Forscher der TU Wien entwickelten 3D-gedruckte Gewebemodelle für verschiedene Hautkrankheiten.
Wien. Mit lebendem Hautgewebe aus dem 3D-Drucker könnten chronisch entzündliche Hautkrankheiten wie Psoriasis, Neurodermitis oder Akne erforscht und damit Tierversuche ersetzt werden. Das zeigen Wiener Forscher in einem Übersichtsartikel über Fortschritte im Bioprinting, der im Fachjournal "Advanced Healthcare Materials" erschienen ist. Mit speziell designten Bio-Tinten konnten sie Modelle entwickeln, mit denen sich Psoriasis, Entzündungen oder Gefäßschäden studieren lassen.
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Obwohl rund ein Viertel der europäischen Bevölkerung unter chronisch entzündlichen Hautkrankheiten leidet, ist das Therapieangebot dafür noch lückenhaft. Ein Grund dafür ist die schwierige Erforschung solcher Erkrankungen. Tierversuche liefern aufgrund der Unterschiede zur menschlichen Haut oft keine guten Ergebnisse und sind ethisch problematisch.
Nachteile herkömmlicher Herstellungsmethoden
Verschiedene Methoden zur Herstellung von Proben, die menschlicher Haut ähnlich sind, haben diverse Nachteile. Ko-Autor Georg Stary von der Universitätsklinik für Dermatologie der Medizinischen Universität Wien nennt etwa fehlende Kontrolle über die räumliche Struktur des Gewebes, kurze Lebensdauer, hohen Arbeitsaufwand und mangelnde Reproduzierbarkeit.
An der TU Wien will man diese Probleme mittels 3D-Druck-Methode gelöst haben, wie Ko-Autor Aleksandr Ovsianikov, Leiter der Forschungsgruppe 3D Printing and Biofabrication, betonte. "Wir bauen aus lebenden Zellen, Biopolymeren und sorgfältig ausgewählten Materialien Schicht für Schicht ein dreidimensionales Gewebe auf."
Bio-Tinte mit Zellen
Dazu wird aus Zellen und einem Hydrogel eine dickflüssige Bio-Tinte erzeugt, die dann in kleinen Tropfen aufgetragen wird, ähnlich wie Farbe in einem Tintenstrahldrucker. Das ermögliche ein ganz anderes Maß an Kontrolle über das Endergebnis, als bisher möglich war. Das Hydrogel basiert dabei auf Gelatine, einem aus Kollagen gewonnenen Material, das chemisch modifiziert wurde, um es stabil und für das Bioprinting geeignet zu machen, erklärte Erstautorin Andrea Ulloa-Fernández von der TU gegenüber der APA.
Je nachdem, welche Krankheit an dem Hautmodell studiert werden soll, braucht es speziell designte Bio-Tinten. So haben die TU-Forscherinnen und -Forscher ein Modell für Psoriasis entwickelt. Für die gesunde Haut haben sie dabei dermale Fibroblasten und epidermale Keratinozyten verwendet, die Psoriasis wurde mittels proinflammatorischen Interleukinen oder Immunzellen ausgelöst, so Ulloa-Fernández. Selbst Strukturen mit Blutgefäßen lassen sich 3D-drucken, um beispielsweise Gefäßschäden bei Diabetes zu studieren.
Das 3D-gedruckte Gewebemodell benötigt eine entsprechende Umgebung, um realistische Ergebnisse zu liefern: "Wir kultivieren unser Modell in einer Luft-Flüssigkeits-Grenzfläche", erklärte Ulloa-Fernández. Dabei wird das Gewebe von unten mit Nährstoffen aus dem Zellkulturmedium versorgt, während die Oberseite der Luft ausgesetzt ist, wodurch wie im menschlichen Körper eine ordnungsgemäße Reifung der Epidermis ermöglicht wird. Noch werden die Modelle der TU-Forscher nicht in präklinischen Studien eingesetzt, aber das Interesse der Industrie sei groß, betonen sie.