Wegen Imstichlassens eines Verletzten ist am Donnerstag ein 28-jähriger Kärntner am Landesgericht Klagenfurt zu sechs Monaten unbedingter Haft verurteilt worden.
Klagenfurt. Der Mann soll im Sommer 2018 einer heute 27-jährigen Frau ein Substitutionsmittel überlassen und keine Hilfe geholt haben, als sie bewusstlos wurde. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Wie die 27-Jährige am Donnerstag vor Richterin Sabine Roßmann aussagte, sei sie an einem Samstag im Jahr 2018 betrunken nach Hause gekommen, als sich der Angeklagte bei ihr gemeldet und gefragt habe, ob er bei ihr vorbeikommen dürfe. Sie habe ihn gebeten, Cannabis mitzubringen - er habe ihr jedoch ein Substitutionsmittel gegeben, das sie ohne lang nachzudenken getrunken habe. "Danach war es so, als hätte jemand das Licht ausgeschaltet", sagte sie. Sie sei erst wieder am Abend des übernächsten Tages munter geworden, der Angeklagte habe sie bis dahin im Stich gelassen.
Beteuerte Unschuld
Der 28-Jährige hatte von Beginn an seine Unschuld beteuert. Er sei an dem betreffenden Tag nicht bei der 27-Jährigen gewesen, sie habe auch kein Substitutionsmittel von ihm bekommen. Und: "Wenn sie so da gelegen wäre, hätte ich natürlich die Rettung gerufen, warum denn auch nicht?" Er vermutete eine Racheaktion der Frau: Ein Freund von ihr habe nämlich aus seiner Wohnung Substitutionsmittel gestohlen und sei gestorben, nachdem er es genommen hatte. "Sie hat mich daraufhin angerufen und gesagt, dass ich ihn auf dem Gewissen habe und sie mich fertigmachen wird." Alibi hatte er für den fraglichen Zeitraum keines, allerdings merkte er an, dass er zu dem Zeitpunkt weder einen Führerschein noch ein Auto gehabt habe - er hätte mitten in der Nacht von seinem Wohnort gar nicht zur 20 Kilometer entfernten Wohnung der Frau kommen können.
In ihrer Urteilsbegründung verwies Richterin Roßmann auf die Aussage der 27-Jährigen, die sie als glaubwürdig erachtete: "Sie hat vor der Polizei und auch hier völlig gleich ausgesagt, was bei ihren Defiziten (Anm.: die Frau ist alkoholabhängig und war auch drogensüchtig) bemerkenswert ist." Sie habe auch nicht den Eindruck gehabt, dass die Frau versucht hätte, den Angeklagten fälschlich zu belasten, führte die Richterin weiter aus. "Die Frau hat auch selber angegeben, dass es ihr eigener Fehler war, dass sie das Mittel genommen hat."
Erschwerend fiel für den 28-Jährigen ins Gewicht, dass er wegen Körperverletzung vorbestraft ist. Bei einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren Haft waren die sechs Monate "der unterste Rahmen, den ich rechtfertigen kann", so die Richterin. Der 28-Jährige erbat drei Tage Bedenkzeit, Staatsanwältin Ines Küttler gab keine Erklärung ab.