Entthronter Titelverteidiger holt zum Rundumschlag gegen sein Team aus und freut sich, dass Hamilton nicht noch nachträglich Weltmeister wurde.
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Der entthronte Formel-1-Weltmeister Fernando Alonso hat einen Tag nach dem verlorenen WM-Finale in Brasilien mit seinem McLaren-Team abgerechnet und dabei harte Kritik geübt. Der spanische Doppel-Weltmeister machte vor allem die Taktik von Teamchef Ron Dennis, beide Silberpfeil-Piloten gegeneinander fahren zu lassen, hauptverantwortlich für das Scheitern. Dass Teamkollege Lewis Hamilton auf Grund eines McLaren-Protestes doch noch anstelle von Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen Weltmeister werden könnte, bezeichnete Alonso als "Witz."
"Hamilton wäre ein Witz"
Alonso bediente sich bei
seinem Rundumschlag hauptsächlich des spanischen Radiosenders Cadena Ser,
über den der entthronte Champion schon während der Saison immer wieder seine
Kritik am eigenen Team kundgetan hatte. Es wäre beschämend, wenn Hamilton
die Fahrer-WM dank eines erfolgreichen Protestes des McLaren-Teams doch noch
gewinnen würde. "Das wäre ein Witz und davon hatten wir in dieser Saison
schon genug. Es wäre eine Schande, ein Mangel an Respekt. Denn wer am Ende
die meisten Punkte hat, ist zurecht Weltmeister", sagte Alonso. "Wenn es
dennoch anders kommt, wäre der Sport beerdigt!"
McLaren-Protest
McLaren wird aber voraussichtlich innerhalb der
Siebentage-Frist gegen den Rennausgang in Sao Paulo Protest einlegen, weil
bei den BMW's und den beiden Williams die Benzintemperatur zu gering war.
Damit würden drei vor dem siebentplatzierten Hamilton ins Ziel gekommene
Autos aus der Wertung fallen und der junge Engländer könnte anstelle von
Räikkönen doch noch Champion sein.
Die FIA-Rennkommissare hatten in Brasilien den Vorfall ohnehin untersucht, nach sechs Stunden aber von Sanktionen abgesehen. Räikkönen, der zwei Rennen vor Schluss noch 17 Punkte zurückgelegen war, war damit dank seines Brasilien-Sieges vor dem Teamkollegen Felipe Massa mit 110 Zählern und nur einem Punkt Vorsprung auf Hamilton und Alonso (je 109) erstmals als Formel-1-Weltmeister fest gestanden. Als dritter Finne nach Keke Rosberg und Mika Häkkinen.
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Alonso und McLaren - purer Hass
Dass mit Alonso ausgerechnet ein
McLaren-Pilot hofft, dass der McLaren-Protest abgelehnt wird, überrascht
angesichts der über die ganze Saison gehenden Missstimmung bei
McLaren-Mercedes nicht. Und es beweist, dass die Beziehung zwischen dem
Spanier und dem dem britischen Team nun wohl endgültig am Ende ist.
"Haben es selbst vermasselt"
Denn nun kennt Alonso
keine Zurückhaltung mehr. "Die Saison war nicht sehr gut organisiert und
McLaren hat es selbst vermasselt. Vor allem mit den vielen falschen
Entscheidungen in der zweiten Saisonhälfte", zog Alonso vor allem über
Teamchef Dennis her, der beim vorletzten Rennen in China öffentlich
eingestanden hatte, dass man taktisch gegen Alonso und nicht gegen
Ferrari-Fahrer Räikkönen gefahren sei.
Lob für Ferrari
Das sei ein Bekenntnis der wahren Absichten
gewesen, so Alonso. "Danach waren mir die Hände und die Füße gebunden. Ich
hatte keine Kraft mehr, Entscheidungen zu fällen. Ich musste so fahren, wie
sie es wollten", sagte Alonso und ärgerte sich: "Ein paar Punkte mehr für
einen Fahrer, und wir wären jetzt Weltmeister. Für Ferrari hatte der Spanier
hingegen viel Lob übrig. "Sie haben einen besseren Job als alle anderen
gemacht."
Zukunft unklar
Ob Alonso 2008 seinen McLaren-Vertrag erfüllt, ist
dennoch offen. "Es ist kein Geheimnis, dass man mir diese Saison bei McLaren
nicht sehr geholfen hat", sagte der entthronte Weltmeister, hielt sich
bezüglich seiner Zukunft aber bedeckt. "Wahr ist, dass ich einen
McLaren-Vertrag und noch mit keinem anderen Team gesprochen habe", beteuerte
Alonso. Bei einem Wechsel sei aber derzeit eine Rückkehr zum Renault-Team,
mit dem er zweimal Champion geworden war, "nicht die erste Wahl".
Dennis: "Tritt ins Gesicht"
Bei McLaren-Mercedes saß
der Schock auch am Tag danach sehr tief. Teamchef Dennis sprach den von ihm
präferierten Jungpiloten Hamilton, der als jüngster Weltmeister der Formel 1
in die Geschichte eingegangen wäre, zumindest frei von Schuld, was die
Getriebeprobleme am Auto betrafen. "Es war ein Sensor-Fehler, das Auto ist
deshalb in den Neutral-Modus gegangen. Vielleicht ist es Lewis ein wenig zu
vorsichtig angegangen, aber am Ende haben wir die WM wegen eines
Getriebeproblems verloren", sagte Dennis. Das Ganze sei "wie ein Tritt ins
Gesicht". Dennis: "Wir hatten diesmal nicht die Perfektion, die wir stets
anstreben."
Ferrari: McLaren "macht Stress"
Bei Ferrari sieht man
McLaren als schlechten Verlierer, sollten die Briten tatsächlich Einspruch
einlegen. "McLaren macht damit unnötigen Stress. Wir haben die WM auf der
Straße gewonnen", ärgerte sich etwa Ferrari-Chef Luca di Montezemolo und
baute vor. "Selbst wenn es Disqualifikationen gibt, heißt das nicht
automatisch, dass die Punkte an andere gehen", so der Konzernchef. Er rate,
die Beurteilung der Situation professionellen Rennkommissären und nicht
irgendwelchen Amateuren zu überlassen.