nachrichtenagentur AP erheben elf weitere Frauen Anschuldigungen gegen den Opernstar. Dabei gehe es um ungewollte Berührungen, Belästigung oder andere unangebrachte Handlungen.

Seine Aussagen

"Ich weise die Anschuldigungen gegen mich entschieden zurück und mache mir Sorgen um ein Klima, in dem Menschen ohne angemessene Untersuchungen verurteilt werden, aber nach einigem Nachdenken glaube ich, dass mein Auftritt in der 'Macbeth'-Inszenierung von der harten Arbeit meiner Kollegen auf und hinter der Bühne ablenken würde", hieß es in einer schriftlichen Erklärung Domingos, die von der "New York Times" veröffentlicht wurde. Deswegen habe er um Entbindung von seinen vertraglichen Pflichten gebeten. "Und ich danke der Führung der Met, dass sie meine Bitte freundlicherweise akzeptiert haben." Domingo zeigte sich "glücklich" darüber, dass er im Alter von 78 Jahren die Titelrolle in der Kostümprobe von "Macbeth" singen durfte, "was mein letzter Auftritt auf der Bühne der Met gewesen ist".
 
 
Die Met hatte ursprünglich erklärt, dass sie das Ergebnis einer Untersuchung der Oper in Los Angeles abwarten wolle, deren Generaldirektor Domingo ist. Dort wurde eine unabhängige Untersuchung der Vorwürfe veranlasst. Der Spanier war an der Met neben Auftritten in "Macbeth" auch in "Madama Butterfly" im November vorgesehen. Diese Auftritte dürften nun in der Belegschaft zunehmend umstritten gewesen sein.

Staatsoper: Auftritte finden statt

An der Wiener Staatsoper sieht man dagegen weiterhin keinerlei Grund, von den für 25. und 28. Oktober sowie für 1. November geplanten Auftritten Domingos als "Macbeth" abzusehen. Man verweist dort gegenüber der APA auf gültige Verträge und eine unveränderte Situation, in der die erhobenen Vorwürfe gegen Domingo rechtlich weiter unbewiesen bzw. ungeklärt seien. Vergangene Woche war hingegen die für 20. Oktober in der Wiener Staatsoper geplante Ehrung Domingos mit dem Europäischen Kulturpreis abgesagt worden. "Placido Domingo und das Europäische Kulturforum haben gemeinsam entschieden, die Auszeichnung auf den 3. Oktober 2020 in Bonn zu verschieben", hieß es von den Veranstaltern.
 
Bei den Salzburger Festspielen war Domingo heuer vom Publikum demonstrativ bejubelt worden. Auch seine österreichischen Sängerkollegen zeigten sich bisher eher solidarisch bzw. zurückhaltend: "Nach meinem heutigen Wissensstand ist es eher unwahrscheinlich, dass von Domingo derzeit Gefahr ausgeht", sagte etwa Elisabeth Kulman im "Standard". Und Günther Groissböck hielt die Causa jüngst für "ein Symptom für den Wahnsinn unserer Zeit. Wo sind wir denn hingekommen? Man kann inzwischen jeden nur durch Gerüchte aus dem Berufsleben kippen. Vielleicht bin ich da etwas konservativ, aber solange jemand nicht rechtskräftig verurteilt ist, ist er für mich unschuldig."
 
Domingos Karriere als Tenor und später Bariton dauert bereits mehr ein halbes Jahrhundert. Er kam bisher auf mehr als 4.000 Auftritte, nahm mehr als hundert Alben auf und wurde mit 14 Grammys ausgezeichnet. Weltberühmt wurde er durch seine Auftritte mit Luciano Pavarotti und Jose Carreras als "Die drei Tenöre". Im Mai 2017 wurde der 50. Jahrestags des Staatsopern-Debüts des Kammersängers und Staatsopern-Ehrenmitglieds mit einer dreistündigen, umjubelten Gala gefeiert.
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