Menschenrechtsliga fordert Offenlegung der Entscheidungsgründe bei Ortstafeln.
Die Österreichische Liga für Menschenrechte erneuert angesichts der Einstellung des Ortstafel-Verfahrens gegen den Kärntner LH Gerhard Dörfler (B) die Forderung, die Weisungsbefugnis gegenüber Staatsanwälten aus dem politischen Einflussbereich herauszulösen. Präsidentin Barbara Helige plädiert überdies dafür, in solchen Fällen die Entscheidungsgründe offenzulegen. Eine "saubere Lösung" wäre in der Ortstafel-Causa aus ihrer Sicht ein Gerichtsverfahren.
Diskussion
Die frühere Richter-Präsidentin "hofft", dass die
aktuelle Diskussion über Verfahrens-Einstellungen "nicht geeignet ist, das
Vertrauen in die Justiz nachhaltig zu erschüttern. Aber ich glaube, dass
alle gut beraten sind, sich der Diskussion ernsthaft zu stellen."
Ortstafeln
"Die Frage, ob die Verrückung der Ortstafeln strafbar
ist oder nicht, hätte ich gerne vom OGH geklärt gehabt", sagte Helige. Wenn
aber ein Gericht nicht angerufen wird, sollten in solchen Fällen großen
öffentlichen Interesses die Entscheidungsgründe offen gelegt werden. "Hier
muss eine öffentliche Diskussion über die Strafbarkeit drinnen sein. Und der
muss sich das Justizministerium stellen, so wie sich jedes Gericht stellen
müsste."
Denn die bisher bekanntgewordenen Begründungen für die Einstellung seien "nicht geeignet, um Misstrauen zu zerstreuen". Und allein die Tatsache, dass ein politisches Organ - die Justizministerin - Letztverantwortung für einzelne Strafsachen trägt, "schafft Misstrauen bei den Betroffenen und in der Öffentlichkeit". Also müsse die Weisungsbefugnis an ein nicht politisches Organ - etwa einen Bundesstaatsanwalt - übertragen werden.
Weisungskette
Das Problem der politischen Weisungskette zeige die
Causa Dörfler klar auf: "Ein Landeshauptmann macht sich einen Jux und
verrückt im Blitzlichtgewitter Ortstafeln um ein paar Meter. Damit
unterläuft er ein VfGH-Erkenntnis, um nicht zu sagen, macht es lächerlich.
Das trifft vor allem auch die Menschen, die dadurch geschützt werden sollen.
Und dann wird das Strafverfahren unter der Verantwortung der politischen
Justizministerin eingestellt."
Und bei allen Fällen, in denen in der Öffentlichkeit auch nur der leiseste Verdacht eines Privilegs für Richter, Staatsanwälte oder Polizei gehegt wird, sei es "unabdingbar, dass die ermittelnde Behörde über jeden Zweifel erhaben ist", betonte Helige. Dies gelte nicht nur im Fall des Grazers Richters, sondern auch im Zusammenhang mit den tödlichen Polizisten-Schüssen auf einen 14-Jährigen in Krems.