ÖSTERREICH-Interview

Krankl gegen Breitner: Duell der Legenden

Teilen

Zwei Tage vor dem Fußball-Klassiker gegen Deutschland diskutieren Krankl und Breitner.

Kein Match emotionalisiert Österreichs Fußball-Fans mehr: Österreich gegen Deutschland (Di., 20.30 Uhr, hier im LIVE-TICKER) – das ist das Duell der Erzrivalen.

Auch wenn die Statistik klar für Deutschland spricht: Von bisher 37 Duellen gingen bei sechs Unentschieden gleich 23 Partien verloren, das Torverhältnis steht bei 54:84. Der letzte Sieg (4:1) liegt 26 Jahre zurück (Kienast und Polster trafen jeweils zweimal).

Die letzte Niederlage hingegen war erst vor einem Jahr. Damals kassierten wir ein schmachvolles 2:6.

Krankl gegen Breitner
Selbst ehemalige Fußballgötter wie Hans Krankl und der deutsche Paul Breitner lässt das Duell nicht kalt. Im Interview bleiben sich die beiden nichts schuldig. Vor allem Paul Breitner weiß Hans Krankl zu provozieren. Er meint: „Córdoba war der Sargnagel für den österreichischen Fußball.“ Diese Kritik sitzt. Krankls Antwort lesen Sie im Interview.

 

ÖSTERREICH: Herr Krankl, Fußball-Legende Paul Breitner meint, der Sieg in Córdoba war der Sargnagel für den österreichischen Fußball und dass wir seither in der Nostalgie leben. Ist das eine Provokation für Sie?

Hans Krankl: Wie will dieser Eierschädel das beurteilen? Wir haben in Córdoba ein Stück Fußballgeschichte geschrieben. Genauso wie die Deutschen bei der WM in Bern. Darüber haben sie den Film Das Wunder von Bern gemacht. Wir leben nicht in der Nostalgie, aber wir freuen uns darüber. Nicht mehr und nicht weniger. Das hat mit dem heutigen Fußball nichts zu tun. Die heutigen Teamspieler waren damals noch gar nicht auf der Welt. Die haben das Spiel wahrscheinlich noch nie gesehen. Nur die Journalisten sprechen immer über Córdoba. Was soll dieser Vorwurf? Diesen Blödsinn höre ich mir schon zu oft an. Sollen wir uns nicht freuen, wenn wir ein Mal in 50 Jahren die Deutschen schlagen? Es sei in das Gebetbuch von Herrn Breitner geschrieben: Wir werden Córdoba nicht vergessen. Und er soll froh sein, dass er damals nicht dabei war.

ÖSTERREICH: Warum ist dieses Fußball-Duell emotional so aufgeheizt?

Hans Krankl: In diesem Spiel tritt der kleine Bruder gegen den großen Bruder an. Wie bei allen Geschwistern neckt der große Bruder den kleinen immer und haut ihm auf den Schädel. Und der kleine Bruder möchte auch einmal zeigen, dass er stark ist. So einfach ist die Geschichte dieses Duells. Wir wollen einfach einmal beweisen, dass auch wir gute Fußballer haben. Selbst wenn wir wissen, dass die Deutschen das bessere Material, die größeren und besseren Vereine haben.

ÖSTERREICH: Haben wir Chancen zu gewinnen?

Hans Krankl: Chancen gibt es im Fußball immer. Aber natürlich ist es ein Spiel David gegen Goliath. Auch wenn Goliath derzeit ein wenig schwächelt – wenn auch auf sehr hohem Niveau. Unser Team ist besser geworden, weil viele im Ausland spielen. Aber es muss alles stimmen: Die Mannschaft muss einen top Tag erwischen. Und die Deutschen müssen so spielen, wie sie zuletzt gespielt haben. Aber es ist sehr schwer.

ÖSTERREICH: Wie lautet Ihr Tipp für das Match?

Hans Krankl: 3:2 für Österreich.

ÖSTERREICH: Paul Breitner meint, dass die Österreicher deswegen im Fußball bedeutungslos sind, weil Schmäh für einen Sieg zu wenig ist. Eine berechtigte Kritik?

Hans Krankl: Das ist absolut falsch. Unsere Fußballer sind genauso bereit, sich zu quälen, wie jeder deutsche Fußballer. Ich frage mich, wie er zu dieser Ansicht kommt. Hat er schon jemals einen österreichischen Klub trainiert?

ÖSTERREICH: Wie sehr wird uns David Alaba fehlen bei diesem Duell?

Hans Krankl: Schade, dass er verletzt ist. Aber jeder Fußballer muss ersetzbar sein. Mir wäre lieber, wenn er dabei sein kann, weil es für ihn eine große Aufgabe gewesen wäre.

