Distanzierung

Strache attackiert nun Schüssel

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"Gerüchte über Korruption" habe es bereits zu schwarz-blauen Zeiten gegeben.

FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache übt im Zuge der Telekom-Affäre Distanz zur früheren freiheitlichen Regierungsmannschaft. "Meine heutige FPÖ hat nicht das geringste mit diesen Machenschaften zu tun", beteuerte er am Dienstag in einer Pressekonferenz. Bereits zu schwarz-blauen Zeiten seien "Gerüchte" kursiert, weswegen man sich schließlich politisch getrennt habe. Im Rücktritt von Altkanzler Wolfgang Schüssel (V) als Nationalratsabgeordneter sieht Strache weiterhin ein "indirektes Schuldeingeständnis".

"Ungeist"
"Die heutige FPÖ hat sich 2005 von diesem schüssel'schen Ungeist befreit", ist Strache bemüht, jeden Verdacht von seiner Partei fernzuhalten. "Unter meiner Führung gibt es keine Korruption, keine Freunderlwirtschaft". Alle Versuche, die "heutige FPÖ in diese damaligen Machenschaften hineinzuziehen", würden "völlig ins Leere" gehen. Die Abspaltung des BZÖ - ein "klarer" und "notwendiger" Schritt für Strache - sei daher völlig richtig gewesen. "Die Geschichte hat uns recht gegeben."

Untersuchungsausschuss
Strache ist laut eigener Aussage an einer Aufklärung der Vorgänge "dringend interessiert". Ein Untersuchungsausschuss müsse spätestens im Oktober eingesetzt werden, die FPÖ werde bei der Sondersitzung einen dahingehenden Antrag stellen. Allerdings gibt sich der FPÖ-Chef nicht mit einer bloßen Durchleuchtung der schwarz-blauen Ära zufrieden. Der Lobbyist Peter Hochegger sei schon zuvor - während einer roten Kanzlerschaft - tätig gewesen. "Auch hinsichtlich der SPÖ gibt es Aufklärungsbedarf", ist sich Strache sicher.

Geht es nach Strache, muss Schüssel auf jedem Fall bei einem eventuellen Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen. Und gerade der jetzige ÖVP-Chef, Michael Spindelegger, dürfe sich nicht gegen die Einsetzung eines solchen wehren. Dass auch ehemalige Parteifreunde, die jetzt dem BZÖ angehören, aussagen müssten, berührt Strache wenig: "Ich bin überhaupt nicht enttäuscht, weil ich habe mir von diesen Herrschaften nichts anderes erwartet."

Auch SPÖ im Visier
Auch FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky will bei einem Untersuchungsausschuss vor allem die SPÖ ins Visier nehmen. Etwa wegen angeblichen Verdachts der Untreue gegen den jetzigen Bundeskanzler Werner Faymann und dessen Staatssekretär Josef Ostermayer (beide S). Der FPÖ-General hat eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft eingebracht, die sich auf Inseratenserien der ÖBB und der Asfinag zu Faymanns Zeit als Infrastrukturminister bezieht weswegen bereits ermittelt werde.

Der freiheitliche Generalsekretär Herbert Kickl verlangt wiederum Aufklärung über den ehemaligen SPÖ-Verkehrsminister Caspar Einem. Konkret gehe es um die Vergabe von UMTS-Lizenzen, bei der Hochegger ebenfalls mitgemischt haben soll. Auch Kickl übte sich in Distanz zur ehemaligen FPÖ-Regierungsmannschaft. Bereits damals habe ein "Unbehagen" geherrscht, welches schließlich zum "Elementarereignis" der Trennung geführt habe. Kickl: "Das nenne ich einen Reinigungsprozess."

Auch das BZÖ kündigte indes für die kommende Sondersitzung einen eigenen Antrag auf Einrichtung eines Untersuchungsausschusses an. "Es ist Zeit für schonungslose parlamentarische Aufklärung, unabhängig von Parteizugehörigkeit, Person und Funktion", meinte Bündnisobmann Josef Bucher in einer Aussendung.

