EVP wollte Passagen streichen

Wirbel um Kurz: Ex-Kanzler in EU-Bericht zu Spionagesoftware erwähnt

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Ein Bericht des EU-Parlaments über den Einsatz der Spionagesoftware ''Pegasus'' in europäischen Ländern sorgt für Kontroversen. Elf Mal darin erwähnt: Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Laut "Standard" (Online) bemühte sich die Europäischen Volkspartei (EVP) vor einer Abstimmung am Montag um die Streichung von Passagen mit Hinweisen auf die Geschäftsverbindungen von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in das Umfeld des israelischen "Pegasus"-Herstellers NSO. Trotz ÖVP-Kritik wurde der Bericht am Montagabend angenommen.

Die Warnungen zu Kurz' Verbindungen mit dem israelischen Unternehmer und NSO-Mitbegründer Shalev Hulio seien "völlig sachfremd und nicht Teil des Untersuchungsgegenstands", kritisierte der ÖVP-Europaabgeordnete Lukas Mandl gegenüber dem "Standard". Hulio habe NSO mittlerweile verlassen, hatte Kurz bereits zuvor betont.

Kurz streitet Verbindungen ab

Der Ex-Kanzler wies am Montagabend über einen Sprecher außerdem in dem Bericht erwähnte Verbindungen zur umstrittenen österreichischen Softwarefirma DSIRF zurück. Kurz habe von dem Unternehmen noch nie gehört, so der Sprecher.

Insgesamt wird der Name des früheren Kanzlers laut "Standard" in dem Bericht des Pegasus-Untersuchungsausschuss des Europaparlaments elfmal genannt. Unter anderem bezeichnet der Text den Unternehmer Siegfried Wolf als Wirtschaftsberater von Kurz. Auch die Löschung dieser Passage wurde laut "Standard" von der EVP gefordert. Wolf war bis 2018 Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens Russian Machines, das dem russischen Oligarchen Oleg Deripaska zugerechnet wird.

Deutsche Grüne: ÖVP "abgewirtschaftet"

Berichterstatterin Hannah Neumann zeigte sich gegenüber dem "Standard" über die Löschungsforderungen der EVP nicht erfreut. "Der fragliche Satz im Bericht zu Österreich stand während der Verhandlungen nie zur Debatte", betonte die deutsche EU-Abgeordnete der Grünen. "Dass die EVP dieses Fass nun aufmachen will, zeigt erneut, wie abgewirtschaftet die ÖVP ist: Ihr geht es weder um die Wahrheit noch um den Schutz von Grundfreiheiten, sondern allein darum, ihr ramponiertes Image irgendwie zu retten."

Der SPÖ-EU-Abgeordnete Hannes Heide kritisierte das Ansinnen ebenfalls: "Der im Bericht enthaltene Bezug zum ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz, seinen Geschäftsbeziehungen zu NSO-Gründer Shalev Hulio und US-Milliardär Peter Thiel, standen in den Monate andauernden 15 Verhandlungsrunden zum Abschlussbericht nie zur Debatte. Das Ziel der Arbeit des Untersuchungsausschusses ist echte, umfassende Aufklärung", betonte er in einer Aussendung vom Montag.

Auch zahlreiche andere Stellen des 163-seitigen Berichts, die Österreich nicht betreffen, waren laut "Standard" umkämpft. Das zeigten zahlreiche Abänderungsanträge, die bereits im Voraus eingebracht worden seien.

Staatstrojaner-Firma zieht sich zurück

Am Montag wurde auch bekannt, dass die Softwarefirma DSIRF, die in dem Bericht als "in Österreich ansässig" bezeichnet wird, sich aus dem deutschsprachigen Raum zurückzieht. Das Unternehmen war im Vorjahr auf einer Warnliste von Microsoft gelandet, da mit seinem so genannten Staatstrojaner namens "Subzero" unter anderem mehrere Anwaltskanzleien infiltriert worden sein sollen. Die Direktion für Staatssicherheit und Nachrichtendienst (DSN) begann daraufhin zu ermitteln.

Nun werden die Tätigkeiten eingestellt. Die Unternehmensführung fühlt sich ungerecht behandelt - zumal "Subzero" ausschließlich zur Nutzung durch Behörden zur Bekämpfung von Cybercrime entwickelt worden sei. "Man kauft lieber eine nicht kontrollierbare Software von Drittländern wie den USA oder Israel - das scheint gewünscht zu sein. Darum verabschieden wir uns mit einem enormen finanziellen Verlust aus dem deutschsprachigen Raum", so der Eigentümer, der nur mit dem Buchstaben D. bezeichnet wurde, gegenüber dem "profil" (online).

Untersuchung der EU wegen "Pegasus"

Der 2020 aufgedeckte Einsatz der umstrittenen Spionagesoftware "Pegasus" in manchen Ländern der Europäischen Union hatte zur Einleitung der Untersuchung im Europaparlament geführt. "Regierungen der EU-Mitgliedstaaten haben Spyware gegen ihre Bürger zu politischen Zwecken eingesetzt", hieß es in dem im November des Vorjahres bekannt gewordenen Berichtsentwurf des Untersuchungsausschusses (PEGA). Entsprechende Hinweise gebe es für Polen, Ungarn, Griechenland, Zypern und Spanien.

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