Irre Pleitenserie

Steckt Thiem in der Liebes-Falle?

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Nach dem Vorrunden-Aus startet Thiem seinen Urlaub sehr nachdenklich.

Die vierte volle Saison auf der Tennis-ATP-Tour ist für Dominic Thiem seit Freitag Geschichte. Nach seinen zweiten ATP Finals en suite verließ der 24-jährige Niederösterreicher London mit ganz anderen Gedanken als im Vorjahr. Schließlich hatte er vor dem letzten Gruppen-Spiel gegen David Goffin eine ausgezeichnete Semifinal-Chance gehabt, dann aber beim 4:6,1:6 eine schwache Leistung geboten.

Darum beginnt Thiem nach dem Vorrunden-Aus seinen rund zehntägigen Urlaub sehr nachdenklich. In den letzten sechs Turnieren gewann er nur drei Matches – für die Nummer vier der Welt ein katastrophaler Jahresabschluss. Pech im Spiel, Glück in der Liebe könnte man meinen. Jetzt geht es für Thiem mit Tennis-Freundin Kristina Mladenovic in den Urlaub.

Mit ihr will Dominic die Akkus aufladen, bevor Ende November in Teneriffa die Vorbereitung auf 2018 beginnt. Während Thiem mit Herzblatt „Kiki“ abtaucht, gibt‘s knallharte Kritik von Betreuer Günter Bresnik. „Er hat alle Möglichkeiten in der Hand und er ruft es nicht ab“, ärgert er sich.

Thiem kämpfe viel zu lange mit Niederlagen herum anstatt sie abzuhacken. Bresnik: „Das mentale Gequassel geht mir auf die Nerven. Es geht um eine reine Konzentration und es ist Disziplinsache.“ Böse Zungen behaupten, Thiem sei auch deshalb nicht voll bei der Sache, weil er über beide Ohren in seine „Kiki“ verliebt ist. Fest steht: Mehr Urlaub als die zehn Tage gönnt Bresnik seinem Schützling nicht: „Ich habe noch nie einen Menschen gesehen, der Leistungen körperlicher Art erbringen muss, der durch Nichtstun besser wird.“

"Sehr bitter"

Eine Serie von sehr knappen Niederlagen, angefangen im Achtelfinale von Wimbledon sowie drei Niederlagen jeweils nach Matchbällen in den USA (u.a. gegen Juan Martin del Potro im US-Open-Achtelfinale) haben am Selbstvertrauen gekratzt, es folgte ein schwacher Herbst. Thiem selbst sprach erstmals vom "Knacks", den diese Negativserie hinterlassen hat, als einen der Gründe, warum er eigentlich gute Trainingsleistungen nicht umsetzen kann. "Sehr bitter, aber verlernt habe ich es sicher nicht." Guten Phasen folgen unerklärliche Löcher. "Da passieren Fehler, die unter jeder Kritik für einen Spieler wie mich sind", gesteht Thiem.

Da helfen ihm im Rückblick die ausgezeichneten Sandplatz-Ergebnisse mit dem einzigen Saison-Titel in Rio, den Finali beim Masters-1000 in Madrid und in Barcelona und natürlich die Halbfinali bei den French Open und in Rom nur bedingt. "Die Sandsaison war sehr gut, da gibt es nichts zu bekritteln. Aber alles andere war nicht sehr gut, daran muss ich ansetzen. Ich bin der vollen Überzeugung, dass ich ein besserer Spieler bin als die letzten Jahre auf allen Belägen, nur habe ich derzeit Schwierigkeiten, das ins Match umzusetzen", erklärte Thiem.

"Selbstverständlichkeit"

Der Urlaub kommt da vielleicht gerade recht. Ganz abschalten wird der achtfache Turniersieger aber wohl kaum können. "Ich muss rausfinden, wie ich das wieder hinbiege, wie die ganze Selbstverständlichkeit wieder zurückkommt. Ich hoffe, dass ich es nach dem Urlaub und Training bis Doha wieder hinkriege."

Vergeblich hat Thiem in der zweiten Saisonhälfte darauf gewartet, dass es wieder "klick" bei ihm macht. "Es wäre vielleicht möglich gewesen, dass mir ein Knopf aufgeht bei diesen großen Turnieren im Sommer. Das habe ich mir jedes Mal wieder verbaut mit diesen knappen Niederlagen. Das hängt mir sicher ein bisserl nach. Generell war die Saison, wenn man die Sandturniere ausnimmt, schwächer als letztes Jahr. Das ist nicht zu akzeptieren."

"Alles gut wie es jetzt ist"

Die lange Saison lässt Thiem zurecht nicht als Ausrede gelten. Ein Rafael Nadal, Alexander Zverev oder David Goffin (trotz sechs Wochen Verletzungsausfall) kommen auf knapp mehr Spiele als Thiem, der 2017 nach 76 Tour-Matches (49:27-Siege) abschließt. Zudem hat der Lichtenwörther ja seit den US Open auf der ATP-Tour in sechs Turnieren inklusive London nur zehn Matches gespielt (Davis Cup und Laver Cup nicht mitgerechnet) - seine Bilanz: 3 Siege, 7 Niederlagen. Es sei leichter Niederlagen zu akzeptieren, wenn es einen triftigen Grund dafür gäbe, sagte Thiem. Sogar wenn es Müdigkeit wäre. "Aber jetzt? Ich spiele (im Training) gut, fühle mich relativ fit und trotzdem baue ich die meiste Zeit einen Scheiß, das ist mühsam."

Fragen nach einem vielleicht nötigen zusätzlichen Mann in seinem Team, der sich um Mentalarbeit kümmert, schmettert Thiem ab. "Nein. Es ist alles gut wie es jetzt ist, aber ich brauche wieder einmal ein größeres Erfolgserlebnis, damit das ganze Werkl wieder ins Laufen kommt." Selbst ein Sieg im knappen Match gegen Dimitrow in London hätte diesen Knoten lösen können, meint Österreichs Tennis-Star. Aber es wurde wieder nichts: "Und das nervt einfach, das knabbert am Selbstvertrauen, an allem eigentlich."

"Sicher kann ich mich freuen"

Platz 5, den er ab Montag zum Saisonschluss wohl einnehmen wird, sofern nicht Jack Sock oder David Goffin Sensationssieger in London werden, freut ihn dennoch. "Sicher kann ich mich freuen, es ist das Ergebnis von einem ganzen Jahr. Wäre die Sandplatzsaison bis jetzt gewesen, wäre ich wahrscheinlich der glücklichste Mensch gerade." Nun liegen die Erfolge schon einige Zeit zurück, "aber das sollte die Leistung nicht schmälern".

Schon ehe es in die Vorbereitung geht, steht die Turnierplanung für das erste Halbjahr 2018: Doha, die Australian Open, der Heim-Davis Cup in St. Pölten, dann die Südamerika-Turniere in Buenos Aires, Rio, Acapulco sowie Indian Wells, Miami und die Sandsaison. Ob er Davis Cup im Falle eines Sieges im Februar dann auch im April spielt? "Zuerst müssen wir einmal gewinnen", sagte er lächelnd.

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