Causa Strasser

Jetzt entscheiden Höchstrichter über Haft

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Nach Berufung: Bei Haftstrafe unter einem Jahr wäre Fußfessel möglich.

Für Ernst Strasser wird es ernst: Dienstag entscheidet sich, ob der frühere ÖVP-Politiker wegen seiner Lobbyistenaffäre in Haft muss. Das Straflandesgericht Wien hatte ihn im Jänner nicht rechtskräftig zu vier Jahren unbedingt verurteilt. Über Strassers Nichtigkeitsbeschwerde muss nun der OGH entscheiden. Sollte die Strafe gesenkt werden, könnte Strasser mit einer Fußfessel davonkommen.

Strasser war unter Schwarz-Blau Innenminister, trat 2004 überraschend zurück und wurde fünf Jahre später vom damaligen ÖVP-Obmann Josef Pröll für die EU-Wahl 2009 zurück in die Politik geholt. Zum Verhängnis wurden ihm verdeckt mitgefilmte Gespräche mit zwei britischen Undercover-Journalisten: Sie traten als Lobbyisten auf, boten Strasser und zwei weiteren EU-Abgeordneten 100.000 Euro für die Einflussnahme auf EU-Gesetze und stellten die Videos danach ins Internet.

Was 2011 europaweit als "Cash for Laws"-Affäre Schlagzeilen machte, brachte Strasser wegen Bestechlichkeit vor Gericht. Immerhin hatte er versucht, zwei von den vermeintlichen Lobbyisten erstellte Abänderungsanträge in der EVP-Fraktion einzubringen. Mit seiner Rechtfertigung, an eine Geheimdienst-Verschwörung geglaubt und sich nur zum Schein auf die Gespräche eingelassen zu haben, blitzte er im Prozess ab.

Doppelbestafung
"Sie werden in Österreich kein Gericht finden, das dieser Verantwortung glauben wird", sagte Richter Georg Olschak bei der Urteilsverkündung. Bei der Begründung seines harten Urteils - vier Jahre unbedingte Haft - könnte dem Richter jedoch ein Fehler unterlaufen sein. Er wertete Strassers Rolle als EU-Abgeordneter nämlich als "besonderen Erschwerungsgrund". Weil wegen Bestechlichkeit aber ohnehin nur Amtsträger verurteilt werden können, könnte dies einen Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung darstellen.

So sieht es jedenfalls die Generalprokuratur beim Obersten Gerichtshof (OGH). Sie empfahl den Höchstrichtern in ihrer (nicht bindenden) Stellungnahme daher, den Schuldspruch zwar beizubehalten, das Strafmaß aber zu reduzieren. Strassers Verteidiger Thomas Kralik argumentiert dagegen, dass Strasser, als er die Abänderungsanträge an seine Fraktionskollegen weiterleitete, überhaupt nicht als Amtsträger handelte und daher freizusprechen wäre.

Sollten sich die Höchstrichter an die Beurteilung der Generalprokuratur halten, dann könnte das jedenfalls eine deutliche Reduktion einer allfälligen Haftstrafe bedeuten. Bei einem Schuldspruch unter vier Jahren wäre nämlich auch teilbedingte Haft möglich. Und sollte die unbedingte Haftstrafe für den bisher unbescholtenen Ex-Politiker weniger als ein Jahr betragen, dann könnte er eine elektronische Fußfessel beantragen und sich das Gefängnis ersparen. Anwalt Kralik dazu: "Wenn die Möglichkeit besteht, werden wir selbstverständlich die Fußfessel beantragen, sollte es bei einer Verurteilung bleiben." Eine höhere Strafe kann der OGH dagegen nicht verhängen, weil die Staatsanwaltschaft gegen das erstinstanzliche Urteil nicht berufen hat.

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