Weltfussballverband

Blatter als FIFA-Boss wiedergewählt

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186 von 203 Stimmen - der Schweizer ist weitere vier Jahre im Amt.

Trotz der schwersten Krise seiner Amtszeit hat sich Präsident Joseph Blatter die Macht im Fußball-Weltverband (FIFA) erhalten und radikale Reformen zur Rettung der taumelnden FIFA präsentiert. Bei der geheimen Abstimmung auf dem Kongress am Mittwoch stimmte eine überwältigende Mehrheit von 186 der 203 abstimmenden Delegierten für eine weitere Amtszeit des 75-jährigen FIFA-Präsidenten aus der Schweiz, der dem Weltverband seit 1998 vorsteht.

   Blatter hatte zuvor längst überfällige Veränderungen angekündigt, um die FIFA vor dem Auseinanderbrechen zu bewahren. So soll in Zukunft nicht mehr das skandalumtoste Exekutivkomitee über die WM-Vergaben abstimmen, sondern alle Mitgliedsverbände beim Kongress. Zudem dürfen bei Korruptions- und Bestechungsvorwürfen erstmals auch externe Experten dabei helfen, in der FIFA aufzuräumen.

   Dass das dringend nötig ist, sieht auch der neue und alte Präsident mittlerweile ein. "Ich bin ein Kapitän in turbulenten Zeiten. Wir haben Schläge eingesteckt und ich persönlich einige Ohrfeigen, die Verwarnung hat gut getan", sagte Blatter in seiner mit Spannung erwarteten Grundsatzrede. Der Antrag seiner englischen Kritiker, die Wahl des Präsidenten zu verschieben, war zuvor mit klarer Mehrheit abgeschmettert worden (17:172). Der erneuten Inthronisierung des angeschlagenen Königs stand nichts mehr im Weg.

   Um 18.03 Uhr verkündete FIFA-Vize Julio Grondona das Ergebnis der geheimen Wahl durch die 206 stimmberechtigten Verbände, von denen 203 ihre Stimme abgaben. Die Verbände aus Brunei-Darussalam sowie Sao Tome und Príncipe durften nicht abstimmen.

Mit einem flammenden Appell hatte Blatter das Auditorium beschworen, ihm wieder das Vertrauen auszusprechen. "Unser Schiff ist in Schieflage geraten, vielleicht hat es sogar etwas Wasser. Wir müssen alles daran setzen, dass wir auf Kurs bleiben und der Präsident ist dafür bereit", sagte er in seiner kämpferischen Ansprache. Auf dem riesigen Podium im Hallenstadion auf dem Züricher Messegelände wirkte der kleine Walliser fast ein wenig verloren, doch lange nicht mehr so angespannt wie noch in den vergangenen Tagen, als er eine Pressekonferenz erbost abgebrochen hatte und nach hitzigen Diskussionen mit Journalisten aus dem Saal gestürmt war.

FIFA in schlimmster Krise ihrer Geschichte
All die Vorwürfe der Korruption gegen seine Person, gegen hochrangige Mitglieder des Exekutivkomitees, all die Gerüchte um Bestechung bei der Vergabe der WM 2022 an Katar hatten wie Bleigewichte auf den Schultern des kleinen Mannes gelastet. Kritik von Sponsoren, der Öffentlichkeit, einigen Regierungen und die Rufe nach einer kompletten personellen Erneuerung in der schlimmsten Krise der 107-jährigen FIFA-Geschichte hatten Blatter geschwächt.

Blatter kündigt "radikale Schritte" an
Am zweiten Kongresstag aber präsentierte sich der ehemalige Mittelstürmer entschlossen und überraschte endlich mit dem einen oder anderen Reformvorschlag. "Ich möchte, dass in Zukunft die Organisation der WM vom Kongress der FIFA beschlossen wird", sagte er. Also nicht mehr im obskuren Hinterzimmer-Gemauschel des 24-köpfigen Exekutivkomitees, das immer wieder von Korruptionsvorwürfen erschüttert wird und deren Mitglieder Mohamed bin Hammam und Jack Warner vorläufig suspendiert sind. "Es geht jetzt darum, radikale Schritte zu unternehmen und nicht nur kleine kosmetische Verbesserungen", sagte Blatter.

