Menschenhändler verurteilt

Frau Salzsäure ins Auge getropft: Vier Jahre Haft

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Der gebürtige Rumäne nahm den Schuldspruch wegen Menschenhandels, absichtlicher schwerer Körperverletzung und zahlreicher weiterer Delikte mit stoischer Ruhe zur Kenntnis.

Ein 41-jähriger Mann, der in versicherungsbetrügerischer Absicht einer 57 Jahre alten Bulgarin Salzsäure ins linke Auge geträufelt und drei Wochen später auch noch den Daumen der linken Hand abgehackt haben soll, ist am Dienstag am Wiener Landesgericht zu vier Jahren unbedingter Haft verurteilt worden.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Nach Rücksprache mit seiner Rechtsvertreterin Tina Mende (Kanzlei Mathias Burger) erbat der bisher Unbescholtene Bedenkzeit. Staatsanwalt Philipp Coufal, der im Schlussvortrag eine "harte Strafe" verlangt hatte ("Das ist mir hier noch nie untergekommen, dass aus reiner Geldgier jemandem solche Verletzungen zugefügt werden"), gab vorerst keine Erklärung ab. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.

Martyrium des Opfers begann 2017

Die Bulgarin war im Frühjahr 2017 nach Wien gekommen, um sich eine bessere Existenz aufzubauen. Statt dessen geriet sie in die Fänge des mutmaßlichen Menschenhändlers, der die Frau zunächst für sich arbeiten ließ. Dann schloss er ohne Wissen der Frau, die der deutschen Sprache nicht mächtig ist und die weder lesen noch schreiben kann, mehrere Unfallversicherungen ab.

Nachdem er sie eine Zeit lang für diverse Tätigkeiten eingesetzt hatte, mit denen er Geld verdiente - dabei handelte es sich der Staatsanwaltschaft zufolge weitgehend um betrügerische Machenschaften - , soll er im Juni 2018 die Frau gezwungen haben, sich im Badezimmer auf den Boden zu legen, um ihr das linke Auge zu verätzen. Danach brachte er sie ins Spital und behauptete, beim Putzen wäre ihr Reinigungsmittel ins Auge gelangt.

Rumäne kassierte 55.000 Euro

Der Angeklagte verfügte dem erstinstanzlichen Urteil zufolge über eine Zeichnungsberechtigung für das im Namen der Frau abgeschlossene Konto und kassierte die Versicherungsleistung für den vermeintlichen Unfall - rund 30.000 Euro. Damit nicht genug. Drei Wochen später soll der 41-Jährige mit der Bulgarin nach Ungarn gefahren sein, wo er sie gemeinsam mit einem der Justiz noch unbekannten Mittäter an eine Tür gefesselt und ihr den Daumen der linken Hand abgehackt haben soll. Das deklarierte er dann als Arbeitsunfall, wofür er von drei Versicherungen insgesamt 25.000 Euro kassierte.

Der Angeklagte räumte vor dem Schöffensenat ein, Bestellbetrügereien begangen zu haben. Die Hauptvorwürfe stellte er in Abrede. Er habe der mittlerweile 57-jährigen Frau "geholfen, damit die ein Geld verdient". Er habe sie zunächst Zettel verteilen lassen. Auf Bitte ihres Freundes habe er sie versichert, "weil sie tollpatschig ist, wenn sie sich bewegt".

"Werden niemanden finden, der das glaubt"

Er habe sie für Reinigungsarbeiten herangezogen, behauptete der Angeklagte. Im Zuge dieser Tätigkeit habe sie sich eines Tages ohne fremdes Verschulden wehgetan. In Ungarn sei er mit der Frau nie gewesen. Sie habe sich mit ihrem Lebensgefährten dorthin begeben und sich bei Gartenarbeiten den Daumen abgetrennt. Auch das sei ein Unfall gewesen. Weitere, von der Anklage mitumfasste Fakten - einen Faustschlag ins Gesicht, einen ausgeschlagenen Zahn, Drohungen mit dem Umbringen, wenn die Frau nicht parierte - stellte der Angeklagte ebenfalls in Abrede.

Mit seiner Verantwortung zog der 41-Jährige bei Gericht am Ende den Kürzeren. "Sie werden niemanden finden, der Ihnen das glaubt. Und wir haben es auch nicht getan", beschied ihm der vorsitzende Richter Ulrich Nachtlberger.
 

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