Schlamperei

Diskuswerfer Mayer hat nicht gedopt

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Labor Seibersdorf beging Etikettierungsfehler trotz vierfacher Kontrolle.

Ein "menschlicher Fehler" im Dopingkontrolllabor Seibersdorf hat Österreichs Diskuswerfer Gerhard Mayer (SV Schwechat) zuletzt mit dem Vorwurf eines Dopingfalls konfrontiert. Zu Unrecht, wie sich nun herausgestellt hatte. Ein Etikettierungsfehler im Zuge der Analyse der A-Probe in Seibersdorf führte zu einer Verwechslung, die positive A-Probe stammt nicht von Mayer, sondern von einem auch von Seibersdorf-Leiter, Dr. Günter Gmeiner, nicht benannten, anderen Athleten.

Mehr als 20.000 Tests
"Wir sind seit 6 Jahren ein bei der WADA akkreditiertes Labor. Wir haben seither mehr als 20.000 Tests hinter uns, es ist erstmals zu so einem Zwischenfall gekommen", meinte Gmeiner. "Bedauerlich ist, dass der Fehler erst nach der A-Probe erkannt wurde." Exakt gibt es bei den diversen Proben eine interne Labornummer sowie einen externen Nummern-Code. Vier verschiedenen Mitarbeitern ist bei vier Tests im Zuge der A-Probe nicht aufgefallen, dass die zwei mittleren Ziffern des sechsstelligen Codes nicht übereingestimmt haben bzw. verdreht waren.

Fehler bei B-Probe aufgeflogen
Erst im Zuge der Vorbereitungen der vom verzweifelten Mayer geforderten B-Probe wurde das Missgeschick dann entdeckt. Gmeiner musste sich freilich den Vorwurf gefallen lassen, dass man vielleicht nur durch Mayers Absicht, die B-Probe aufzumachen, den Fehler bemerkt hätte. Allerdings werde, so Gmeiner, vor dem Zerstören der B-Probe ein weiterer Check gemacht. "Der Analysenprozess ist erst mit der B-Probe abgeschlossen", so Gmeiner, der die Außerordentlichkeit dieses Fehlers eingestand. "Aber auch bei mir im Labor arbeiten nur Menschen."

Mayer: "Wie Leichenstarre"
Auch wenn die Wahrscheinlichkeit, dass die B-Probe nicht die A-Probe bestätigt, eine sehr geringe ist, der Schutz des Athleten steht bis zur Auswertung der B-Probe im Vordergrund. Trotzdem haben undichte Stellen den Sportler mit Verdächtigungen konfrontiert. "Die letzte Zeit war eine Katastrophe für mich. Wie Leichenstarre. Ich habe die Nachricht von der positiven Probe anfangs nicht geglaubt. Es ist mir fast der Kopf zerbrochen. Ich habe alles durchdacht, jede Kleinigkeit hinterfragt, um einen Punkt zu finden, wie das Ergebnis zustande gekommen sein kann, aber es hat nirgendwohin hingeführt", meinte der 27-jährige SV-Schwechat-Athlet, der heuer bei der Universiade Gold geholt hatte und sich nun wieder ganz auf das Erreichen des Olympia-Limits (62,50 m/personal best: 62,85) konzentrieren kann.

Kein Training
Zwei Wochen habe er nicht trainieren können, weil er den Kopf nicht dafür freihatte. Außerdem wurde er von verschiedensten Seiten, obwohl es Geheimhaltungspflicht in einem schwebenden Verfahren gibt, konfrontiert. "An einem Vormittag hat bei mir 30 Mal das Telefon geläutet. Leute haben auch bei meinem Verein SVS angerufen und gesagt, dass sie Beweise haben. Als ich gestern von dem Irrtum erfahren habe, war das eine unglaubliche Erleichterung." In seiner Verzweiflung hatte er sogar einen Lügendetektor-Test geplant. Normalerweise, so Mayer, liege die Wahrscheinlichkeit eines Labor-Irrtums bei zwei Prozent.

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Wieder Nahrungsergänzungsmittel
Daher hatte er zunächst kontaminierte Nahrungsergänzungsmittel vermutet und diese in Seibersdorf testen lassen wollen. Dies darf Seibersdorf als WADA-Labor allerdings nur, wenn das Labor von einer Anti-Doping-Organisation in Verbindung mit einem Dopingfall beauftragt wird. Sportler dürfen also nicht mit ihren Nahrungsergänzungsmitteln nach Seibersdorf kommen, um dort die Reinheit ihrer Produkte testen zu lassen. Die WADA verbietet dies auch aus dem Grund, so Gmeiner, weil sie verhindern will, dass die Firmen mit der WADA ihre Produkte bewerben.

Restrisiko
Gmeiner ist mit der WADA diesbezüglich aber weiterhin in Gesprächen, um die Sportler besser zu schützen. "Wir sind in Österreich sicher das kompetenteste Institut. Es besteht zwar immer noch ein Restrisiko, aber das liegt bei einem Promille. Ist das Produkt nicht getestet worden, liegt das Risiko ca. bei 20 Prozent."

Keine Vorverurteilungen
ÖLV-Präsident Johann Gloggnitzer ist glücklich, dass "sich die schädlichen Spekulationen aufgelöst haben. Das aktuelle Geschehen zeigt aber, wie wichtig es ist, die Rechte der Athleten zu wahren und Sportler nicht öffentlich zu verdächtigen. Ich bin erschüttert, dass in einem Dopingkontrolllabor eine solche Verwechslung passieren kann, will aber nicht den Stab über jemanden brechen. Letztlich ist der Fehler durch die Kontrollmechanismen des Verfahrens aufgedeckt worden."

Wer lieferte positive Probe ab?
Gmeiner wollte über die Herkunft bzw. die Sportart der falschen A-Probe, die freilich einem anderen Athleten bzw. Athletin zugeordnet wurde, keine Auskunft geben. Da Tests aus aller Welt in seinem Labor bearbeitet werden, muss es sich nicht einmal über einen Fall aus Österreich handeln. Auch, ob der Termin für die B-Probe für Elmar Lichtenegger schon angesetzt wurde, wollte der Labor-Leiter nicht verraten.

Undichte Stelle
Was bleibt, ist neben dem auch für Gmeiner sehr unangenehmen Fehler freilich der Beigeschmack, dass es irgendwo doch eine undichte Stelle gegeben haben muss. Was ÖLV-Generalsekretär Roland Gusenbauer, im Verband für Doping zuständig, strikt verneint. Nach der A-Probe sowie der Bestätigung durch die B-Probe habe der Athlet im Verfahren noch eine Möglichkeit zu einem Hearing. Erst wenn der Verband eine Sperre mit Berufungsfrist ausspricht, würde der Verband mit dem Namen an die Öffentlichkeit gehen. Niemals vorher, so Gusenbauer. Zwischen B-Probe und Veröffentlichung vergehe in der Regel ein Monat.

ÖLV-Präsident Gloggnitzer verabschiedete sich mit einem Weihnachtswunsch: "Wir werden bei den Olympischen Spielen ein nicht sehr großes Team haben. Ich wünsche mir, dass der Gerhard Mayer dabei ist."

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