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Schüssels Rücktritt in Bildern

So reagieren die Parteien

Tiefen Respekt" zollt ÖVP-Bundesparteiobmann Vizekanzler Michael Spindelegger Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel für seine Entscheidung, sein Nationalratsmandat zurückzulegen. "Ich respektiere den konsequenten Schritt von Wolfgang Schüssel. Die ÖVP und Österreich sind ihm zu großem Dank verpflichtet, haben doch viele jener Reformen, die Wolfgang Schüssel - teils gegen heftige Widerstände - mutig durchsetzte, Österreich nachhaltig modernisiert und wettbewerbsfähiger gemacht. Essentielle Reformen, die unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel durchgeführt und eingeleitet wurden, haben auch entscheidend dazu beigetragen, uns jenen Spielraum zu geben, den wir brauchten, um die gegenwärtige Krise zu meistern", so Spindelegger, und abschließend: "Reformen durchzusetzen, das benötigt einiges an Mut. Mut, den uns Wolfgang Schüssel vorgelebt hat".

Die SPÖ rechnet damit, Wolfgang Schüssel nach seinem Abgang aus der Politik als Zeuge in einem Untersuchungsausschuss zur Ära Schüssel/Grasser wieder zu treffen. Das erklärte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter am Montag in einer Aussendung. "Eine endgültige Beurteilung der persönlichen Integrität Schüssel wird maßgeblich von den Erkenntnissen der Untersuchung der politischen Verantwortung für die Skandale von Eurofighter über BUWOG bis Telekom abhängen", so Kräuter.

Aus Sicht der Grünen ist das angekündigte Zurücklegen des Mandates durch Wolfgang Schüssel ein "längst überfälliger, aber nur erster Schritt". Bundessprecherin Eva Glawischnig erklärte am Montag: "Die politische Verantwortung unter schwarz-blau kann er nicht ablegen. Vorwürfe insbesondere gegen Karl-Heinz Grasser (Ex-Finanzminister, Anm.) gab es ja schon sehr früh und hier hat er über Jahre hinweg weg geschaut." Wichtig sei nun, dass die ÖVP ihre "Blockadehaltung" aufgebe und eine schonungslose Aufklärung ermögliche, so die Grünen-Chefin.

Der Sicherheitssprecher der Grünen, Peter Pilz, hält folgendes fest: "An die Adresse der ÖVP: Spindelegger und seine Kollegen sollen nicht glauben, dass sich die ÖVP mit einer Schüssel-Weglegung aus der politische Verantwortung stehlen kann."

"Der Rücktritt von Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ist ein Abgang in Schande. Wolfgang Schüssel war zuletzt offensichtlich nicht einmal mehr für seine eigene Partei tragbar. Er soll aber nicht glauben, dass er sich mit diesem Schritt seiner politischen Verantwortung entziehen kann. Als politischer Pate der schwarz-blauen Korruption wird er sich vor dem Korruptions-Untersuchungsausschuss rechtfertigen müssen. Er war sicher nicht selbst in alle Fälle verwickelt, aber insbesondere in militärischen Großbeschaffungen, von Thomson bis Eurofighter, gibt es sehr wohl eine persönliche Rolle von Wolfgang Schüssel, die aufgeklärt werden muss."

"Es ist bedauerlich, dass er seine großen Talente und seine große Unabhängigkeit von Medienkonzernen nicht für das Beste der Republik gebraucht sondern systematisch für sich, seine Partei und die FPÖ missbraucht hat. Daher fällt der politische Abschied von Wolfgang Schüssel leicht".

Als indirektes Schuldeingeständnis wertet FPÖ-Generalsekretär NAbg. Harald Vilimsky die Ankündigung von Schüssel, sein Nationalratsmandat zurückzulegen.

