Die in Wien lebende serbische Autorin Barbi Marković ist am Donnerstagnachmittag für ihren Erzählband "Minihorror" mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet worden.
Neben der in Belgrad geborenen Schriftstellerin war mit Wolf Haas und seinem Buch "Eigentum" ein weiterer Autor mit Österreich-Bezug nominiert. Der Grazer Schriftsteller Clemens J. Setz war bisher der einzige Österreicher, der 2011 den Preis in der Belletristik-Sparte in Empfang nehmen durfte.
"Minihorror" (erschienen im Vorjahr im Residenz Verlag) ist eine Sammlung aus Short Stories, in denen mit viel schrägem Humor von den alltäglichen Albträumen in den eigenen vier Wänden, im Urlaub oder am Arbeitsplatz berichtet wird, die von den beiden Hauptfiguren Mini und Miki erlebt werden. Manchmal erinnert das an Comics, manchmal an Horrorfilme - wenn sich etwa Minis Cousine Jennifer als menschenfressendes Monster mit drei Reihen Reißzähnen entpuppt, das nur mit einem Kinderlied zu besänftigen ist. Marković führte die Geschichten in ihrer umwerfenden, angeblich vorher in der Kantine geschriebenen und von ihrem Smartphone abgelesenen Dankesrede fort: "Mini liest etwas vom Handy ab. (...) Mini verschluckt sich und stirbt auf der Bühne. (...) Mini liest vor und die Welt bleibt gleich", las sie unter Gelächter der Zuschauer vor. "Minis Rede ist ein schreckliches Debakel und sie wird sofort aus der Literatur rausgeworfen." Ihre Mini muss nach der Messe dableiben und aufräumen. "Sie weint. Sie wünscht sich, sie hätte nie einen Preis bekommen."
"Autorin erzählt stilsicher"
"Die Autorin erzählt stilsicher und mit bewussten Stilbrüchen einen Comic in Prosa. Der Horror der 26 Geschichten um das Paar Mini und Miki lauert im Alltag", hieß es in der Jurybegründung. "Es sind Missgeschicke, Beleidigungen, Verwandtschaftsfehden, Möbelkäufe und Ungeziefer - komisch, vertraut und unheimlich. Ironie verschärft sich hier zu Satire, Humor dreht sich in Sarkasmus und die Perspektive macht kleine Wesen groß. Der vergessene Krieg der 90er-Jahre mitten in Europa und seine Folgen bilden den dunklen Untergrund."
Barbi Marković wurde 1980 in Belgrad geboren, studierte Germanistik und lebt seit 2006 in Wien. 2009 erschien ihr Thomas-Bernhard-Remix-Roman "Ausgehen", 2016 der Roman "Superheldinnen", für den sie mehrfach ausgezeichnet wurde. 2017 trat sie in Klagenfurt beim Wettlesen um den Ingeborg Bachmann-Preis an. 2021 führte ihr Roman "Die verschissene Zeit" in das Belgrad der 1990er. Eine Zeitmaschine sorgt aber immer wieder für mysteriöse Zeitsprünge.
Mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung
Marković und Haas ritterten gegen Anke Feuchtenberger ("Genossin Kuckuck"), Inga Machel ("Auf den Gleisen") und Dana Vowinckel ("Gewässer im Ziplock") um die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung. In der Kategorie Sachbuch/Essayistik reüssierte Tom Holert mit seinem Buch "'ca. 1972' Gewalt - Umwelt - Identität - Methode". In der Sparte der Übersetzungen wurde Ki-Hyang Lee ("Der Fluch des Hasen") ausgezeichnet.
Im Vorjahr ging der Preis in der Sparte Belletristik an Dinçer Güçyeter für seinen "Mikrotext" "Unser Deutschlandmärchen". Für die drei Auszeichnung wurden heuer 486 Werke aus 177 Verlagen eingereicht. Die diesjährige Leipziger Buchmesse läuft bis zum 24. März.