Vor Vertreibung, Tod und Terror warnt die Grünen-Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic im Fall einer Großoffensive der Türkei im Kurdengebiet Nordsyrien, Rojava.
Die Situation sei sehr angespannt, die Zivilbevölkerung verzweifelt, sagte die Abgeordnete am Dienstag in Erbil zur APA. Ernst-Dziedzic bereiste in den vergangenen Tagen die Autonomieregion Kudistan-Irak sowie die autonome Verwaltung Nord- und Ostsyrien. Es dürfe keinen Deal mit Ankara auf dem Rücken der Kurden geben.
Immer wieder hat die Türkei die Region in der Vergangenheit bereits angegriffen. Im Frühsommer hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan eine neue Militäroperation in Nordsyrien angekündigt. Ziel sei es, eine 30 Kilometer breite "Sicherheitszone" zu schaffen. Die Region solle von "Terroristen" der Kurdenmiliz YPG "gesäubert" werden. Die YPG erklärte daraufhin, in diesem Fall den Kampf gegen die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) einzustellen.
Ernst-Dziedzic verwies auf allein 27 Gefängnisse auf dem Gebiet der geplanten sogenannten Sicherheitszone. Freikommende IS-Kämpfer und IS-Kämpferinnen, die dort inhaftiert waren, seien bei einem Großangriff der Türkei eine zusätzliche Gefahr: Die Zivilbevölkerung lebe in einem Zustand der permanenten Bedrohung von der Türkei sowie vom IS. So würden die Menschen selbst zur Flucht gezwungen. "Und das ist eine europäische Angelegenheit", sagte die außenpolitische Sprecherin der Grünen. Der IS würde sich zudem reorganisieren.
Es dürfe keinen Deal mit Erdogan auf dem Rücken der Kurden geben, so Ernst-Dziedzic. "Und wenn man schon nicht mit den Kurden solidarisch sein will, sollte man zumindest die Sicherheit Europas im Auge haben." Anders als Frankreich, Deutschland und Belgien hat Österreich bisher auch keine in Kurdengebieten inhaftierten österreichischen IS-Kämpferinnen und IS-Kämpfer zurückgeholt. Sie sei diesbezüglich mit dem österreichischen Außenministerium im Austausch, sagte Ernst-Dziedzic. "Das ist ein heikles und sensibles Thema. Wir dürfen die Kurden damit aber nicht allein lassen."
Die Behauptung Erdogans, die Kurden seien Terroristen, bezeichnete Ernst-Dziedzic als "konstruierte Geschichte" und verwies auf das Dorf Tal Tamr, das sie auf ihrer Reise besucht habe. Dieses habe die Türkei vor einem Monat bombardiert - Häuser, Kirche und Schulen seien völlig zerstört. Die Zivilisten hätten fliehen müssen. "Erdogan produziert Flüchtlinge und bekommt dafür Geld von Europa. Diese Angriffe sind eine Geldmaschine."