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Exkanzler in oe24.TV

Kurz: “Ich hätte mir eine Mitte-Rechts-Regierung gewünscht“

Exkanzler Sebastian Kurz spricht im oe24.TV-Interview über sein Milliarden-Unternehmen Dream, Trump, die AfD und wie er die Regierungsverhandlungen in Österreich sieht. Um 21 Uhr ist das gesamte Interview bei FellnerLIVE! zu sehen.

oe24.TV: Herr Kurz, Sie haben diese Woche die Schlagzeilen einmal nicht politisch dominiert, sondern auf den Wirtschaftsseiten. Ihr Cybersecurity-Unternehmen Dream hat jetzt eine Bewertung von über einer Milliarde US-Dollar. Was genau macht Dream?

Sebastian Kurz: Ich habe vor zwei Jahren gemeinsam mit zwei Partnern in Israel das Unternehmen gegründet. Ich habe gesehen, wie stark künstliche Intelligenz die unterschiedlichsten Branchen verändert. Das Ziel: Die Erfahrung der Hacker mit der Kraft der KI verbinden, um Staaten und kritische Infrastruktur zu schützen. Wir haben die letzten zwei Jahre damit verbracht, dass Personen mit einer unglaublichen Erfahrung für Cyber-Attacken eine künstliche Intelligenz trainiert haben und alles Wissen, das es in diesem Bereich gibt, in diese KI eingespeist haben.

oe24.TV: Was ist Ihre Rolle bei Dream?

Kurz: Zu Beginn habe ich vor allem mitgearbeitet, Investoren an Land zu ziehen und die Struktur und das Unternehmen aufzubauen. Jetzt, seitdem die Firma gut gewachsen ist, wird meine Rolle natürlich auch intensiver und intensiver.

oe24.TV: Worauf liegt denn neben Dream noch Ihr beruflicher Fokus?

Kurz: Also meine erste Unternehmung war ein Beratungsunternehmen, das ich gestartet habe mit einigen Mitarbeitern mit Schwerpunkt auf Middle East. Auch das läuft gut.

"Habe über ein Polit-Comeback nachgedacht"

oe24.TV: Fehlt Ihnen die Politik? Haben Sie an ein Comeback gedacht?

Kurz: Naja, es sind so viele auf mich zugekommen und es ist in allen Medien gestanden, dass ich natürlich selber auch darüber nachgedacht habe. Aber ich habe zehn Jahre lang in der Regierung verbracht. Ich glaube, ich habe meinen Beitrag auch geleistet. Ich bin jetzt gerade einmal seit drei Jahren unternehmerisch tätig. Also wenn es nach mir geht, dann möchte ich eigentlich die nächsten Jahre weiterhin da investieren.  

Ex-Kanzler Sebastian Kurz im Interview mit Niki Fellner.

Ex-Kanzler Sebastian Kurz im Interview mit Niki Fellner.

© oe24.TV

oe24.TV: In Österreich gibt es seit 140 Tagen keine Regierung. Woran liegt das? 

Kurz: Ich glaube, zunächst einmal war es ein schwerer Fehler von Bundespräsidenten, dass er nicht damals dem Gewinner der Wahl, dem Herbert Kickl, den Regierungsbildungsauftrag erteilt hat. Dadurch ist viel Zeit auch verloren gegangen. Zum Zweiten hätte ich mir  eigentlich gewünscht, dass es hier eine Regierung zwischen FPÖ und ÖVP gibt.

Ich glaube, dass eine Mitte-Rechtsregierung in vielen Fragen vom Wirtschaftsstandort bis zur Migration dem Land gut getan hätte. Und ich war sehr überrascht, dass FPÖ-Chef Herbert Kickl diese Chance nicht genutzt hat, Bundeskanzler zu werden. Ich glaube, bei Koalitionsverhandlungen geht es darum, auf Augenhöhe miteinander umzugehen, jetzt nicht den anderen irgendwie zu unterwerfen und dass es zu dieser Koalition nicht kommt.   

Video zum Thema: FELLNER! LIVE: Sebastian Kurz im Interview

oe24.TV: Was sagen Sie zum neuen ÖVP-Chef Christian Stocker? Klappt die Regierungsbildung mit der SPÖ?

Kurz: Ich glaube, Christian Stocker ist jemand, der als ÖVP-Chef da jetzt wirklich eine große Souveränität hineinbringt. Und daher gehe ich auch davon aus, dass es ihm gelingen wird, eine Regierung zu bilden.

Ich bin in die Verhandlungen selbst nicht involviert. Aber ich glaube, dass er mit seiner auch sehr souveränen Persönlichkeitsstruktur da jetzt die besten Karten hat, das zustande zu bringen. Und er wird das auch sicher als Bundeskanzler gut machen.

