Qualität

Verbesserungen im Wiener Baurecht

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Novellen der Bauordnung führen zu mehr Wohn-und Lebensqualität.

Novellen der Wiener Bauordnung und des Wiener Kleingartengesetzes forcieren kostengünstiges Bauen und Wohnen, bringen Verbesserungen bei Ökologie und Sicherheit und tragen zu weiterem Ausbau der Wohn- und Lebensqualität bei.

Am 26. Mai 2914 wurden im Gemeinderatsausschuss für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung die Novelle der Wiener Bauordnung sowie die Novellierung des Wiener Kleingartengesetzes und des Wiener Garagengesetzes behandelt.

Nach mehrmonatigen Vorarbeiten, zwei umfassenden Begutachtungsverfahren und dem bereits erfolgten Beschluss in der Sitzung der Wiener Landesregierung am 13. Mai 2014, wurden die Gesetzesentwürfe dem Ausschuss zur Beschlussfassung vorgelegt. Wohnbaustadtrat Michael Ludwig und Gemeinderat Christoph Chorherr stellten die Neuerungen bei einer gemeinsamen Präsentation der Öffentlichkeit vor.

Durch die Novellierung der Wiener Bauordnung inklusive dem Wiener Kleingartengesetz werden unter anderem Erleichterungen bei der Wohnraumschaffung erreicht. Außerdem wird durch neue Bestimmungen wie etwa die Widmungskategorie "förderbarer Wohnbau" oder befristete Baulandwidmungen ansteigenden Preisentwicklungen gezielt entgegengewirkt.

Wohnbaustadtrat Michael Ludwig: "Damit setzen wir wichtige, stark preisdämpfende Maßnahmen. Gleichzeitig werden etwa durch den weitgehenden Entfall der Notkamin-Verpflichtung oder die Flexibilisierung der Stellplatzverpflichtung wichtige Einsparungen bei den Baukosten erreicht."

Die wesentlichen Eckpunkte

Kostengünstiges Bauen und Wohnen

Maßnahmen für kostengünstiges Bauen und Wohnen

Durch gezielte Maßnahmen wie etwa die Einführung einer eigenen Widmungskategorie "förderbarer Wohnbau", verankert in der Wiener Bauordnung, soll den steigenden Grundstückskosten - und damit einem Preistreiber im Wohnbau - entgegengewirkt werden. In besonderen Fällen werden von der Stadt Wien künftig Widmungen zeitlich befristet vorgenommen. Grundstücksspekulation sollte mit diesem Instrument erfolgreich Einhalt geboten werden.

