Neun Tage nach seinem 25. Geburtstag steht Max Verstappen zum zweiten Mal als Formel-1-Weltmeister fest.
Der Niederländer ist zwar nicht der jüngste Pilot mit zwei Titeln, mit 32 Rennsiegen und 74 Podestplätzen bei 159 Grand-Prix-Starts aber in seiner Altersklasse allen anderen inklusive Sebastian Vettel weit voraus. Gut möglich, dass Verstappen, der gemäß Vertrag bis zumindest 2028 bei Red Bull Racing bleiben wird, einmal in die Riege der Rekordweltmeister aufsteigt.
"Ich habe keine Antwort, außer: Kappe ab. Das ist ein Jahrhunderttalent", adelte der dreifache Weltmeister Niki Lauda Verstappen nach dessen Debütsieg 2016 in Spanien. Damals avancierte er als 18-Jähriger in Montmelo zum jüngsten Grand-Prix-Sieger der Geschichte. Experten sagten dem Red-Bull-Wunderkind eine glänzende Karriere voraus. "Sein Leben ist Rennfahren - und das ist alles", meinte Jacques Villeneuve, der Titelträger von 1997.
Debüt ohne KfZ-Führerschein
Als Verstappen 2015 bei Toro Rosso sein Formel-1-Debüt in der Königsklasse gab, hatte er nicht einmal einen KfZ-Führerschein. Das hielt ihn allerdings nicht davon ab, waghalsige Manöver wie ein Routinier zu zeigen, mit denen er das gemeine Publikum und die Fachwelt gleichermaßen verblüffte. In Spa etwa ging er in der Blanchimot-Kurve in höchstem Tempo außen am Brasilianer Felipe Nasr vorbei. Vom Motorsport-Weltverband (FIA) bekam er dafür den Preis für das "Manöver des Jahres" verliehen.
Die Rennfahrer-Gene hatte der 1997 im belgischen Hasselt geborene Verstappen von seinen Eltern mitbekommen. Vater Jos war in den 1990er-Jahren eine Weile Weggefährte von Michael Schumacher bei Benetton, brachte es bei 106 Starts zu zwei dritten Plätzen. Seine Mutter Sophie Kumpen fuhr Kart, gewann unter anderem den prestigeträchtigen Margutti-Pokal. Max begann im Alter von vier Jahren mit dem Kartsport. Auch seine jüngere Schwester Victoria, die heute für ihren Bruder arbeitet, galt in dem Metier als talentiert.
Das Können von Max Verstappen, der von seinem Vater regelrecht zum Formel-1-Piloten gedrillt wurde, blieb auch Red Bull nicht verborgen. Motorsport-Konsulent Helmut Marko gilt neben seinem Vater als wichtigster Initiator seiner Karriere. "Von vier bis 16 Jahren hat mich sicher mein Vater am stärksten gefördert. Dann war es eine Mischung aus meinem Vater und Dr. Marko", sagte Verstappen. "Mir war klar, dass da was Außergewöhnliches kommt", urteilte Marko einmal.
Verstappen ersetzt Kwjat nicht nur im Cockpit
2014 kam Verstappen in die europäische Formel 3, in jener Saison gelangen ihm zehn Siege. Am 15. März 2015 bestritt er in Melbourne sein erstes Formel-1-Rennen. Nach 23 Einsätzen für Toro-Rosso-Ferrari wurde er am 5. Mai 2016 anstelle von Daniil Kwjat ins Red-Bull-Cockpit gesetzt. Die mutige Entscheidung traf Marko mit Red-Bull-Patron Dietrich Mateschitz. Gleich bei seiner Premiere im "Bullen"-Boliden fuhr Verstappen mit 18 Jahren und 228 Tagen den ersten Sieg heraus. Fünfeinhalb Jahre später sollte er sich in einem hochdramatischen Finale in Abu Dhabi den ersten Titel holen, womit eine riesige Last von seinen Schultern fiel.
Pikanterweise hat Verstappen Kwjat auch als Mann an der Seite von Kelly Piquet ersetzt. Die Tochter von Ex-Weltmeister Nelson Piquet hat aus der Beziehung mit dem Russen eine Tochter, Verstappen gibt in Monaco den Ersatzvater für die Dreijährige. Im steuerfreundlichen Fürstentum hat er es sich seit 2015 mit mehreren Katzen und einem Rennsimulator gemütlich gemacht.
Auf der Rennstrecke wird Verstappen, der im August 2022 zum Offizier des Ordens von Oranien-Nassau ernannt wurde, selbst zum Tier. "Er reizt alles bis zum Limit aus, unabhängig von den äußeren Bedingungen, weil er eine unglaubliche Kontrolle über das Auto hat", sagte Marko. Dass Verstappens Erfolgsgeschichte demnächst endet, kann sich der Steirer nicht ausmalen: "Rennfahren ist sein Element. Ich kann mir vorstellen, dass er auf diesem Level noch ein Jahrzehnt weitermacht."
Verstappen verriet in der ihm gewidmeten Spezialausgabe des Red Bulletin, dass er es nicht leiden könne, "hinten im Feld herumzufahren. Wenn das der Fall ist, fahre ich lieber in einer anderen Serie." 24-Stunden-Rennen würden ihn reizen, wie er sie bereits virtuell streamend auf Plattformen wie Twitch bestreitet. Es gebe aber auch eine Menge anderer Dinge abseits der Strecke, die er gerne tun würde. "Ich würde gern einmal eine Kartstrecke bauen und vielleicht ein eigenes Team gründen", meinte er in Hinblick auf die Zukunft. Derzeit mache ihm die Formel 1 aber noch eine Menge Spaß, beruhigte er seine Fans.