Super-Rookie lässt sich vor seinem historischen Titelgewinn auch durch viel Lob ehemaliger Motorsportgrößen nicht aus der Ruhe bringen.
Schon vor dem Showdown in Shanghai wird Lewis Hamilton mit Komplimenten überschüttet. Doch der Senkrechtstarter der Formel 1 lehnt alle vorzeitigen Glückwünsche ab. "Es wurde in den letzten Tagen viel über die Meisterschaft geredet, aber ich verdränge das", sagte der Engländer, der kurz vor einem historischen WM-Titel steht. Die erneuten Sticheleien von Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo stören ihn nicht. "Wenn Hamilton Weltmeister wird, dann nur, weil in seinem Auto viel von einem Ferrari steckt", behauptete Di Montezemolo mit Blick auf die Spionage-Affäre zwischen Ferrari und dem Hamilton-Team McLaren-Mercedes.
Historischer Titel in Reichweite
Mit einem Sieg am kommenden
Sonntag beim Grand Prix von China - es wäre sein insgesamt fünfter - kann
Hamilton als erster Pilot im ersten Lehrjahr das Meisterstück perfekt
machen. Mit gerade einmal 22 Jahren und 9 Monaten wäre der neue Stern der
Silberpfeile auch der mit Abstand jüngste Champion. Auch diesen Rekord würde
er seinem Stallrivalen Fernando Alonso rauben. Der Noch-Weltmeister aus
Spanien war bei seinem ersten WM-Gewinn 24 Jahre und 58 Tage alt, Michael
Schumacher holte seinen ersten von sieben Titeln erst mit 25 Jahren und 314
Tagen.
Haug schreibt Alonso noch nicht ab
Auch wenn
Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug nach Hamiltons Sieg beim Regenrennen in
Japan von einer "Vorentscheidung" sprach, will er auch Alonso nicht ganz
abschreiben: "Fernando kann bei entsprechendem Ergebnis den 'turn around'
schaffen und seine Titelchancen bis zum Finale in Brasilien wahren."
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Zahlenspiele
In Zahlen ausgedrückt: Hamilton hat vor dem
vorletzten Saisonrennen insgesamt 107 Punkte, Alonso 95. Dahinter hofft
Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen (90) auf seine theoretische Chance. Gewinnt
Hamilton, hat er den Titel. Holt Alonso nur einen Punkt mehr als Hamilton,
ist der Brite ebenfalls vor dem Finale am 21. Oktober in Sao Paolo am Ziel.
Hamilton hat "alle verblüfft"
"Ich denke, dass
niemand dies vorausgesagt hat, jeder wusste zwar, dass er gut ist, aber er
hat alle verblüfft", sagte Hamilton-Landsmann und Ex-Weltmeister Damon Hill.
Hamilton stand in 14 von 15 Rennen auf dem Podest. Der britische PR-Experte
Max Clifford prophezeite Hamilton in der Londoner "Times" bereits eine
rosige Zukunft: "Er könnte der bestverdienende britische Sportler werden."
Eines ist aber sicher: Selbst wenn Alonso oder Ferrari-Pilot Räikkönen
Hamilton kurz vor der Zielflagge abfangen würden, "Meister der Herzen" ist
der Strahlemann schon jetzt. Auch die Kollegen gönnen ihm den Erfolg: "Ich
denke, er hat den Titel verdient", sagte Renault-Pilot Heikki Kovalainen vor
dem 16. von 17 WM-Läufen.
Alonso "gibt nicht auf"
Alonso, um dessen Zukunft sich
weiter wilde Spekulationen ranken, übte sich in Durchhalteparolen: "Ich gebe
nicht auf." Doch zumindest beim Fahrerkarussell gibt er das Tempo vor.
Bleibt er, wie es sein Vertrag verheißt, oder flüchtet er nach einem Jahr
wieder zurück zu Renault? Flavio Briatore, Teamchef der Franzosen und
ehemaliger Alonso-Manager, bekräftigte sein Interesse am Ex-Schützling. "Ich
habe Fernando gesagt, dass wir ab jenem Moment, in dem er von McLaren frei
gestellt ist, froh sein würden, ihn zurück zu bekommen", zitierte ihn die
"Gazzetta dello Sport". Briatore fügte hinzu: "Ich wäre dumm, das
abzulehnen."