"Lösungskommission" für den Korruptions-Kampf
Weitere Punkte auf der Blatterschen Reformagenda: im Kampf gegen Korruption und Bestechung eine "Lösungskommission", eine Art Rat der Weisen mit Experten aus verschiedenen Bereichen. "Es soll ein FIFA-Komitee sein, aber der Vorsitzende kann natürlich auch externe Berater hinzuziehen", sagte Blatter. Das neue Gremium soll sobald wie möglich "untersuchen, was bei der FIFA passiert ist".

Einer echten externen Untersuchungskommission, wie sie das Internationale Olympische Komitee (IOC) nach dem 1998 bekanntgewordenen Skandal um die Vergabe der Olympischen Winterspiele an Salt Lake City 2002 ins Leben gerufen hatte und wie sie der dänische Verbandspräsident Allan Hansen in einem Redebeitrag forderte, versperrt sich Blatter allerdings noch.

Ethikkommission soll gestärkt werden
Auch die zuletzt wegen der nicht enden wollenden Korruptionsanschuldigungen überarbeitete Ethikkommission soll "gestärkt werden". Das Gremium wird nach dem Willen des FIFA-Chefs zweigeteilt in eine "Art Staatsanwaltschaft, die Untersuchungen einleiten kann" und "ein Gericht, das genauso arbeitet wie jedes andere Gericht auf der Welt auch", erklärte Blatter. "Die Ethikkommission hat von der Null-Toleranz gesprochen. Aber reicht es, darüber zu sprechen? Nein, es müssen Taten folgen", rief Blatter in das Auditorium. "Es muss ein für allemal Schluss sein mit diesen hässlichen Kritiken, der Ruf von uns allen steht auf dem Spiel."

Die kleine Gruppe der Demonstranten vor dem Gebäude hatte sich da längst verzogen. Im strömenden Regen hatte etwa ein Dutzend Menschen am Morgen Transparente in die Höhe gehalten mit der Aufschrift "Play fair FIFA" oder "Rote Karte für die FIFA". Auf einem kleinen Plakat stand: "Sepp verpiss dich, keiner vermisst dich." Am späten Nachmittag war die Gruppe weg, Sieger Sepp aber noch da.

Reform der WM-Vergabe beschlossen

Nach der Wahl von Blatter wurde auch dessen Reformvorschlag betreffend Vergabe von Weltmeisterschaften mit großer Mehrheit angenommen. Der präsidiale Antrag, dass künftig alle Mitgliedsverbände beim Kongress und nicht mehr das 24-köpfige Exekutivkomitee über die WM-Vergabe abstimmen, wurde mit 97,8 Prozent Zustimmung genehmigt.

Unterstützung erhielt er vom größten Verband, dem deutschen (DFB). "Das war stark, das war konsequent. Dass in Zukunft der Kongress entscheidet, ist ein Schlag gegen mögliche Korruption. Darüber bin ich sehr froh", sagte das neue Exekutivkomitee-Mitglied Theo Zwanziger. Der DFB-Präsident zieht als Nachfolger von "Kaiser" Franz Beckenbauer in die vielgescholtene FIFA-"Regierung" ein.

Blatters Wahlergebnisse seit 1008:
1998: Joseph Blatter 111, Lennart Johansson (SWE)       80
2002: Joseph Blatter  139, Issa Hayatou (CAM)            56
2007: Joseph Blatter (Akklamation/kein Gegenkandidat)
2011: Joseph Blatter (186 von 203 abgegebenen Stimmen/kein
Gegenkandidat)

Die bisherigen Präsidenten des Weltfussballverbandes:

1904-06: Robert Guerin (FRA)
1906-18: Daniel Burley Woolfall (ENG/gestorben 1918), Interimspräsident: Carl Anton Hirschmann (NED)
1920-54: Jules Rimet (FRA)
1954-55: Rodolphe Seeldrayers (BEL/gestorben 1955), Interimspräsident: Arthur Drewry (ENG)
1956-61: Arthur Drewry (ENG/gestorben 1961), Interimspräsident: Ernst B. Thommen (SUI)
1961-74: Sir Stanley Rous (ENG)
1974-98: Joao Havelange (BRA)
seit 1998: Joseph Blatter (SUI)


 

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