Am Barbie-Dreamhouse am Alexanderplatz scheiden sich die Geister.
Traum in rosa oder Hölle in pink? Schon vor der Eröffnung ist am 16. Mai klar: Am Barbie-Dreamhouse am Berliner Alexanderplatz scheiden sich die Geister. Die 2.500 Quadratmeter große begehbare Barbie-Welt hat offenbar tatsächlich das Zeug, zu dem vom Veranstalter propagierten "unvergesslichen Erlebnis" zu werden. Die Frage ist nur, in welcher Hinsicht. Seit Wochen regt sich schon Protest gegen die "Pinkifizierung" - Proteste sind geplant.
Rosa, rosa, rosa...
Vom Springbrunnen in Form eines riesigen rosa Stöckelabsatzes, der in der Lobby prangen soll, war bei einer Vorbesichtigung zwar noch nichts zu sehen. Dafür stehen schon Teile der Einrichtung, ganz "Malibu-Style" in Rosa, Weiß und Gold. "Willkommen in der sonnigen Barbie-Welt", grüßt eine Agenturmitarbeiterin in die Runde. Von Sonne oder Tageslicht jedoch keine Spur, die Fenster sind nur aufgemalt. Dafür ragt ein lächelnder Plastik-Pferdekopf ins Zimmer.
1.100 Quadratmeter Verkaufs- und Aktionsfläche, 1.400 Quadratmeter Barbie-Wohnung - so ist das Event-Konzept von Barbie-Anbieter Mattel und EMS Entertainment Germany. Sich einmal wie eine Super-Barbie fühlen, das soll hier gelingen. Im Balkon-bewehrten Salon, im riesigen Bad, im Schlafzimmer und vor allem im fast Turnhallen-großen begehbaren Kleiderschrank stehen interaktive Monitore für das maßgeschneiderte Barbie-Erlebnis bereit. Ein personalisierter Chip im Eintrittsarmband macht es möglich. Gegen Aufpreis darf man auch in "echten" Barbie-Outfits auf einen Laufsteg oder auf eine Pop-Star-Bühne.
Ken ist Accessoire
"Ken bleibt ein Accessoire", ergänzt eine Mattel-Sprecherin zu Barbies männlichem Gegenstück. Lässt man in der Küche den durch soviel Magenta, Violett und Pink erschlafften Blick aus dem virtuellen Fenster schweifen, erblickt man Ken. In der Auffahrt wäscht er den - rosa - Sportwagen.
Rosa-Boom
Stevie Schmiedel von der Initiative Pinkstinks sieht Rot bei soviel Rosa: "Rosa ist eine wunderbare Farbe. Aber diese Pinkifizierung in der Spielwarenwelt stinkt. Diese Farbe steht nur für niedlich und süß und für Äußerlichkeit." Die Hamburgerin, die mit ihrer Initiative auch schon gegen das rosa Überraschungsei "nur für Mädchen" protestierte, sieht im Rosa-Boom bei Spielzeug und Kleidung einen krankmachenden, einengenden Rückschritt. Was früh mit den rosa Imperien von Prinzessin Lillifee oder Barbie beginne, gehe für viele Mädchen gleich mit dem Topmodel-Wahn weiter. "Immer mehr Mädchen leiden darunter."
"Selbstverständlich hat das Revival von Pink viel mit Geld zu tun", sagt die Genderforscherin Dominique Grisard (Uni Basel/New York). "Ein übersättigter Kleider- und Spielzeugmarkt kann so doppelt so viel verkaufen. Denn kein Mädchen kann ihrem jüngeren Bruder ihr rosa Tutu oder ihr pinkes Barbieschloss weitervererben."
Die Erziehungswissenschafterin Bettina Hannover (FU Berlin): "Kinder erkennen diese Geschlechterstereotypen bereits in einem Alter, in dem sie selbst noch gar nicht wissen, ob sie ein Junge oder ein Mädchen sind." Im Vorschul- und frühen Grundschulalter erforsche ein Kind dann sein soziales Geschlecht. Es probiere sich aus - auch mit Barbie und Darth Vader, aber bestenfalls nicht nur mit ihnen. "Es ist wichtig, dass das Kind ein breites Verhaltensspektrum kennenlernt. So erlebt es, dass es zwischen Schwarz und Weiß auch noch viele Grautöne gibt", sagt Hannover. Alle Nuancen des Regenbogens also, und nicht nur Pink.