Mordprozess in Wien

Explosion in Hernals: Erschütternde Zeugenaussage

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Verhandlung wird erst am 11. Jänner in erster Instanz abgeschlossen.

Mit weiteren Zeugenaussagen ist am Mittwoch der Mordprozess gegen einen 56-jährigen Mann fortgesetzt worden, der am 26. Jänner 2017 seine Wohnung in Wien-Hernals vorsätzlich in die Luft gesprengt und den Hausverwalter getötet haben soll. Dass der Schlosser, der die Wohnungstür des Angeklagten im Zuge einer gerichtlich bewilligten Delogierung aufbohren wollte, überlebt hat, grenzt an ein Wunder.

Der Mann erlitt unter anderem eine Schädelfraktur im Stirnbereich, einen Schädelbasisbruch, ein offenes Schädel-Hirn-Trauma und eine Gehirnblutung. Um den lebensbedrohlichen Hirndruck in den Griff zu bekommen, "hat man mir im Spital eine Gehirnsonde gebohrt", berichtete der Handwerker den Geschworenen.

"Erinnerung setzt erst wieder in der Reha ein"

Der 48-Jährige, der einen Aufsperrdienst betreibt, war vom Hausverwalter, einem 64 Jahre alten Rechtsanwalt, beigezogen worden. Der Angeklagte hatte seit Monaten keine Miete bezahlt und auf Mahnschreiben nicht reagiert. Auf 7.30 Uhr war die Delogierung angesetzt. Als der Mieter auf Klopfen nicht reagierte, kniete sich der Schlosser vor die Tür, um diese mit Spezialwerkzeug zu öffnen. In dem Moment brachte der Mieter laut Anklage ein Gas-Luft-Gemisch zur Explosion, nachdem er ein paar Minuten zuvor ein Ventil der Gasleitung aufgedreht und in seiner Wohnung Gas ausströmen hatte lassen.

Die Druckwelle riss die Wohnungstür aus der Verankerung und erschlug den Hausverwalter. Die massive Tür traf auch den Handwerker, wie dieser nun im Zeugenstand dem Gericht darlegte. "Ich selbst kann mich an absolut nichts erinnern. Meine Erinnerung setzt erst wieder in der Reha ein", gab der 48-Jährige zu Protokoll.

Schwerste Verletzungen

Der Mann lag zweieinhalb Wochen auf der Intensivstation, zehn Tage verbrachte er im künstlichen Tiefschlaf. Neben den Schädelverletzungen trug er auch im Gesichtsbereich schwerste Verletzungen davon. Eine Fraktur bewirkte, "dass ich zunächst Augen und Stirn nicht bewegen konnte", schilderte der 48-Jährige. Zusätzlich erlitt er einen verschobenen Jochbeinbruch, eine Fraktur der linken Augenhöhle und einen Kieferbruch. Eine Verletzung der Speiseröhre hatte zur Folge, "dass ich zwei Monate nichts essen konnte. Ich habe 20 Kilo abgenommen." Darüber hinaus wurden der Geruchs- und der Geschmacksinn des Schlossers zerstört. Seine Lunge und seine linke Schulter büßten einen beträchtlichen Teil ihrer Funktionsfähigkeit ein.

Nach einigen Monaten traten Komplikationen am linken Auge auf: "Es hat sich herausgestellt, dass das Auge irreparabel geschädigt ist. Bei der Explosion ist der Sehnerv zum Teil abgetrennt und die Netzhaut beschädigt worden." Eine Operation war unumgänglich: "Eine Schattenbildung ist trotzdem geblieben. Und das linke Auge hängt herunter."

48-Jähriger kämpfte mit Tränen

Im Februar muss sich der Mann einer weiteren OP unterziehen, weil auch beide Gehörgänge schwerst beschädigt wurden. Auf die Frage der vorsitzenden Richterin Andrea Wolfrum, ob er wieder in der Lage sein wird, seinen Beruf auszuüben, kämpfte der 48-Jährige mit den Tränen: "Ich muss es. Ich habe das immer gemacht. Es muss irgendwie gehen. Ich habe das immer gemacht." Er berichtete auch noch von einem jüngsten Besuch bei seiner Zahnärztin. Die sei heftig erschrocken, als sie Röntgenbilder anfertigte und diese dann betrachtete: "Mein Gesicht ist halt mit Titanplättchen verplattet. Die Stirn, das Jochbein, der Kiefer, da ist alles irgendwie zusammengeschraubt worden."

Das Gericht entschloss sich nach diesen Angaben, den Gerichtsmediziner Christian Reiter mit der Erstellung eines Ergänzungsgutachtens zu beauftragen, da davon auszugehen ist, dass beim Schlosser schwere Dauerfolgen vorliegen. Sollte der Angeklagte, der nach wie vor versichert, er sei von der Explosion überrascht worden und habe dazu nichts beigetragen, am Ende schuldig erkannt werden, wäre das bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. Da der Sachverständige für seine Expertise einige Zeit benötigen wird, wird die Verhandlung erst am 11. Jänner - und nicht wie ursprünglich vorgesehen am kommenden Montag - in erster Instanz abgeschlossen.

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