Der ehemalige Ruder-Nationaltrainer Martin Kessler hat Blutabnahmen von ihm betreuter Sportler bei Humanplasma eingestanden. Wie die ehemalige Weltkasseläuferin Stephanie Graf gibt der Vorarlberger aber an, die Blutkonserven seien niemals refundiert worden. Damit läge kein Doping vor.
"Es stimmt, dass ich dort war. Es stimmt, dass Blutabnahmen stattgefunden haben, aber niemals eine Blutrückfuhr", sagte der nunmehrige Leiter des Sportservice des Landes Vorarlberg zur Tageszeitung "Vorarlberger Nachrichten". Humanplasma hatte Kessler am Dienstag neben dem ehemaligen Langlauf-Trainer Walter Mayer und Sportmanager Stefan Matschiner als Drahtzieher der Blutdopingpraktiken genannt. Bereits Ende 2009 hatte die Tageszeitung "Kurier" über Kessler als einen der Hintermänner berichtet.
Die Idee, mittels Blutabnahmen Leistungssteigerungen zu erzielen, sei nicht als Doping zu verstehen, meinte Kessler. "Im Trainerteam haben wir damals nachgedacht, wie wir die Leistung unserer Athleten verbessern können. Unser Gedanke war folgender: Wir lassen Blut abnehmen, der Körper bildet daraufhin frisches, sauerstoffreicheres, was zu einer Leistungssteigerung führt. Das hatte nichts mit Doping zu tun, sondern war ein legaler Weg. Wir wollten damit ein Höhentraining simulieren. Deshalb habe ich bei Humanplasma vorgesprochen", lautete die Erklärung des Ex-Erfolgstrainers (1997 bis 2005) der österreichischen Ruderer.
"Das Experiment hatte nicht den gewünschten Effekt gebracht und so sind wir damals davon abgekommen. Danach hatte ich keinen Kontakt mehr mit Humanplasma", erklärte der 48-jährige Vorarlberger. Humanplasma hatte dagegen am Dienstag mitgeteilt, dass die "Organisatoren" Mayer, Kessler und später auch Matschiner die Konserven zur Rückführung in den Firmenräumlichkeiten auch abgeholt hätten.
Um seine berufliche Zukunft macht sich Kessler keine Sorgen. "Warum denn? Es ist ein völlig anderer Job, den ich hier mache. Ich bin kein Trainer mehr. Man sollte nicht verschiedene Dinge vermischen", betonte Kessler, der seit September 2005 Leiter des Referats Sport beim Amt der Vorarlberger Landesregierung und Geschäftsführer am Olympiastützpunkt Dornbirn ist. Seit 1. Jänner 2010 ist er Geschäftsführer des Sportservice Vorarlberg, wo er auch erste Anlaufstation für Kaderathleten ist.
Unter seiner Führung als Nationaltrainer hatten Österreichs Ruderer mit WM-Gold, WM-Bronze und etlichen Weltcupgesamtsiegen historische Erfolge geschafft. Die "Sportwoche" hatte im Vorjahr von vier Ruderern berichtet, die vor den Olympischen Spielen 2004 in Athen bei Humanplasma gewesen sein sollen.
Die Nationale Anti-Doping Agentur (NADA) lässt derzeit von Experten prüfen, ob Sportler und Betreuer, die in den Ermittlungsakten der SoKo Doping mit Manipulationsvergehen in Verbindung gebracht werden, belangt werden können. Geklärt soll dabei auch die Frage werden, ob die Abnahme des Blutes bereits als Dopingtatbestand geahndet werden kann. Graf, die Anfang 2004 zurückgetretene Olympia-Zweite über 800 m von Sydney, die eine Blutabnahme bei Humanplasma im Jahr 2003 bereits vor einigen Monaten eingestanden hat, ist bisher unbehelligt geblieben.
Neben Graf, dem geständigen Ex-Radprofi Bernhard Kohl, sind nach Angaben von Humanplasma zwischen 2003 und 2006 rund 30 Sportler zu Blutabnahmen bei Humanplasma gewesen. Dopingvergehen verjähren nach acht Jahren.