Seine Kandidatur zum Delegationsleiter hätte nur zu einer "Zweiteilung" geführt, erklärt Karas seinen Rückzieher.
Der scheidende ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, Othmar Karas, lehnt das Angebot seines Parteiobmanns Josef Pröll ab, für sein Bürgerforum ein Büro in der Parteiakademie zu erhalten. Karas pochte am Dienstag in Brüssel auf die Überparteilichkeit seiner Initiative, bei der es auch schon Interesse von SPÖ- und grüner Seite gegeben habe. Obwohl er mit rund 110.000 Vorzugsstimmen ausgestattet sei, habe er entschlossen, nicht gegen Ernst Strasser um die Delegationsleitung anzutreten, "weil es sonst zu einer Zweiteilung" der ÖVP-Delegation gekommen wäre.
Betrug am Wähler?
Konkret gefragt, ob dann eine
Patt-Situation von 3:3 heraus gekommen wäre, sagte Karas nur, er wollte
seinen Leuten "einen Gewissenskonflikt ersparen". Außerdem sei er der
"Auffassung, dass ich die Funktion des Delegationsleiters nicht zwingend zur
Vertretung meiner Vorzugsstimmenwähler benötige, weil ich damit freier und
unabhängiger bin". Darauf angesprochen, ob sich seine Wähler nicht betrogen
vorkommen, wenn er auf ein Antreten verzichtet, meinte Karas, "sie haben
gegen den Populismus und gegen eine Europapolitik des 'Wenn und Aber'
gewählt, sie wollten auch, dass ich die ÖVP-Liste im Parlament anführe. Ich
führe die ÖVP-Liste im Wahlergebnis an, ich bin Listenerster".
Der Fehler sei gewesen, dass es "um die Funktion der Delegationsleitung keine Einigung gegeben hat, weil das nicht möglich war. Und daraus habe ich meine Konsequenzen gezogen". Man könnte sagen, "der Parteispitze ist es um die Funktion gegangen, mir geht es um die Sache".
Irritationen
Was das Pröll-Angebot eines Büros in der politischen
Akademie der ÖVP für sein "Bürgerforum Europa" betrifft, sagte Karas, dies
habe zu "Irritationen" geführt. Es stehe außer Streit, dass dieses
Bürgerforum überparteilich arbeiten müsse, deswegen sage er Nein zum Angebot
des ÖVP-Chefs. Auf die erste ablehnende Reaktion des grünen
Europaabgeordneten Johannes Voggenhuber angesprochen sagte Karas, er wolle
mit Voggenhuber auf jeden Fall reden. "Voggenhuber hat nie erklärt, dass er
eine Zusammenarbeit, was das Bürgerforum betrifft, nicht will, sondern dass
er im Moment irritiert ist."
Interessenten
Er habe schon allein gestern 50 Mails erhalten, die
Interesse am Bürgerforum zeigten. Es gehe dabei um die "Bündelung und
Dynamisierung" der proeuropäischen Kräfte. Ob auch aus anderen Parteien
neben der eigenen sowie von SPÖ und Grünen Interesse bekundet wurde, sei
nicht der Fall. Aber er habe Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler für sein
Anliegen gewinnen können. Zu einer Zusammenarbeit mit Hans-Peter Martin
angesprochen, zeigte sich Karas zurückhaltend: "Ich kann das heute noch
nicht sagen". Kontakt habe es bisher keinen gegeben.