  • Widmungskategorie "förderbarer Wohnbau"
    Die Schaffung einer eigenen Widmungskategorie für förderbaren Wohnbau soll Wohnraum mobilisieren. In diesem Widmungsgebiet dürfen nur Bauten errichtet werden, die die bautechnischen Spezifikationen in Anlehnung an die Wohnbauförderung erfüllen - etwa: Wärmeschutz und Nutzflächenbeschränkung pro Wohneinheit.
  • Befristete Baulandwidmung
    Durch die Möglichkeit, die Widmung "Bauland" nur befristet festzulegen, soll verhindert werden, dass Grundflächen mit Baulandwidmung von ihren Eigentümerinnen beziehungsweise Eigentümern insofern "gehortet" werden, als sie nicht oder nicht in absehbarer Zeit bebaut werden. Somit soll dadurch eine bodenmobilisierende Wirkung erzielt werden. Sofern die Baubewilligung innerhalb der Frist nicht erwirkt wird beziehungsweise danach wegen Nichtkonsum erlischt, verfällt auch die Widmung.
  • Städtebauliche Verträge
    Wien wächst und benötigt neben zusätzlichen Wohngebäuden auch neue Infrastruktur wie Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, Erholungsflächen, Verkehrswege und Versorgungseinrichtungen. In der Wiener Bauordnung wird eine rechtliche Grundlage geschaffen, um in Zukunft privatrechtliche Verträge mit den Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern abzuschließen. In diesen werden gegenseitige Verpflichtungen zur Schaffung von Infrastruktur transparent festgelegt. Mit der Möglichkeit des privatrechtlichen Vertragsschlusses zwischen der öffentlichen Hand und privaten Bauträgerinnen und Bauträgern wird ein zentrales Werkzeug zur Steuerung städtebaulicher Projekte geschaffen.
  • Entfall der Verpflichtung zum Bau von Notkaminen
    Die verpflichtende Errichtung von Notkaminen ist für jene Gebäude nicht mehr vorgesehen, für die das Baubewilligungsverfahren nach Inkrafttreten der Techniknovelle 2007 (das heißt ab dem 12. Juli 2008) eingeleitet wurde. Die Abschaffung dieser Verpflichtung, die nicht nur eine Senkung der Errichtungskosten, sondern auch Einsparungen durch den Entfall von Wartungskosten bewirkt, kann erfolgen, weil mit der Techniknovelle 2007 bereits höhere Anforderungen an den Wärmeschutz festgelegt sind.
    • Durch die verbesserte thermische Qualität der Außenhülle von Gebäuden bleiben Raumtemperaturen auch bei Ausfall einer Heizanlage im verträglichen Bereich. Die thermische Qualität der Außenhülle von Gebäuden entspricht mindestens dem Standard eines Energiespargebäudes beziehungsweise im Neubau mittlerweile dem Standard Niedrigenergiegebäude. Diese Standards stellen sicher, dass die Gebäudehülle thermische Anforderungen für die grundlegende Wärmespeicherungen von rund einer Woche erfüllt. Längerfristigen Ausfällen der Heizwärmeversorgung wird durch Versorgungssicherheitspläne Rechnung getragen. Für ältere Gebäude, die den genannten hohen thermischen Standard nicht aufweisen müssen (und die Auskühlkennzeit daher kürzer ist), ist der Notkamin weiterhin zu belassen.
  • Erleichterung von Dachgeschoßausbauten
    Dachgeschoßausbauten für Wohnzwecke, soweit diese mit einer "Ansteilung" ("Aufklappung") des bestehenden Daches (auch eines Flachdaches) verbunden sind, sind künftig auch dann möglich, wenn dadurch die zulässige Gebäudehöhe, Bestimmungen des aktuellen Bebauungsplanes über die gärtnerische Ausgestaltung der Grundfläche oder Baufluchtlinien nicht eingehalten werden, sofern dadurch die bestehende Gebäudehöhe nicht überschritten wird. Der Ausführung dürfen städtebauliche Rücksichten nicht entgegenstehen.
  • Mindestraumhöhen in Erdgeschoßen
    Die Praxis zeigt das Erfordernis einer Flexibilität in der Nutzung von Erdgeschoßzonen. Da gewisse Nutzungen (etwa Handel oder Bildung) nur bei einer entsprechenden Raumhöhe möglich sind, soll der Stadtplanung die Möglichkeit eröffnet werden, im Bebauungsplan gegebenenfalls Mindestraumhöhen für Erdgeschoße vorzusehen.
  • Erleichterte Wohnraumschaffung im Kleingarten
    Kleingartenwohnhäuser müssen derzeit den Erfordernissen der Bauordnung für Wien hinsichtlich des Schallschutzes nicht entsprechen. Im Hinblick darauf, dass in Wien ein ständig steigender Bedarf an Wohnraum besteht, sind in Zukunft vermehrt Flächen mit der Widmung "Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet" dahingehend zu überprüfen, ob eine Umwidmung für ganzjähriges Wohnen möglich ist. Eine solche Umwidmung wird möglich, wenn die bautechnische Ausführung des Gebäudes nach den Kriterien der Wiener Bauordnung - insbesondere auch betreffend Schallschutz - erfüllt ist.
  • Flexibilisierung der Stellplatzverpflichtung
    Derzeit muss - von besonderen Ausnahmen abgesehen - für jede Wohnung ein Kfz-Stellplatz errichtet werden. Dies ist meist unabhängig vom tatsächlichen Bedarf und vor allem auch unabhängig von der Wohnungsgröße. Gerade beim Bau kleinerer Wohnungen verteuern diese Stellplätze die Baukosten deutlich. In Zukunft ist im Regelfall pro 100 Quadratmeter Nutzfläche ein Stellplatz zu errichten. Eine Reduktion der auf die einzelnen Wohnungen entfallenden Baukosten ist die Folge. Gerade im Zusammenhang mit den kompakten und gut durchdachten Wohnungsgrundrissen der SMART-Wohnungen wird dies auch für die Mieterinnen und Mieter spürbar.