"Europa fällt in der Wettbewerbsfähigkeit massiv zurück"

oe24.TV: Um was muss sich eine neue Regierung kümmern?

Kurz: Zu Österreich gibt es von mir jetzt keinen Zuruf. Ich glaube, wir können es gerne jetzt eher europäisch besprechen, weil vieles ist ja kein österreichisches, sondern ein europäisches Phänomen.

Ich würde mal sagen, es gibt aus meiner Sicht zwei ganz stark brennende Themen. Das eine ist, dass meiner Meinung nach die Europäische Union versuchen sollte, einen Beitrag zu leisten, dass der Krieg beendet wird. Donald Trump hat da eine Initiative ergriffen.

Putin hat sich offen gezeigt. Selenskji hat bei der Münchner Sicherheitskonferenz nicht mehr vom Sieg gesprochen, sondern vom Frieden. Also es ist eigentlich angerichtet. Ich würde mir wünschen, dass Europa einen Beitrag dazu leistet, dass das jetzt stattfindet.

Das zweite Mega-Thema für die EU ist die Wettbewerbsfähigkeit. Da fällt aus meiner Sicht Europa massiv zurück.Das hat damit zu tun, dass die Energiekosten auch aufgrund des Krieges und falscher politischer Entscheidungen in die Höhe geschossen sind. Die Amerikaner investieren gerade 500 Milliarden im Bereich künstliche Intelligenz. Wir haben da total den Anschluss verloren.

Also der Standort muss wieder gestärkt werden. Wenn Europa nicht an Wettbewerbsfähigkeit gewinnt, dann wird der Wohlstand nach unten gehen. Und dann bleibt noch immer das ungelöste Thema der illegalen Migration.

oe24.TV: Am Sonntag wählt Deutschland. Was erwarten Sie sich?

Kurz: Ich hoffe sehr, dass jetzt endlich die Ampel ihr Ende findet und mit Friedrich Merz und der CDU, CSU da einfach eine Trendwende eingeleitet wird in der Migrationspolitik. Und wenn das in Deutschland beginnt, dann kann man da hoffentlich auch ganz Europa mitreißen.  

oe24.TV: In Deutschland wird ja sehr heftig auch in diesem Wahlkampf über die sogenannte Brandmauer diskutiert. Soll man mit der AfD zusammenarbeiten? Kann man mit der AfD zusammenarbeiten? Wie sehen Sie diese Brandmauer? 

Kurz: Mit wem wie koaliert wird, das müssen die Deutschen dann entscheiden nach der Wahl. Aber was die Abstimmung im Bundestag betrifft, also das war absolut richtig, was Friedrich Merz gemacht hat. Es gibt ja ohnehin schon zu viele Politiker, die sich davor fürchten, dass viele anderer Meinung sind.

Die Deutschen haben jetzt sogar das Phänomen, dass sie sich nicht nur vor denen fürchten, die anderer Meinung sind, sondern sie fürchten sich jetzt auch vor denen, die der gleichen Meinung sind. Also man kann ja bitte wohl nicht jetzt eine falsche Migrationspolitik machen, nur aus der Angst heraus, dass die AfD sonst die gleiche Meinung haben könnte. Also das habe ich wirklich absurd gefunden und dass ihn die Angela Merkel dafür kritisiert hat, glaube ich, hat auch gezeigt, dass er da am richtigen Weg war.   

oe24.TV: Wie sehen Sie Donald Trump? Könnte er Ihrer Meinung nach ein Vorbild für Europa sein, politisch?  

Kurz: Donald Trump ist eine vielfältige Persönlichkeit. Aber ich sage einmal, die Geschwindigkeit und Entschlossenheit, mit der die amerikanische Administration da jetzt an viele Fragen herangeht, die ist schon beachtlich. Und vieles wird ja bei uns in Österreich und in Europa medial immer negativ transportiert.

Aber dass dort jetzt einmal versucht wird, den öffentlichen Bereich zu entschlanken, dass der Steuerzahler weniger Kosten hat für die eigene Verwaltung, das ist gut. Das Ausmaß in dem Investitionen in Zukunftsfragen stattfinden wie etwa bei der künstlichen Intelligenz ist gut. Aber auch die Bemühungen, da jetzt ein Ende des Krieges zustande zu bringen, das sind eigentlich sehr positive Akzente.
Und ich glaube, die haben auch eine positive Auswirkung auf uns, indirekt.

Das ganze Video sehen Sie auf auf oe24.TV oder dem Youtube-Kanal von oe24.

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