SPÖ-Kanzler Gusenbauer hat in der Beurteilung der Bilder-Affäre einen deutlichen Schwenk vollzogen. Die Meinugsforscher sehen das Ganze als taktisches Spiel. Nach der internen Kritik verteidigen nun SP-Minister den Kanzler.
Die SPÖ hat in der Beurteilung der Foto-Affäre um FP-Chef Heinz Christian Strache einen bemerkenswerten Schwenk vollzogen. Hatte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) die Bilder vorige Woche noch als "Jugendtorheiten" abgetan, aus denen er Strache keinen Strick drehen würde, bezeichnete er dessen Distanzierung vom Nationalsozialismus am Dienstag als "nicht ausreichend". SP-Klubchef Josef Cap hatte sich zuvor mit Straches "Klarstellung" zufrieden gegeben, schwenkte aber gestern ebenfalls um und befand, dass beim FP-Chef der "Trennstrich zur Vergangenheit fehlt".
Grüne: "Beschwichtigungskanzler"
"Wie hält es
die SPÖ mit der FPÖ?" Dies wollte der Grüne Bundesparteisekretär
Lothar Lockl am Mittwoch wissen. Die Vermutung liege nahe, dass eine
Zusammenarbeit in einer Regierung angestrebt werde, "wenn es sich
ausgeht". Den jüngste Vorstoß Gusenbauers, Straches Erklärungen als "nicht
ausreichend" zu bewerten, ist für Lockl zu zögerlich gekommen. "Österreich
erhält möglicherweise statt einen Schweigekanzler einen
Beschwichtigungskanzler", spielte er auf die von der SPÖ viel
kritisierte schwarz-blaue Regierung unter Wolfgang Schüssel (V) an. Die SPÖ
sage nicht was Sache ist, sondern "mogle sich herum".
SPÖ-Kritik an Gusenbauer
Die erste milde Einschätzung von
Gusenbauer rund um die Strache-Fotos sorgten für Entrüstung in der SPÖ.
Ex-Kanzler Franz Vranitzky betont am Dienstag im Interview mit ÖSTERREICH,
dass die Strache-FPÖ für ihn keine Option sei. Vranitzky bemängelt: "So wie
ich das ausdrücke, habe ich das von niemand anderem gehört.“ Kritik an
Gusenbauer kommt auch von SP-Wissenschaftssprecher Josef Broukal: "Ich
denke, er weiß heute auch, dass er zu Straches Aussagen andere Worte hätte
finden können.“ Zuvor bemängelte schon Nationalratspräsidentin
Barbara Prammerdie Formulierung als "nicht die glücklichste".
Bures und Buchinger verteidigen Kanzler
Frauenministerin Doris
Bures (S) und Sozialminister Erwin Buchinger (S) haben Gusenbauer wegen
dessen milden Worten zu den umstrittenen Jugendfotos von FPÖ-Chef Heinz
Christian Strache verteidigt. Vor dem Ministerrat am Mittwoch sagte Bures,
die Worte des Bundeskanzlers seien "klar genug" gewesen. Für Buchinger waren
Gusenbauers Worte "in der gesamten Breite" deutlich genug.
Taktisches Spiel
Als taktisches Spiel sehen die Meinungsforscher
Fritz Karmasin (Gallup) und Günther Ogris (SORA) die milde Beurteilung der
umstrittenen Fotos durch Gusenbauer. Dass es innerhalb der SPÖ Aufregung
über das Verhalten Gusenbauers gibt, "scheint im Augenblick der ÖVP zu
nutzen", erklärte Karmasin. Ogris glaubt wiederum, dass der Schaden für die
SPÖ "zeitlich begrenzt" sein werde.
Die Taktik Gusenbauers gegenüber Strache, ausgehend von der Sorge, dass die ÖVP mit FPÖ und BZÖ eine Koalition machen könnten, sei "halt offensichtlich innerhalb der Sozialdemokratie umstritten", so Ogris. Gusenbauer selbst sei ja "glaubwürdig in seiner persönlichen Abgrenzung zum rechten Rand".