ÖSTERREICH: Österreich gegen Deutschland ist nicht nur Córdoba, sondern auch Gijon …

Hans Krankl: Das Match war eine Schande und grauslich.

ÖSTERREICH: War Ihnen das während des Matches bewusst?

Hans Krankl: Das war kein abgesprochenes Match. Unser Team war in keiner guten Verfassung. Und den Deutschen hat das eine Tor genügt. Aus dieser Konstellation können solches Matches entstehen.

 

Breitner: "Nur gegen uns reißt ihr euch den Arsch auf"

ÖSTERREICH: Am Dienstag kommt es wieder zum Klassiker-Duell Österreich gegen Deutschland. Wie hoch werden wir verlieren?

Paul Breitner: Wenn die deutsche Mannschaft in Normalform ist, sehe ich für Österreich keine Chance. Ich rechne mit einem klaren Sieg.

ÖSTERREICH: Was tippen Sie?

Paul Breitner: Klarer Sieg bedeutet eine spielerische Überlegenheit mit zwei Toren Unterschied. Also keine Tore aus Standardsituationen.

ÖSTERREICH: Warum schaffen wir den Anschluss nicht?

Paul Breitner: Ich wurde lange nicht richtig verstanden, als ich gesagt habe: In Österreich wird AUCH Fußball gespielt. Das AUCH bedeutet, Skifahren ist einfach wichtiger. In Deutschland ist Fußball im Stellenwert auf Platz 1, 2, 3, 4, 5 und dann kommt lange nichts. Und bei euch ist es eben das Skifahren. Da hat Fußball keine rosigen Aussichten. Dazu kommt, dass eure Mentalität nicht zum modernen Fußball passt.

ÖSTERREICH: Was soll das bitte bedeuten?

Paul Breitner: Zeitgemäßer Fußball besteht zu 50 Prozent aus Kämpfen, Rennen und Fighten. Da hört sich das Scheiberl-Spiel, der Schmäh, das Gekünstelte und das Hackerlspiel auf. Diese österreichische Mentalität hat dafür gesorgt, dass Österreich im internationalen Fußball nur ab und zu präsent ist. Der zweite Punkt ist, dass die großen Talente erst seit wenigen Jahren früh ins Ausland gehen, um schon mit 14 oder 15 Jahren zu lernen, was im Fußball wichtig ist. Und wichtig ist, zu gewinnen und nicht den Gegner lächerlich zu machen.

ÖSTERREICH: Also, David Alaba hat den richtigen Weg gewählt …

Paul Breitner: Er hat alles, was ein ganz großer Fußballer braucht. Die Technik, die Schnelligkeit, den Willen und die Bereitschaft, sich zu quälen, und vor allem er hat das Hirn dazu. Normalerweise reißen sich die Österreicher nur den Arsch im Fußball auf, wenn es gegen Deutschland geht.

ÖSTERREICH: Warum ist dieses Duell so aufgeheizt?

Paul Breitner: Weil jedes Duell gegen Pfiekes ein zweites Córdoba für euch ist. Ich muss seit Jahrzehnten schmunzeln, dass eure Fans glauben, Österreich ist Weltmeister, wenn sie Deutschland schlagen. Dann kommt noch der Córdoba-Fluch dazu. Den wollten viele nicht kapieren. Ich habe immer wieder gesagt: Der Sieg war das Schlimmste, was dem österreichischen Fußball in den letzten 50 Jahren passieren konnte. Da haben alle, die sich in Österreich mit Fußball beschäftigen, aufgehört zu denken. Er war jahrelang ein Sargnagel für den österreichischen Fußball. Dieses Spiel gehört endlich zu den Akten gelegt.

ÖSTERREICH: Jetzt hat das österreichische Team mit Marcel Koller einen Schweizer Trainer. Passt die Schweizer Mentalität zu Österreich?

Paul Breitner: Es tut jede fremde Mentalität dem österreichischen Fußball gut. Ich hatte zweimal die Möglichkeit, Teamchef in Österreich zu werden. Damals habe ich gesagt, der Teamchef muss die Mentalität kennen und mit ihr umgehen können, er darf sie aber nicht haben.

ÖSTERREICH: Wie sehen Sie Marko Arnautovic. Was fehlt ihm zum Durchbruch? Steht ihm seine schwierige Persönlichkeit ihm Weg?

Paul Breitner: Das möchte ich nicht beurteilen, weil ich ihn im Gegensatz zu David Alaba nicht persönlich kenne. Aber er hat ein Riesentalent. Es warten viele darauf, dass er das konstant zeigt und nicht nur bei einem Spiel. Talente gab es schon viele. Und viele haben als ewiges Talent auch die Karriere beendet.

Interview: Ida Metzger

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.