Maßnahmen für mehr Wohn- und Lebensqualität

  • Balkone auch über Verkehrsflächen und auch in größerem Ausmaß möglich
    Mit dieser gesetzlichen Neuerung dürfen Balkone (unter Einhaltung entsprechender Sicherheitsbestimmungen) auch über Verkehrsflächen wie Gehsteigen und in einem größeren Ausmaß als bisher errichtet werden. Dies ist Wunsch vieler Wienerinnen und Wiener und wird zur Lebensqualität in der Stadt beitragen.
  • Erleichterungen für Aufzugszubauten
    Zur barrierefreien Erschließung bestehender Gebäude werden auch Aufzugszubauten - sofern mit dem Stadtbild vereinbar - erleichtert. In Zukunft werden Bewilligungen für Aufzugszubauten auch dann zu erteilen sein, wenn sie über eine Baufluchtlinie in eine gärtnerisch auszugestaltende Fläche ragen.
  • Weitere Ökologisierung: ein eigenes "Regenwassermanagement"
    Im Sinne einer weiteren Ökologisierung wird ein eigenes Regenwassermanagement vorgesehen. Damit wird die Möglichkeit eröffnet, im Bebauungsplan eine Beschränkung der in den Kanal einleitbaren Niederschlagswässer vorzusehen, um bei Starkregenereignissen Überschwemmungen zu verhindern. Es bleibt der Bauwerberin beziehungsweise dem Bauwerber überlassen, welche Art der Beseitigung oder Speicherung des Regenwassers sie beziehungsweise er vornimmt.
  • Verbesserter Wärmeschutz für bestehende Gebäude
    Mit einer Erhöhung der nachträglich zulässigen Anbringung einer Dämmstärke von 16 auf 20 Zentimeter kann bei Einsatz eines guten Dämmstoffes ein U-Wert von unter 0,15 W/m2k, und damit ein verbesserter Wärmeschutz erreicht werden (U-Wert = Maß für den Wärmedurchgang durch einen Bauteil). Darüber hinaus soll eine Vergrößerung der Gebäudehöhe um nicht mehr als 30 Zentimeter durch die nachträgliche Anbringung einer Wärmedämmung auf dem Dach zulässig sein.
  • Verpflichtende Gestaltungskonzepte für Grünflächen
    In Zukunft wird bereits ab der Bauklasse II - bisher kam diese Regelung erst ab der Bauklasse III zur Anwendung - mit dem Ansuchen um Baubewilligung ein Gestaltungskonzept für die gärtnerisch auszugestaltenden Flächen des Bauplatzes erforderlich. Um zu gewährleisten, dass dieses Konzept auch tatsächlich umgesetzt wird beziehungsweise davon abweichende Gestaltungsmaßnahmen als gleichwertig anzusehen sind, ist künftig als Beleg der Fertigstellungsanzeige die diesbezügliche Bestätigung einer Ziviltechnikerin beziehungsweise eines Ziviltechnikers erforderlich.
  • Wiener Solarstandard
    Neue Dienstleistungsgebäude (zum Beispiel Bürogebäude) tragen künftig zur Erhöhung des Anteils an erneuerbarer Energie in Wien bei. Mit der Novelle der Bauordnung wird der neue "Wiener Solarstandard" eingeführt. Im Neubau wird auf bislang brachliegenden Fassaden- und Dachflächen saubere Energie erzeugt - also dort, wo sie auch benötigt wird. Solare Energieträger werden an der Außenhülle der Gebäude angebracht. Sie erbringen eine Mindestleistung von 1 kW Peak pro 100 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche. Eine Ausnahme kann gewährt werden, wenn der Einsatz aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht zweckmäßig ist. Mit nachgewiesenen, über die Norm hinausgehenden Effizienzmaßnahmen kann dieser Solarstandard überdies auf 0,3 kW Peak reduziert werden. Die beste kWh ist jene, die gar nicht benötigt wird.

Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit

  • Verpflichtung zur Erstellung eines "Bauwerksbuches" sowie Dokumentationspflicht für Instandhaltungsmaßnahmen
    Gemäß § 129 Abs. 5 ist die Eigentümerin beziehungsweise der Eigentümer eines Bauwerks verpflichtet, dessen Bauzustand zu überwachen. Die Eigentümerin beziehungsweise der Eigentümer eines Gebäudes soll nun verpflichtet werden, bestimmte Bauteile (zum Beispiel Tragwerke, Fassadenkonstruktionen, Geländer oder Brüstungen) selbst oder durch andere Personen (etwa eine Ziviltechnikerin oder einen Ziviltechniker) einer regelmäßigen Überprüfung zu unterziehen. Die Ergebnisse dieser Überprüfungen sind in einem von einer Ziviltechnikerin beziehungsweise einem Ziviltechniker oder in einem von einer gerichtlich beeideten Sachverständigen beziehungsweise einem gerichtlich beeideten Sachverständigen zu erstellenden Bauwerksbuch zu dokumentieren.
  • Baurechtlicher Geschäftsführer
    Künftig schreibt der Gesetzgeber vor, dass für Bauführungen durch juristische Personen zwingend eine fachlich befugte Person als "baurechtlicher Geschäftsführer" zu bestellen und der Behörde bekanntzugeben ist. Diese Person muss über die nötigen fachlichen Kenntnisse und die nötige Anordnungsbefugnis verfügen und ihrer Bestellung zugestimmt haben. Denn der baurechtliche Geschäftsführer zeichnet bei der Bauführung für die Einhaltung der Bauvorschriften verantwortlich. Damit wird sichergestellt, dass bei gesetzlichen Übertretungen auch Personen zur Verantwortung gezogen werden können. Eine finanzielle Mehrbelastung für die Bauwirtschaft ergibt sich daraus nicht.
  • Neuregelungen betreffend Abbruchreife
    Gemäß dem geltenden § 129 Abs. 4 wäre der Abbruch eines Bauwerks anzuordnen, wenn dessen Instandsetzung einer Substanzveränderung von mindestens der Hälfte der vorhandenen Bausubstanz des Bauwerkes gleichkäme. Auf Basis dieser Rechtslage wäre ein solcher Abbruchauftrag auch dann zu erteilen, wenn die Instandsetzung technisch möglich ist. Um ein Provozieren von Abbruchaufträgen - betrifft insbesondere bewohnte beziehungsweise in Schutzzonen befindliche Gebäude etwa aus spekulativer Absicht heraus - zu unterbinden, entfällt in dieser Bestimmung die derzeit normierte quantitative Betrachtung der für einen Abbruchauftrag erforderlichen Substanzveränderung. Hinzu kommt, dass im jeweiligen Einzelfall der Nachweis für die wirtschaftliche Undurchführbarkeit erbracht werden müsste. Somit kann auch kein technischer Abbruchauftrag, der einen Kündigungsgrund nach dem Mietrechtsgesetz darstellt, von den Eigentümerinnen beziehungsweise Eigentümern in spekulativer Absicht genutzt werden. Dieser Punkt ist von großer Bedeutung im Sinne der präventiven Maßnahmen, um Wohnungsspekulation entgegenzutreten.

Der weitere Fahrplan

Die Novelle der Wiener Bauordnung sowie auch die Novellierung des Wiener Kleingartengesetzes und des Wiener Garagengesetzes standen am 26. Mai 2014 auf der Tagesordnung des Ausschusses für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung. Nach entsprechender Beschlussfassung und der Behandlung im Wiener Landtag am 30. Juni 2014, werden diese Neuerungen im Juli 2014 im Wiener Baurecht verankert sein.

Die Neuerungen treten je nach Gesetzgebung bereits am Tag nach der Veröffentlichung - betrifft das Wiener Garagengesetz sowie weite Teile der Wiener Bauordnung und des Wiener Kleingartengesetzes - in Kraft. Einige Neuerungen erlangen drei Monate nach Kundmachung beziehungsweise vereinzelte Neuregelungen mit Juni 2015 Rechtswirksamkeit.

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