67 Prozent der Männer zwischen 20 und 24 Jahren wohnen noch daheim.
Saubere Wäsche, gebügelte Hemden und jeden Tag ein warmes Mittagessen: Die Vorzüge des "Hotel Mama" genießen immer mehr Österreicher und ziehen erst spät aus dem elterlichen Nest aus. So wohnten im vergangenen Jahr laut Statistik Austria 67 Prozent aller Männer zwischen 20 und 24 Jahren zu Hause. Doch auch den Frauen fällt der Abschied nicht leicht: Immerhin jede Zweite in dieser Altersgruppe lebte noch bei den Eltern.
Frauen gründen früher eigene Familie
Größere
Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt es dann in der Altersgruppe der
25- bis 29-Jährigen. Während ein Drittel (34,5 Prozent) der Söhne noch immer
unter dem elterlichen Dach verweilen, sind es nur noch 18,3 Prozent der
Töchter. Ausschlaggebend für diese Entwicklung ist auch, dass Frauen früher
in festen Partnerschaften sind und eine eigene Familie gründen. So sind
bereits mehr als die Hälfte der Frauen zwischen 25 und 29 Jahren in einer
festen Beziehung oder verheiratet. Im Gegensatz dazu binden sich die Männer
mit 38,4 Prozent weniger gern.
Ein weiterer Grund für den späten Auszug aus dem Elternhaus ist die Beziehung zwischen Eltern und Kindern, die sich in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt hat. "Es gibt kein starkes Autoritätsverhältnis mehr. Kinder fühlen sich viel wohler und verspüren nicht mehr den Drang dem zu Hause entweichen zu müssen", erklärte Christine Geserick, Soziologin am Institut für Familienforschung (ÖIF) an der Universität Wien. Die emotionale Abkopplung erfolge wie in früheren Zeiten in einem jüngeren Alter, aber die ökonomische Selbstständigkeit ließe immer mehr auf sich warten.
Finanzieller Grund
Deshalb seien es auch vielmehr finanzielle
Erleichterungen, die im Vordergrund stehen. Viele Österreicher sehen wegen
einer langen Ausbildung und schlechter Bezahlung im Job keinen anderen
Ausweg als weiterhin im Elternhaus zu bleiben. "Die Statuspassagen haben
sich verschoben. Die Übergänge vom Jugendlichen zum Erwachsenen und somit
auch von der Ausbildung zur finanziellen Unabhängigkeit sind heutzutage viel
später", erklärte Geserick.
Ein interessantes Phänomen ist die sogenannte "Boomerang-Generation". Diese Kinder studieren, ziehen aus und bekommen ein längeres Praktikum, das dann nach einem Jahr nicht mehr verlängert wird, finden keinen Job und ziehen deshalb notgedrungen wieder bei den Eltern ein. "Man muss unterscheiden zwischen denjenigen, die den Absprung gar nicht schaffen, und denjenigen, die aus ökonomischer Unsicherheit wieder zurückkehren", sagte Geserick.
Georgier die größten Nesthocker
So schlafen auch noch
rund 13 Prozent der 30- bis 39-jährigen Männer im Kinderzimmer. Bei den
Frauen sind es nur noch knapp über vier Prozent. Eine Befragung unter
Personen, die noch zu Hause wohnen, ergab, dass man durch einen Auszug keine
große Verbesserung in den Bereichen Autonomie, Sexualleben und Lebensfreude
erwarten würde. Allerdings gaben 59 Prozent an, dass sie eine schlechtere
bis viel schlechtere finanzielle Situation befürchten würden. "Die
emotionalen Vorteile können die finanzielle Verschlechterung oftmals nicht
aufwiegen", betonte Geserick.
Im europäischen Vergleich liegt Österreich im Mittelfeld. Besondere Nesthocker gibt es in Georgien, wo 81 Prozent der Männer und 41 Prozent der Frauen zwischen 25 und 29 Jahren noch zu Hause leben. Am geringsten ist der Anteil in den Niederlanden, wo nur knapp neun Prozent der Männer und zwei Prozent der Frauen in dieser Altersgruppe keine eigene Wohnung haben.