Vilimsky erinnerte daran, dass die Knittelfelder Funktionärsversammlung von 2002 ein Aufstand gegen die Verschüsselung der damaligen FPÖ-Spitze gewesen sei. Die FPÖ-Basis habe damals völlig zu Recht diesen handelnden Personen ihr Vertrauen versagt und gegen die komplette Auslieferung der FPÖ an die ÖVP Widerstand gegenleistet. 2005 habe sich der Schüsselsche Ungeist dann endgültig ins BZÖ verabschiedet. Die FPÖ unter HC Strache habe sich erfolgreich davon befreit.

Die jetzigen Ereignisse seien auch eine amtliche Bestätigung des sauberen FPÖ-Wegs unter der Obmannschaft HC Straches, betonte Vilimsky. "Sämtliche in den Telekom-Skandal involvierten Personen befinden sich bei ÖVP, BZÖ und teilweise bei SPÖ und Grünen, aber nicht bei uns."

"Die Entscheidung des ehemaligen Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel, sein Mandat als Nationalratsabgeordneter zurückzulegen, ist zu respektieren. In all seinen politischen Funktionen hat Wolfgang Schüssel Österreich über Jahrzehnte massiv geprägt. Der jetzige Rücktritt hinterlässt aber einen schalen Beigeschmack. Was steckt dahinter, dass der letzte ÖVP-Kanzler so blitzartig seine politische Karriere beendet? Behauptete Verwicklungen von Schüssel und der ÖVP in die Causa Telekom werden deshalb von der Justiz und in einem notwendigen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu klären sein", so BZÖ-Chef Klubobmann Josef Bucher.

"Das ist eine für uns alle im ÖVP-Klub sehr schmerzhafte Entscheidung, die wir mit großem Respekt zur Kenntnis nehmen müssen. Wolfgang Schüssel traf seine Entscheidung wie so vieles in seinem bisherigen politischen Leben, nämlich mit Konsequenz und Format!", so ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf. Die Vernaderungen der letzten Tage und Wochen im Zuge der Telekom-Affäre bezeichnete Kopf als "ein durchsichtiges Manöver, die Reformpolitik der Regierungen unter Wolfgang Schüssel zu diskreditieren, um eine Regierungsbeteiligung der SPÖ auf alle Zeiten abzusichern."

Österreich stand unter der Regierung Schüssel jedenfalls hervorragend da. Dass unser Land die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise gut bestanden habe, sei nicht zuletzt auf die Reformen unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zurückzuführen. Kopf erinnerte unter anderem an die Pensionssicherungsreform und die Senkung der Abgabenquote von 44,8 Prozent (2001) auf 41,7 Prozent (2006) bei gleichzeitiger Budgetsanierung. "Ich bedanke mich namens aller Abgeordneten des ÖVP-Klubs und persönlich bei Wolfgang Schüssel für seine Arbeit, seinen Einsatz und seine Freundschaft", so Kopf abschließend.

"Die ÖVP Kärnten bedauert den geplanten Rücktritt von Altkanzler Wolfgang Schüssel aus der aktiven Bundespolitik, gleichzeitig gebührt Schüssel für seinen Schritt maximaler Respekt", sagt Kärntens ÖVP Chef Josef Martinz. "Schüssel bleibt als ehemaliger, engagierter Reformkanzler Vorbild für den Reform- und Sanierungskurs in Kärnten. Sein Rücktritt ist aber auch ein deutliches Signal an den in erster Instanz verurteilten Kärntner Landeshauptmannstellvertreter Uwe Scheuch von der FPK", so Martinz. Auch Scheuch könnte mit einem Rückzug aus der Politik ermöglichen, dass es beim Sanierungskurs für Kärnten keine Verzögerungen gebe. Gleichzeitig würde er mit einem derartigen Schritt auch den offensiven Kurs Kärntens nach der Lösung der Ortstafelfrage weiter begünstigen, meint Kärntens ÖVP Chef. "Ein Schritt zurück von FPK Obmann Uwe Scheuch würde einen Riesenschritt nach vorne für Kärnten bedeuten", sagt Martinz.