Straches Sprecher hatte die umstrittene Aussage des Vizekanzlers noch dementiert.
Das umstrittene Interview von Heinz-Christian Strache mit der Belgrader Tageszeitung "Politika" hat auch am Montag für Diskussionen gesorgt. Ein Sprecher hatte am Sonntag erklärt, dass der FPÖ-Vizekanzler den Satz "Kosovo ist zweifellos ein Teil Serbiens" nicht gesagt habe. Im deutschen Original des schriftlichen "Politika"-Interviews ist die Passage aber wörtlich zu finden.
Seitens der Redaktion von "Politika" wurde am Montag bestätigt, dass die Antworten von österreichischer Seite auf Deutsch in schriftlicher Form übermittelt worden waren. Zudem stellte "Politika" der APA den deutschsprachigen Originaltext zur Verfügung. Darin ist folgende Passage zu finden:
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"Politika": "Als Sie und die FPÖ noch Opposition waren, haben Sie
sich gegen die Anerkennung der Unabhängigkeit Kosovos durch
Österreich ausgesprochen. Jetzt sind Sie in einer Koalition mit der
Volkspartei des Bundeskanzlers Sebastian Kurz. Hat sich Ihr
Standpunkt gegenüber dem Kosovo geändert seitdem Sie Vizekanzler
sind?"
Strache: "Kosovo ist zweifellos ein Teil Serbiens. Die seinerzeitige
Anerkennung durch Österreich haben wir heftig kritisiert, sie ist
allerdings jetzt Tatsache und kann wohl nicht mehr geändert werden."
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Dies ist praktisch ident mit einer APA-Übersetzung aus der serbischen Version, die am Sonntag in der Belgrader Zeitung erschienen war. Am Montag versuchte Strache in der serbischen Hauptstadt zu kalmieren. Er habe lediglich festgehalten, dass der Kosovo nach serbischem Recht nach wie vor Bestandteil Serbiens sei, so der FPÖ-Vizekanzler. Diese Einschränkung findet sich in dem deutschen Originaltext des Interviews freilich nicht.
Kritik und Rücktrittsaufforderung
Die Aussage war bereits am Sonntag von EU-Politikern und Vertretern der österreichischen Opposition heftig kritisiert worden. Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) hielt am Montag gegenüber der APA fest, dass für sie die Anerkennung des Kosovo durch Österreich außer Zweifel steht. "Das ist eine unumstößliche Tatsache, das ist so und kann nicht geändert werden", sagte Kneissl.
Der CSU-Politiker Bernd Posselt forderte indes den Rücktritt von Strache, "weil er offenbar die Unabhängigkeit der Republik Kosovo erneut infrage gestellt hat". "Solche Leute sind die trojanischen Pferde (des russischen Präsidenten Wladimir) Putins in der EU, denn Moskau versucht alles, um die Selbstständigkeit des Kosovo wieder zu Fall zu bringen", so Posselt.
Österreich gehöre zu jener großen Mehrheit von EU-Mitgliedstaaten, die den Kosovo bereits vor zehn Jahren völkerrechtlich anerkannt hätten, betonte der deutsche Europapolitiker am Montag in einer Aussendung. Der 61-jährige Posselt war selbst lange Jahre Kosovo-Berichterstatter der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), der größten Fraktion im EU-Parlament, zu der auch die ÖVP gehört, und gehörte zu den Wegbereitern der Unabhängigkeit des kleinen Landes, das am Samstag sein zehnjähriges Unabhängigkeitsjubiläum begeht.
Strache selbst hielt am Montag nach einem Treffen mit Außenminister Ivica Dacic fest: "Die österreichische Regierung hat die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt. Das ist eine Realität und Faktum". Tatsache sei aber auch, dass Belgrad den Kosovo nach wie vor als Teil Serbiens auch im Sinne der UNO-Resolution 1244 betrachte.
Die Resolution, die als Grundlage für die UNO-Mission nach Kriegsende 1999 verabschiedet wurde, behandelt den Kosovo als Bestandteil Serbiens. Das Problem sei für beide Seiten daher nicht nachhaltig gelöst worden, meinte der Vizekanzler. "Es ist wünschenswert, wenn man hier, im Sinne eines gemeinsamen Prozesses in Richtung der Europäischen Union, einen Weg geht, auf dem sich Belgrad und Prishtina zusammensetzen, um gemeinsame Lösungen zu suchen, die von beiden Seiten mitgetragen werden können", erklärte er. Dies sei auch seine offizielle Position als Regierungsmitglied. Der Rechtsstatus des Kosovo sei auch im Sinne der Resolution 1244 noch immer nicht endgültig geklärt worden, so Strache.
Dacic bedankte sich bei Strache dafür, dass er "seinen Standpunkt zum Kosovo nicht geändert" habe, seit er der Regierung angehört. Auf die Kritik an Strache nach dem Interview reagierte Dacic mit Unverständnis. Seiner Meinung nach wurde die Stabilität des Balkans nämlich gerade durch jene Staaten untergraben, die die einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo anerkannt haben. Bisher sind das weltweit 116 Länder.
Belgrad erwarte von Österreich jedenfalls Verständnis für seinen Standpunkt beim Thema Kosovo, erklärte Dacic, der sich gleichzeitig auch für die Fortsetzung des Normalisierungsdialogs mit Prishtina einsetzte. Sowohl Dacic als auch Strache äußerten sich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz sehr lobend zum aktuellen Stand der bilateralen Beziehungen in allen Bereichen. Belgrad erwarte eine weitere Stärkung der Beziehungen während des österreichischen EU-Ratsvorsitzes, unterstrich Dacic.
Strache war Montagfrüh auch mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic in Belgrad zusammengekommen. Wie der staatliche TV-Sender RTS berichtete, hätten Strache und Vucic neben konkreten Möglichkeiten für die Festigung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und der regionalen Stabilität auch über die EU-Annäherung Serbiens und die Unterstützung durch Österreich auf diesem Weg gesprochen.