Eine US-Anwältin macht sich dafür stark. In ihre Heimatländer können die 50 Betroffenen nicht zurückkehren, weil sie dort gefoltert würden.
Österreich soll Ex-Guantanamo-Häftlinge aufnehmen. So das Anliegen der US-Anwältin Emilou MacLean vom Zentrum für Verfassungsrechte. 50 im US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba inhaftierten Häftlingen drohen laut MacLean nach ihrer Entlassung Folter oder Verfolgung in ihren Heimatländern. Die New Yorker Anwältin sucht deshalb Staaten, die den Betroffenen durch Asyl oder eine Aufenthaltsgenehmigung "Schutz" bieten können. "Die USA adressieren wir an erster Stelle, aber europäische Länder ebenso", so MacLean am Mittwoch.
Weltweite Anstrengungen
"Wir erwarten von den USA diese Häftlinge
aufzunehmen. Europa soll helfen", sagte die US-Anwältin. Um ihr Anliegen
umzusetzen, reist die Anwältin derzeit durch europäische Länder, um Kontakt
mit den Regierungen aufzunehmen, sich an Menschenrechtsorganisationen und
Anwälte zu wenden, sowie in der Öffentlichkeit Bewusstsein für das Schicksal
der betroffenen Menschen zu schaffen.
7 Jahre ohne Anklage gequält
"Es besteht (ohne öffentlichen
Aufmerksamkeit) die Gefahr, dass für immer (über die Aufnahme der 50
Guantanamo-Häftlinge) verhandelt wird", so Andrea Huber von Amnesty
International Österreich. "Die Häftlinge wurden sieben Jahre in Guantanamo
gequält, und das ohne Anklage", meinte MacLean.
Politischer Wille zählt
Welche Länder sie genau in Europa
besucht, wollte MacLean nicht sagen, aber auch Deutschland und die Schweiz
seien darunter. Offizielle Statements europäischer Länder zur Aufnahme von
Ex-Guantanamo-Häftlingen gebe es noch keine, sie erkenne aber eine Akzeptanz
von europäischen Regierungen für ihr Anliegen. Sie suche "ein Land, das eine
Vorreiterrolle einnimmt". Es gehe um den "politischen Willen", so Huber.
Offizielle Gespräche
In Wien trafen MacLean und Vertreter
von Amnesty International am Mittwoch mit je einem Beamten des
Außenministeriums und des Bundeskanzleramtes zusammen. Die Beamten hätten
sich "genau" über das Schicksal der betroffenen 50 Guantanamo-Häftlinge
informiert.
"Sie sind Opfer"
Die 50 betroffenen Häftlinge stammen
nach den Angaben MacLeans aus Usbekistan, Syrien, Libyen, Tunesien,
Algerien, Tadschikistan, Russland, den Palästinensergebieten, Russland und
China. 17 Chinesen gehörten der muslimischen Volksgruppe der Uiguren an.
"Sie sind Opfer", meinte MacLean. Durch die Veröffentlichung ihrer
persönlichen Geschichten, wie etwa eines Flüchtlings des früheren
Bürgerkriegs in Somalia, wolle man das Vertrauen für ihre Aufnahme gewinnen.
Aufgrund des bevorstehenden Präsidentenwechsels in den USA ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Freigelassenen in den USA aufgenommen würden, viel größer als unter der US-Präsidentschaft von George W. Bush. Der designierte Präsident Barack Obama will das Gefangenenlager auf Kuba schließen lassen.
Insgesamt sitzen in Guantanamo laut MacLean noch rund 255 Gefangene - der ehemals 775 in Guantanamo Inhaftierten - ein, nur rund 20 von ihnen sind angeklagt. Auch entlassene Häftlinge seien nach den Worten der Anwältin "abgestempelt": ihnen hafte das Stigma von Terroristen an, selbst wenn sie unschuldig seien. Die bereits entlassenen Häftlinge seien in ihre Heimatländer, wie Saudi-Arabien, Bahrain oder Kuwait zurückgekehrt. Darunter auch 20 aus europäischen Ländern - Österreich sei nicht darunter -, die in diesen jetzt in Freiheit lebten. "Es geht vor allem darum, wer (welche Regierung) dafür kämpft, dass die Gefangenen freigelassen werden", bekräftigte MacLean.
Obwohl die USA "über 100 Länder" um die Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen gebeten hätten, habe bis jetzt nur Albanien acht Menschen, die ursprünglich nicht aus ihrem Land stammten, aufgenommen. Diese lebten dort jetzt in Freiheit als Flüchtlinge, sagte MacLean.
In einem gemeinsamen Appell hatten Mitte November fünf Menschenrechtsorganisationen die Regierungen Europas aufgerufen, 50 Häftlingen des US-Gefangenenlagers Guantanamo, die aufgrund einer Folter- oder Verfolgungsgefahr nicht in ihre Heimatländer zurückkehren könnten, die Entlassung in die Freiheit zu ermöglichen. Der Aufruf wurde von Amnesty International (ai), Human Rights Watch (HRW), dem Zentrum für Verfassungsrechte (CCR), der Internationalen Föderation für Menschenrechte (fidh) und der Organisation Reprieve mitgetragen.