Kneissl kündigte trotz Warnungen aus Südtirol Einrichtung von Arbeitsgruppe an.
Trotz der Warnungen vonseiten der Südtiroler Landesregierung will Österreich offenbar an seinen umstrittenen Plänen zur Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler festhalten. Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) kündigte am Dienstag bei ihrem Antrittsbesuch in Rom die Einrichtung einer interministeriellen Arbeitsgruppe an, die sich mit der Frage der Doppelstaatsbürgerschaft auseinandersetzen soll.
Kneissl betonte zwar, dass alles im "Trialog zwischen Wien, Rom und Bozen" geschehen werde, auf die jüngsten Warnungen vonseiten des Südtiroler Landeshauptmanns Arno Kompatscher, der Doppelpass dürfe "nichts Trennendes sein" und keinen "nationalistischen Ansatz" verfolgen, ging sie aber nicht ein. "Was Landeshauptleute hier oder dort sagen, da sehe ich keinen Mehrwert, dass ich das jetzt kommentiere", so Kneissl lapidar gegenüber Journalisten.
"Teil des Regierungsabkommens"
Auch auf den Vorschlag Kompatschers den österreichischen Pass nicht nach ethnischen Kriterien an die deutsch- und ladinischsprachigen Südtiroler zu vergeben, sondern möglicherweise auch die Nachkommen italienischsprachiger Altösterreicher oder überhaupt alle Südtiroler einzubeziehen, ging die Außenministern nicht ein. "Das ist ein Vorschlag", sagte sie. Zur Definition, wer schließlich anspruchsberechtigt für den Doppelpass wäre, wolle sie nicht den Experten vorgreifen.
Das Vorhaben ist "Teil des Regierungsabkommens", betonte Kneissl in Rom. Österreich habe als Schutzmacht in Bezug auf die dynamische Fortentwicklung des Minderheitenschutzes die völkerrechtlich verankerte Verantwortung, sich einzubringen, sagt sie. "Es ist aber von Anfang an gesagt worden, dass dies nur im Gleichklang mit Rom und Bozen geschieht", so Kneissl. Bis zum tatsächlichen Angebot der österreichischen Staatsbürgerschaft an die deutsch- und ladinischsprachige Bevölkerung sei es aber "noch ein langer rechtstechnischer Weg".
Thema "aktiv eingebracht"
Der Außenministerin war es wichtig, zu betonen, dass sie nicht nach Italien gereist sei, um die Wogen in den Beziehungen zu Italien zu glätten. "Ich hatte sowieso vor, Italien zu besuchen", sagte sie. Es bestehe eine Tradition Nachbarländer als erstes zu besuchen und so habe sie nach der Slowakei Italien gewählt. Auch habe es vonseiten des italienischen Außenministers keine scharfen Worte wegen der Pläne der schwarz-blauen Regierung gegeben, betonte Kneissl. Sie habe das Thema selbst "aktiv eingebracht", betonte sie nach dem Treffen mit Alfano. Das Gespräch sei "ausgesprochen amikal" gewesen.
Der italienische Außenminister äußerte sich betont zurückhaltend zum Thema Doppelpass. Man habe "gegenseitig die Standpunkte dargelegt". Italiens Position sei "die historische Position, wie sie immer war", nämlich dass man das Gruber-Degasperi-Abkommen voll anerkenne. Wichtig für Italien sei außerdem, dass - wie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Kneissl betont hätten - "wir zwei Staaten sind, die diskutieren, und es keine unilateralen Schritte gibt", so der italienische Chefdiplomat.
Aufregung und Kritik in Italien
Das Vorhaben der ÖVP-FPÖ-Regierung, den deutsch- und ladinischsprachigen Südtirolern hatte für Aufregung und Kritik in Italien gesorgt. Besonders in Südtirol wurde das Thema heiß diskutiert. Kritiker - darunter der Südtiroler Bischof Ivo Musser - warnen vor einer Spaltung der Gesellschaft. Am Wochenende hatte auch der Südtiroler Landeshauptmann gebremst. Es bestehe "überhaupt kein Zeitdruck", so Kompatscher im APA-Interview. Es gelte auch zu vermeiden, dass "es hier wieder eine Grenzziehung gibt", mahnte er.
Die SPÖ kritisierte am Dienstag die Pläne der schwarz-blauen Regierung zur Doppelstaatsbürgerschaft als "kontraproduktive Retro-Idee". Der Doppelpass nütze "dem Zusammenleben der Südtiroler in keiner Weise", so SPÖ-Südtirolsprecher Hermann Krist in einer Aussendung. "Sie gefährdet damit zudem unnötig die guten Beziehungen zwischen Österreich und Italien", hieß es weiter. Zu Recht habe sich der Südtiroler Landeshauptmann "jüngst sehr kritisch gegen diesen Plan der neuen Bundesregierung ausgesprochen".
Konkret geht es bei den Plänen der Regierung um drei Viertel der rund 520.000 Einwohner des seit 1919 zu Italien gehörenden Südtirol (69,4 Prozent gehören der deutschen, 4,5 Prozent der ladinischen Sprachgruppe an). Die 26 Prozent, die sich der italienischen Sprachgruppe zugehörig fühlen, wären von der Möglichkeit ausgeschlossen.