Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Das Requiem war schon geschrieben. Viele Journalisten - zu einem kleinen Teil auch ich - hatten ihr Urteil schon vor dem Parteitag in Kommentaren gefällt: Pamela Rendi Wagner sei für den Job der SPÖ zu leichtgewichtig, zu wenig brutal, bestenfalls eine Übergangs-Kandidatin - ohne Chance gegen die Regierungs-Machos Kurz und Strache.
Das Urteil über Pamela "Joy" Rendi-Wagner muss nach dem gestrigen Parteitag vermutlich neu geschrieben werden: Mit einer fulminanten Rede und mit ihrem besonders sympathischen Auftreten hat die neue SPÖ-Vorsitzende nicht nur die Herzen ihrer Partei sondern wohl auch die vieler unentschlossener Wähler erobert.
Kurz und Strache werden jedenfalls bei der nächsten Wahl - wann immer sie sein wird - eine bemerkenswerte Gegen-Kandidatin bekommen, die einen neuen politischen Stil pflegt: Den der Menschlichkeit, den der - durchaus feministischen - Weiblichkeit. Eine Frau mit Herz.
Schon der Start zu Pamela Rendi Wagners mit Spannung erwarteter Parteitags-Rede war bemerkenswert: Minutenlanges Busserln und Umarmen der Delegierten, viel Emotion, Empathie, Gefühl: "Es fühlt sich so gut an, von euch allen umarmt zu werden!"
Und dann der Satz, der ihr nächstes Wahl-Credo werden kann: "Wir müssen mit dem Herzen schauen, nicht nach links, schon gar nicht nach rechts, sondern nach vorn in die Zukunft!"
Pamela "Joy" ist die neue Herzerl-Politikerin dieser Republik- aber eine mit konkreten Ansagen: 5.000 neue Lehrer für die Brennpunkt-Schulen, mehr Hilfe für alleinerziehende Mütter (die sie mit auf die Bühne nahm), mehr für Gesundheit, für Kinderbetreuung, für Ganztagsschulen - und dann ein Vorschlag, der ihr Wahlkampf-Hit werden kann: Keine Mehrwertsteuer mehr auf Mieten - damit Wohnen sofort billiger wird.
Rendi-Wagner bringt die SPÖ ganz gezielt zurück zu jenen Themen, mit denen etwa die Grünen in Deutschland gerade die Wahlen gewonnen haben: Wohnen, Bildung, Schule, Steuern, soziale Gerechtigkeit.
Kritik an der Regierung übt sie in neuem Stil - mit Charme: "Lieber Sebastian", begann sie zurücksüß, "wo warst du denn die letzten sieben Jahre? Was hast du denn gemacht, wirklich gemacht?" Um dann in den SPÖ-Parteitag hineinzudonnern: Der Kanzler sei ein Versager, die ganze Regierung eine Koalition der Feiglinge, die nicht einmal eine Abstimmung über das Rauchverbot zulässt.
Spätestens da war die rote Basis nicht mehr zu halten mit ihren "Standing Ovations" und mit dem Jubel, als ihre "Pam" die Ansage machte: "Ich werde rennen für den nächsten Wahlsieg. Rennt mit! Ich will die erste Kanzlerin dieser Republik werden!"
Statt dem vorausgesagten Streit erlebte die SPÖ einen Jubel-Parteitag mit fast 98 % Zustimmung zur neuen Vorsitzenden.
Vor allem aber hat diese Partei, die in den letzten Monaten so viel Chaos, so viele Niederlagen, so viele Demütigungen erlitten hat, jetzt neuen Mut - einen neuen Star. Wer erlebt hat, wie sich die Vorsitzende über ihre 98 % gefreut hat - der hat die rote Pam fast lieb gewonnen.() Jedenfalls eröffnet () Pamela "Joy" ein neues Kapitel in der Politik: Frau mit Herz gegen Männer-Regierung. Der SPÖ tut dieser neue Stil gut. Vermutlich auch dem ganzen Land...