Niederösterreicher nimmt beim neuen "Brawn GP"-Team wieder Rolle als Ersatz-Pilot und Entwickler ein.
Die große Zeit der Testfahrer in der Formel 1 ist vorüber. Alexander Wurz ist den neuen Boliden des Rennstalls Brawn GP noch nicht einmal gefahren, befindet sich auch nicht bei den laufenden Tests in Barcelona. Dennoch ist der 35-jährige Österreicher weiter für den Nachfolge-Rennstall von Honda tätig. Sein Vertrag gilt noch für ein weiteres Jahr. "Die Tätigkeit verschiebt sich aber eher in eine Beratungsfunktion", erklärte Wurz.
Kaum mehr Testfahrten
Das neue Reglement in der Königsklasse
verbietet aus Kostengründen Testfahrten während der Saison. Vor deren Beginn
am 29. März in Melbourne sollen sich vor allem die Stammfahrer an das stark
veränderte Auto gewöhnen. Für Wurz hat sich durch die Übernahme von Honda
durch Privatier Ross Brawn praktisch nichts verändert. Der
Niederösterreicher ist weiter bei allen Grand Prix als Ersatzfahrer für
Jenson Button und Rubens Barrichello dabei.
Eher Berater
"Ich werde aus Fahrersicht mitarbeiten, mein
Einfluss minimiert sich aber durch das Reglement", sagte Wurz. Aufgrund der
limitierten Testkilometer habe sich seine Mitarbeit zuletzt auf Tests auf
dem Simulator in der Fabrik in Brackley beschränkt. "Es war schon lässig,
die Autos immer wieder zu fahren. Aber die große Ära der Testfahrer, die ich
mit ins Leben gerufen habe, ist vorbei", meinte Wurz.
Top-Entwicklungspilot
Der 69-fache GP-Pilot, der nach seinem
Karriereende bei Williams 2008 als Honda-Tester angeheuert hatte, gilt
allerdings immer noch als einer der besten Entwicklungspiloten. In dieser
Rolle empfahl er seinem Team, aus Zeitgründen gänzlich auf das neue
Hybridsystem KERS zu verzichten. Dieses erlaubt es in der kommenden Saison,
einen durch Energierückgewinnung aus den Bremsen betriebenen Elektromotor
für einige Sekunden pro Runde beizuschalten.
Verzicht auf KERS
Durch die späte Übernahme fehlen Brawn
allerdings die Testkilometer. "Daher habe ich es meinem Team nahegelegt,
ohne KERS anzutreten. Das ist zwar im Zeittraining ein Nachteil, dafür sind
wir in puncto Standfestigkeit auf der sicheren Seite", erklärte Wurz. Zudem
beeinflusse das System durch sein Gewicht von zumindest 30 kg das
Fahrverhalten entscheidend. Im Gegensatz zu den Topteams dürfte Brawn also
ohne die zusätzlichen PS auskommen.
Ewiges Duell an der Spitze
An der Spitze erwartet Wurz auch für
die kommende Saison mit gänzlich neuer Aerodynamik und der Rückkehr zu
profillosen Reifen Ferrari und McLaren. "Das Kräfteverhältnis ändert sich
aber durch das Reglement - vor allem im Mittelfeld", meinte Wurz. Dort
ordnet der Ersatzmann auch sein eigenes Team ein, wenngleich sich noch keine
seriöse Prognose abgeben lasse. "Das Auto ist auf jeden Fall
konkurrenzfähiger als im Vorjahr", betonte Wurz.
Viel schlechter kann es auch nicht sein. Honda hatte 2008 lediglich Platz neun in der Konstrukteurs-WM belegt. Die harte Verbesserungsarbeit wollte Teamchef Brawn durch den Ausstieg des Autokonzerns nicht zunichtegemacht sehen, er übernahm kurzerhand den Rennstall samt dessen Mitarbeitern. "Wir sind vor allem aerodynamisch sehr gut vorbereitet. Schade ist nur, dass wir nicht alle Wintertests bestreiten konnten", meinte Wurz. "Dadurch können wir sicher nicht das ganze Potenzial des Autos abrufen."