Favoriten wird bei der Polizei-Zuteilung systematisch benachteiligt, kritisiert Bezirksvorsteher Marcus Franz. Trotz wiederholter Appelle bleibe die Unterstützung aus dem Innenministerium aus.
Favoriten bekommt deutlich weniger Polizei zugeteilt als es der Größe des Bezirks und dem Image als "Problembezirk" entspricht. Bezirksvorsteher Marcus Franz (SPÖ) sieht die Verantwortung dafür beim Innenministerium. Er beruft sich auf eine Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage durch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), die eine massive Schieflage belegt. Favoriten zählt 223.190 Einwohner, hat aber nur 319 Planstellen. Tatsächlich sind 296 Polizisten im Einsatz.
Markus Franz kritisiert die Diskriminierung von Favoriten in punkto Versorgung mit Polizei-Planstellen.
Zahlen zeigen eklatante Schieflage
Im Vergleich dazu steht die Innere Stadt deutlich besser da. Dort kommen auf 100.000 Einwohner 2.177 Polizisten. In Favoriten sind es lediglich 145. Würde man den Zuteilungs-Schlüssel wie die Innenstadt erhalten, so müssten in Favoriten 4.795 Polizisten auf der Straße stehen. Auch In der Josefstadt - das Polizeikommando ist dort für die Bezirke 7, 8, und 9 verantwortlich - zeigt sich deutlich, wie unausgewogen die Verteilung ist. Die Bezirke zählen 97.236 Einwohner, verfügen aber über 393 Planstellen.
Marcus Franz kritisiert seit Jahren, dass diese Ungleichbehandlung einfach ignoriert werde. "Wir können den Regelbetrieb nur mit Überstunden aufrecht erhalten", so Franz. Tatsächlich liegt Favoriten mit 397 Überstunden pro Kopf an der Spitze aller Bezirke.
Showpatrouillen statt dauerhafter Präsenz
Das Innenministerium verweist auf mobile Bereitschaftseinheiten. Für Franz reicht das nicht aus. „Das sind nur kurzfristige Maßnahmen, wenn etwas passiert ist. Dann wird kurz patrouilliert und danach liest man nichts mehr davon“, sagt Franz. Für den Alltag in Favoriten ändere das nichts.
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Auch politisch sieht Franz fragwürdige Entwicklungen. "Einige Bezirke, in denen Bezirksvorsteher derselben Partei wie der Innenminister tätig waren, haben viel mehr Personal erhalten – obwohl sie weniger Einwohner haben", so Franz.
"Die Leute wollen sichtbare Polizei“
Die Präsenz auf der Straße sei ebenfalls ein wichtiger Punkt. "Die Menschen wollen sichtbare Polizei im öffentlichen Raum. Verdeckte Ermittler helfen nicht, wenn sich die Leute unsicher fühlen", betont der Bezirkschef. Dass immer wieder neue Versprechen gemacht würden, aber keine zusätzlichen Kräfte kämen, empfindet er als frustrierend. "Der Innenminister war schon oft bei uns und hat mehr Personal angekündigt. Aber es passiert einfach nichts“, kritisiert Franz
Franz vermutet, dass hinter der ungleichen Verteilung politisches Kalkül stehen könnte. "Ich kann mir nicht erklären, warum unser Bezirk so benachteiligt wird. Vielleicht will man es so. Ich hoffe es nicht, aber ausschließen kann ich es auch nicht“, sagt Franz.
Der Bezirksvorsteher bleibt bei seiner Kernforderung. Favoriten braucht ausreichend Polizei, damit die Bewohner sich wieder sicher fühlen können – nicht nur auf dem Papier, sondern sichtbar auf der Straße.
FPÖ: Polizeimangel ist Folge politischer Ignoranz
Der Sicherheitssprecher der Wiener FPÖ, Stadtrat Stefan Berger, sieht in der drastischen Unterversorgung Favoritens mit Polizei den Beweis für ein sicherheitspolitisches Totalversagen der Bundesregierung: "Ein Bezirk mit über 223.000 Einwohnern jedoch nur 296 im Dienst stehende Polizisten ist eine hausgemachte Schieflage, die die Bevölkerung jeden Tag zu spüren bekommt."
Berger fordert eine sofortige und deutliche Aufstockung der Polizeikräfte im 10. Bezirk: "Die Menschen haben ein Recht auf echte Sicherheit statt politischer Ausreden. Solange die SPÖ Innenminister Karner schont, trägt sie die Mitverantwortung für die zunehmende Unsicherheit im Bezirk."
Innenministerium wehrt sich: Wien sicherste Stadt der Welt
Auf diesen Vorwurf hat nun auch das Innenministerium reagiert. Sie wehren sich dagegen und betonen, dass Wien die sicherste Stadt der Welt sei, vor allem dank Polizeiarbeit. Laut eigenen Angaben hat das Innenministerium in den vergangenen Jahren eine Aufnahmeoffensive gestartet, um die überdurchschnittlichen Pensionsabgänge bis 2030 abzufangen. Allein heuer waren bis zu 4.000 Personen in den Polizeiklassen der Grundausbildung.
Zum Thema Polizeiverteilung meint das Innenministerium, dass es in Wien keine "Bordsteinkantendenken", also räumliche Beschränkungen, gibt. Die Polizei wird je nach Notwendigkeit verteilt. Das Innenministerium: "Konkret bedeutet das: Man kann jederzeit einen Polizisten aus Ottakring für einen Einsatz in Simmering heranziehen, jederzeit eine Polizistin der Inneren Stadt zu einem Einsatz nach Hietzing schicken." Hinzu kommen die hunderte Sondereinheiten, welche wienweit tätig sind.
Das Innenministerium schreibt als Fazit: "Wieviele Köpfe pro Stadtbezirk “systematisiert" sind (also im Personalplan stehen) hat mit der polizeilichen Arbeitsrealität und der Sicherheitsrealität der Wienerinnen und Wiener eher weniger zu tun, da die Wiener Polizei als ganzheitliches System, nicht als aufgestückelte “Bezirkspolizeien" arbeitet und auch zu sehen ist.“