Seisenbacher Axel F

Mithäftling packt aus:

In der Zelle mit Seisenbacher

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Zehn Tage saß der Georgier mit Seisenbacher in der Zelle: „Wir wurden Freunde“, sagt er.

Monatelang war Peter Seisenbacher (57) auf der Flucht, er kam auch nicht zu seinem Prozess nach Wien. Zuletzt wurde er in Kiew ausgeforscht und verhaftet. Jetzt sitzt der zweifache Judo-Olympiasieger in einem Gefängnis in der ukrainischen Hauptstadt, wartet auf seine Auslieferung nach Wien.

Seisenbacher soll sich in seiner Funktion als Trainer in einem Wiener Judoverein an drei Mädchen vergangen haben. Das jüngste Opfer soll laut Anklage erst neun Jahre alt gewesen sein, als die Übergriffe begannen. Im Fall eines Schuldspruches drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft. Alex F., ein 36-jähriger Georgier, saß mit Seisenbacher bis 10. August in der Zelle. Das ÖSTERREICH-Exklusivinterview.

Kindesmissbrauch: "Zuerst haben wir ihn gehasst"

ÖSTERREICH: Weshalb waren Sie im Gefängnis?

Alex F.: Wegen einer Schlägerei in Kiew, sie haben mich am 10. Juli verhaftet. Mein Anwalt hat mich nach einem Monat rausgeholt.

ÖSTERREICH: In der Zelle waren Sie mit Peter Seisenbacher?

Alex F.:
Ja, sie haben Peter irgendwann weit nach Mitternacht eingeliefert, ein mächtiger Mann mit dichtem Bart. Wir haben nichts über den Österreicher gewusst, hatten auch keine Ahnung, wer er ist. Es hat sich bloß ­herumgesprochen, dass er ein Vergewaltiger sein soll, auch etwas mit kleinen Mädchen gemacht hat. Solche Geschichten verbreiten sich schnell im Gefängnis, Kinderschänder haben keinen guten Stand.

ÖSTERREICH: Wie kamen Sie mit ihm ins Gespräch?

Alex F.: Wir waren in einer grauenhaften Zelle zusammengepfercht, in der eigentlich nur 16 Insassen sein sollten. Wir waren aber fast 30 Männer. Es hat gestunken, war grässlich. Peter hat 3.000 Euro gezahlt, damit ihm Schlägertrupps im Gefängnis nichts antun. Erst fand ich ihn unsympathisch, dann habe ich mich als Übersetzer angeboten. Ich war ja der Einzige in der Zelle, der Englisch spricht und sich mit ihm unterhalten konnte. Außerdem hatte ich ein Handy, das funktionierte, und er keines.

ÖSTERREICH:
Was hat er Ihnen erzählt?

Alex F.: Dass er Olympia-Champion war und vollkommen unschuldig ist. Er hat niemanden vergewaltigt, sagt er. Auch schwört er, dass er sich nie an Mädchen, die bei ihm trainiert haben, vergriffen hat. Niemals, alle Vorwürfe sind falsch, schwört er. Er vertraut nur dem Richter in Wien nicht, hat er gesagt.

ÖSTERREICH: Wer hat sich um Seisenbacher gekümmert?

Alex F.: Peter hat viele mächtige Freunde, auch das weiß ich jetzt. Ein Judochampion aus Georgien rief oft an, auch ein Judo-Olympiasieger aus Russland, ein Judoboss aus Aserbaidschan. Ich kenne alle Namen. Auch richtige Mafiabosse haben sich gemeldet, sie haben offen gedroht: „Rührt ihn nicht an, er ist unser Freund. Wer ihm etwas antut, ist unser Feind, bekommt es mit der Mafia zu tun.“

ÖSTERREICH: Was hat er über seine Flucht erzählt?

Alex F.: Dass er in Aserbaidschan war, sich in Georgien versteckt hat, wo er eine Frau und ein kleines Kind hat. Nach Kiew ist er gekommen, weil Freunde ihm eingeredet haben, dass ihn die Polizei dort nicht finden wird.

ÖSTERREICH: Ist er ein gebrochener Mann?

Alex F.: Nein, er ist noch immer ein Kämpfer, der steht das durch.

Karl Wendl

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