Der unfreiwillige Präsidentschaftskandidat nimmt die Hofburg ins Visier.
Eigentlich wollte Norbert Hofer den Gang Richtung Hofburg gar nicht antreten, nun steht er wenige Schritte vor deren Tor. Als erster Freiheitlicher könnte der zumindest nach außen umgänglichste Spitzen-Blaue die Präsidentschaftskanzlei entern. In die Stichwahl geht der 45-Jährige nach dem Triumph in Runde eins als Favorit, egal wer sein Gegner sein wird.
Beinahe hätte Hofer auf diese Gelegenheit, jüngstes Staatsoberhaupt der Zweiten Republik zu werden, verzichtet. In einem ZiB2-Interview einige Wochen vor der Kandidatenfindung hatte der nach einem Paragleit-Unfall gehbehinderte Dritte Nationalratspräsident noch ziemlich deutlich Nein zur Hofburg-Option gesagt. Zu jung sei er dafür, lautete das Hauptargument Hofers.
Zu wenig freiheitlich lautete das Urteil der FPÖ-Granden zu der von Parteichef Heinz-Christian Strache vorgeschlagenen Alternativ-Kandidatin Ursula Stenzel, die vor ihrem Wechsel ins Blaue eine langjährige ÖVP-Karriere hinter sich gebracht hatte. Damit wurde Plan A reaktiviert. Hofer ließ sich - auch mit Segen seiner Frau - zu einer Kandidatur bewegen.
Mangelnder Bekanntheitsgrad
Auch wenn er in der Partei spätestens seit der Spaltung der Freiheitlichen ein Schwergewicht ist und immerhin seit 2,5 Jahren im Präsidium des Nationalrats sitzt, galt sein mangelnder Bekanntheitsgrad als Hofers Haupt-Handicap. Diese Einschätzung erwies sich als falsch. Gerade weil Hofer nicht allzu viele kannten, konnte er mit seiner Mischung aus freundlicher Nachbar von nebenan und knallharter Vertreter von FPÖ-Positionen das Publikum (offenbar positiv) überraschen.
Dass Hofer sogar über das von Meinungsforschern vermittelte Potenzial der Freiheitlichen hinauswirken konnte, ist zweifelsfrei ein persönlicher Erfolg, umso mehr angesichts eines breiten Kandidatenfelds, das für Protestwähler aller Art jede Menge Optionen bot. Hofer verstand es dabei geschickt, freiheitliche Positionen mit aller Härte, aber freundlichem Lächeln unters Volk zu bringen - quasi der blaue Präsident, vor dem sich keiner fürchten muss.
Zumindest der Koalition würde vor einem Staatsoberhaupt Hofer aber wohl grauen. Nicht nur einmal stellte er die Möglichkeit in den Raum, die Regierung bei Reform-Unwilligkeit abzuberufen. Allzu wahrscheinlich ist dieses Szenario nicht. Doch könnte Hofer die Nerven von SPÖ und ÖVP als Herr der Hofburg durchaus strapazieren und bei der nächsten Regierungsbildung seinem Chef Strache den Weg ins Kanzleramt planieren.
Bürgerliches Umfeld
Dabei stammt der Vater von vier Kindern aus zwei Ehen aus bürgerlichem Umfeld. Sein Vater war ÖVP-Gemeinderat, Hofer selbst wandte sich früh den Freiheitlichen zu, schon mit 24 war der gelernte Flugtechniker und Lauda Air-Beschäftigte Stadtparteiobmann in Eisenstadt, ein Jahr später Landesparteisekretär und der blaue Hoffnungsträger im Burgenland schlechthin. Als sich das BZÖ aus der FPÖ abspaltete, blieb Hofer zur Überraschung mancher den Freiheitlichen treu.
Es hat sich für ihn ausgezahlt. Der begeisterte Sportschütze Hofer, der früher auch schon mal seine Glock bei Terminen dabei hatte, schoss in der freiheitlichen Hierarchie rasch nach oben und gilt neben Generalsekretär Herbert Kickl als wichtigster Berater von Parteichef Heinz-Christian Strache, was sich auch in seiner Kür zum Dritten Nationalratspräsidenten manifestierte. Inhaltlich gilt Hofer als Sozialexperte mit Schwerpunkt Behindertenpolitik. Doch gab es von ihm auch eigenwillige Vorstöße wie den (mittlerweile revidierten) nach einer Abschaffung des Verbotsgesetzes oder den nach Erforschung von Chem-Trails, letzteres eine Position, die eher von Verschwörungstheoretikern als von Flug-Experten vertreten wird.
So kulant Hofer auch wirken mag, ideologisch ist das Mitglied einer Mittelschüler-Verbindung tief in der FPÖ verankert. Nicht umsonst ließ man ihn das neue freiheitliche Parteiprogramm schreiben. Inwieweit er sich in diesem Sinne in die Tagespolitik einschalten würde, bleibt abzuwarten. Als Nationalratspräsident bevorzugte Hofer jedenfalls die ruhigeren Töne.
Zur Person
Norbert Hofer, geboren am 2. März 1971, in zweiter Ehe verheiratet, Vater von vier Kindern, gelernter Flugzeugtechniker, 1995 Stadtparteiobmann von Eisenstadt, 1996 Landesparteisekretär im Burgenland, 1997 Gemeinderat in Eisenstadt, 2005 stv. Bundesparteiobmann, seit 2006 Nationalratsabgeordneter und FPÖ-Behindertensprecher, seit Oktober 2013 Dritter Nationalratspräsident.