Geistlicher und Schüler verurteilt

Pfarrer soll Gläubige um 450.000 Euro geprellt haben

Teilen

Ein Ex-Pfarrer hat am Montag in Linz neun Monate bedingt ausgefasst, sein ehemaliger Schüler eine Zusatzstrafe von zwei Jahren. Die beiden sollen einer Reihe von gutgläubigen Opfern eine sechsstellige Summe herausgelockt haben.

Der Geistliche habe seine Vertrauensposition ausgenutzt, um von Bekannten und Gläubigen Geld zu bekommen und dem mehrfach einschlägig vorbestraften 52-Jährigen zu geben, so die Anklage. Dieser habe auch selbst Frauen um ihr Geld gebracht.

Der mittlerweile entpflichtete Pfarrer ist unbescholten, allerdings habe es in der Vergangenheit bereits eine Anzeige wegen einer "ganz ähnlichen Geschichte" gegeben, so der Staatsanwalt. Der Geistliche kam damals mit einer Diversion davon. Der andere Angeklagte hat bereits vier einschlägige Vorstrafen und sitzt darüber hinaus derzeit wegen eines Love-Scam-Betrugs, für den er in St. Pölten viereinhalb Jahre ausgefasst hat. Auf dieses Urteil bezieht sich die Zusatzstrafe.

Schüler bat Lehrer um Geld

2020 soll der 52-Jährige seinen einstigen Religionslehrer erstmals um Geld gebeten haben, angeblich für die Miete. In der Folge habe er immer öfter und immer mehr Geld gefordert, so die Anklage. Der Pfarrer sei dadurch selbst in eine prekäre finanzielle Situation gekommen. Er habe daraufhin das Vertrauen, das ihm viele Gläubige entgegenbrachten, ausgenutzt und sich in seinem Umfeld Bares geliehen. So soll er u.a. behauptet haben, er brauche das Geld für das Begräbnis seiner Schwester, lautet ein Vorwurf. Das Geld habe er dann dem 52-Jährigen gegeben und dieser habe es verspielt, schilderte der Staatsanwalt.

Pfarrer mit "Helfer-Syndrom"

Der Geistliche, dem sein Umfeld ein "Helfer-Syndrom" bescheinigt, dürfte darauf vertraut haben, dass sein Schützling das Geld zurückzahlen werde. Der 52-Jährige habe behauptet, dass er über viel Geld aus dem Erbe des Elternhauses verfüge, aber aktuell noch nicht darauf zugreifen könne. Laut dem Ex-Pfarrer habe er zu ihm gesagt: "Meine Familie hat soviel für die Pfarre getan, jetzt muss mir die Kirche helfen" - und das sei ständig in seinem Hinterkopf gewesen. Auch habe sein ehemaliger Schüler mit Suizid gedroht, was er heute als "Erpressung" erkenne.

"Bei uns war er schon Weltmeister"

Die Erläuterungen des 52-Jährigen seien für ihn aber immer plausibel gewesen, so der Ex-Pfarrer. Selbst als seine Haushälterin ihn gewarnt habe, dass er vielleicht einem Betrüger aufsitze, kam er nicht ins Zweifeln. Auch eine Geschädigte schilderte, dass der 52-Jährige sehr überzeugend gewesen sei. "Der hat das ja schon vorher praktiziert und bei uns war er schon Weltmeister", meinte sie in Anspielung auf das Vorstrafenregister des Mannes. Der Pfarrer hingegen habe immer nur helfen wollen, meinte sie sinngemäß. Allerdings warnte schließlich sogar die Diözese in ihren Mitteilungen davor, dem Geistlichen Geld zu leihen und entpflichtete ihn.

Pensionistin verborgte 175.000 Euro

Eine Pensionistin soll dem Geistlichen in vielen Tranchen insgesamt gut 175.000 Euro geborgt haben - bis die Bargeldvorräte, die sie in ihrem Geigenkasten bunkerte, aufgebraucht waren. Eine Bestätigung über Sicherheiten habe sie nicht gefordert, "ich habe ihm geglaubt". Die Rückzahlung sei mit immer neuen Begründungen und Versprechungen hinausgezögert worden. Eine andere Bekannte des Ex-Pfarrers hörte bei der Bitte des Gottesmannes um 3.500 Euro - "Ich brauche das Geld noch heute" - hingegen die Alarmglocken schrillen. "Er sitzt wieder im Schlamassel", habe sie in Kenntnis der Vorgeschichte gedacht. Sie habe daraufhin engmaschig bei ihrer Mutter nachgefragt, ob diese ihm Geld geliehen hat, "weil ich wusste, dass sie ins Beuteschema passt". Irgendwann stellte sie fest, dass die betagte Dame tatsächlich 24.000 Euro hergegeben hatte und erstattete Anzeige.

Ex-Priester plädiert nicht schuldig

Der Geistliche erklärte sich "nicht schuldig im Sinne der Anklage", er habe niemanden schädigen wollen. Sein Anwalt stellte in den Raum, dass er laut einem Psychiater eine zwanghafte Persönlichkeitsstörung habe. Der 52-Jährige bekannte sich voll umfassend schuldig. Er wolle "reinen Tisch machen", kündigte seine Verteidigerin an, auch der Angeklagte wiederholte diesen Satz mehrmals. Über seine Schulden habe er irgendwann den Überblick verloren. Die von der Staatsanwaltschaft errechneten rund 450.000 Euro, die der Ex-Pfarrer ihm gegeben haben soll, hält er für plausibel. Die Forderungen früherer Lebensgefährtinnen und Bekannter, die ihm auch zur Last gelegt werden, seien aber zu hoch. Hier gestaltete es sich auch bei den Zeugeneinvernehmen schwierig, eine genaue Summe zu eruieren. Anfangs war die Anklage in diesem Komplex von rund 300.000 Euro ausgegangen.

Im Fall eines Schuldspruchs drohten dem Pfarrer bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe, dem 52-Jährigen sogar 15 Jahre. Ein Teil des Schadens wurde mittlerweile zurückgezahlt.

Neun Monate wegen schweren Betrugs

Das Gericht befand die Angeklagten in etlichen Punkten für schuldig, in anderen wurden sie freigesprochen. Unterm Strich verurteilte der Schöffensenat den Geistlichen wegen schweren Betrugs zu neun Monaten bedingt, den 52-Jährigen wegen schweren und gewerbsmäßigen Betrugs zu einer Zusatzstrafe von zwei Jahren. Zudem müssen die beiden hohe Beträge an die Geschädigten bezahlen. Auf den Ex-Pfarrer kommen Privatbeteiligtenzusprüche von mehr als 50.000 Euro zu, auf den anderen Angeklagten mehr als 270.000 Euro, sowie auf beide gemeinsam weitere 28.300 Euro. Beide Urteile sind rechtskräftig.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.