FINA macht Kehrtwende, erlaubt wieder alle Anzüge - Meinungen sind geteilt.
Der Internationale Schwimm-Verband (FINA) hat seine Anzug-Entscheidung revidiert und am Montag für den Rest des Jahres auch wieder alle umstrittenen Produkte zugelassen. Darunter befinden sich auch der "Jaked 01" und - leicht modifiziert - der "Arena X-Glide", mit beiden wurden schon Weltrekordzeiten erzielt. Diese und acht weitere Anzüge waren am 19. Mai generell verboten worden, u.a. da sie zu viel bzw. gänzlich aus Neopren bestünden und damit zu viel Auftrieb geben würden.
Absurde Forderung
Nun ist für den Weltverband aber wieder alles
anders. Laut offizieller Aussendung wäre die Zeit zu knapp gewesen, um die
Anzüge ausreichend darauf zu prüfen, ob sie die Richtlinien erfüllen. Die
umstrittene FINA-Schlussfolgerung lautete, alle Produkte vorübergehend
zuzulassen, ehe am 1. Jänner neue Richtlinien erlassen werden sollen.
Gleichzeitig wies die FINA darauf hin, dass alle erlaubten Anzüge bei den
Weltmeisterschaften vom 26. Juli bis 2. August in Rom für alle verfügbar
sein müssen.
Das ist aber nur Theorie, wie Coach Helge Gödecke weiß. "Es gibt keine Chance, jetzt noch einen Blue Seventy oder einen X-Glide zu bekommen", meinte der Trainer. "Die FINA macht sich ja lächerlich." Der Deutsche bezeichnete die Entscheidung als Katastrophe, u.a. da die Unternehmen in den bis zur WM verbleibenden fünf Wochen nie mit der Produktion für alle nachkommen und somit keine Chancengleichheit bestünde.
Einstweilige Verfügung eher sinnlos
Der mit seinen fünf
WM-Schützlingen derzeit auf Höhentrainingslager in der Sierra Nevada
weilende Gödecke erwog deshalb, der FINA-Entscheidung per Einstweiliger
Verfügung einen Riegel vorzuschieben. Das hält OSV-Generalsekretär Thomas
Gangel für wenig chancenreich, auch wenn er mit Gödecke hinsichtlich des
FINA-Beschlusses einer Meinung ist.
"Sauerei"
"Das ist eine Sauerei", sagte der Funktionär.
"Bei der WM wird es so keine Chancengleichheit geben, da es nicht für alle
möglich ist, sich die Anzüge zu holen." Konkret müssen die Athleten bis 13.
Juli dem österreichischen Verband alle ihre Anzüge abliefern, die
OSV-Verantwortlichen müssen die Badebekleidung bis 15. Juli in Rom
plombieren lassen. Nur diese Anzüge dürfen dann auch bei der WM getragen
werden.
Rogan freut sich
Markus Rogan freilich freut sich auf die bis
dahin drei verbleibenden Wochen. "Das wird jetzt ein Dynamik. Das wird ein
Kampf um den besten Ausrüster", schwimmt der Kurzbahn-Weltmeister und
-Weltrekordler mit seiner Meinung gegen den Strom. In welchem Produkt er
selbst bei den Rom-Titelkämpfen antreten wird, weiß er noch nicht. "Es kommt
jetzt darauf an, wer mir den besten Anzug liefert. Ich warte auf Angebote."
Jukic unentschlossen
Mirna Jukic sieht das nicht so locker. Die
Europameisterin wurde Montagmittag von ihrem Bruder und "Leidensgenossen"
Dinko Jukic über die FINA-Entscheidung informiert. "Ich muss mir das jetzt
überlegen", meinte die 23-Jährige zu ihrer künftigen Anzugwahl. "Wir werden
das mit Papa (Anm.: Trainer Zeljko Jukic) besprechen." Für die Wienerin war
nicht klar, dass sie zwingend zu Jaked zurückwechselt, obwohl sie heuer
damit schon drei Europarekorde markiert hatte.
"Ich werde mit dem Anzug schwimmen, mit dem ich mich am wohlsten fühle", sagte Jukic. Die Wienerin hatte bis Ende 2008 einen Vertrag mit Speedo, ist nun aber vertragslos und froh darüber. Denn so ist die Olympia-Dritte in ihrer Anzugwahl frei, sofern das gewählte Produkt für sie auch verfügbar ist. Anders verhält es sich bei Kraul-Ass Filippo Mangini. Der Italiener hat im Laufe des vergangenen Monats im Glauben an das Jaked-Verbot bei Speedo unterschrieben.
Seine Nationalteam-Kollegen können nun aber wieder auf den Jaked 01 zurückgreifen, Jaked ist ja Generalausstatter der Italiener. Das war für die FINA-Entscheidung sicher nicht unwesentlich. Magnini aber hatte eine Genehmigung zum Wechsel. Für Fabienne-Nadarajah-Trainer Robert Michlmayr ist klar, dass kräftigere Athleten nun wieder bessere Karten haben: "Sie sind in Neopren-Anzügen schneller, auch wenn sie eine schlechtere Technik haben."
Run auf "Jaked"-Anzüge
Michlmayr hat
Montagvormittag gleich nach der FINA-Entscheidung für Nadarjah und den
teilweise auch unter seiner Ägide stehenden Sebastian Stoss Jaked-Anzüge
bestellt. Gödeckes Truppe vertraut aber auf das zuletzt im Training erprobte
Material. So wird David Brandl die WM in Speedo schwimmen und Dominik Koll
sowie Nina Dittrich im Revolution von Arena antreten. Nur Jördis Steinegger
scheint noch unschlüssig.
Fragezeichen hinter WM-Quali
Pikant kann es in Österreich noch in
einer WM-Quali-Streitfrage werden. Der Wiener Bernhard Wolf blieb nämlich
Mitte Juni bei den Internationalen Wiener Meisterschaften im Wiener
Stadthallenbad knapp unter dem WM-Limit, allerdings in einem damals
verbotenen Jaked-Anzug. Gangel meint, dass man sich im Fall einer
WM-Antrittsforderung für Wolf mit dieser Frage zumindest einmal beschäftigen
werde.