Kritik wirkt

Eishockey-Verband lässt Strukturen prüfen

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ÖEHV zieht Konsequenzen aus schwacher Leistung, lässt sich von Consulter beraten.

Die Gegenwart im österreichischen Eishockey ist alles andere als rosig. Verband (ÖEHV) und Liga (EBEL) ziehen selten an einem Strang, das Nationalteam schafft es seit Jahren nicht mehr, sich bei der WM in der A-Gruppe zu etablieren. Um den Sport zumindest künftig auf gesündere und erfolgreichere Beine zu stellen, lässt der österreichische Verband nun seine Strukturen hinterfragen. Eine Consulting-Firma wurde beauftragt, die Strukturen zu evaluieren.

Consulting-Firma
Die Evaluierung erfolgt unabhängig von der Enttäuschung bei der WM in Kosice, bei der das ÖEHV-Team nach dem 0:5-Debakel gegen Norwegen in der Relegationsrunde um den Klassenerhalt kämpft. Bei der jüngsten Generalversammlung wurde der Beschluss gefasst, eine Consulting-Firma zu beauftragen, die in den nächsten Tagen die Arbeit aufnehmen wird. Bei der nächsten Generalversammlung am 1. Juli in Innsbruck sollen die ersten Ergebnisse präsentiert werden.

Neue Ziele definieren
"Es wird eine Definition klarer sportlicher und wirtschaftlicher Ziele erforderlich sein, eine klare strategische Ausrichtung. Um die zu definierenden Ziele erreichen zu können, wird eine Optimierung von internen Strukturen und Abläufen erforderlich sein", erklärte ÖEHV-Präsident Dieter Kalt am Donnerstag in Kosice.

Ein Anstoß von außen soll helfen, die festgefahrene Situation aufzubrechen, "nachdem es in den letzten Jahren sehr schwierig geworden ist, Gemeinschaftsinteressen durchzusetzen", betonte Kalt. Die Vorschläge der Consulting-Firma sollen mit "allen relevanten Gruppen" umgesetzt werden, auch mit "Leuten, die mit dem Verband derzeit keine Freude haben".

Kommt ein Sportdirektor?
Das neue Konzept könnte auch einen hauptamtlichen Sportdirektor vorsehen, allerdings wollte Kalt den Ergebnissen der Evaluierung nicht vorgreifen. Bill Gilligan könnte dafür ein Kandidat sein, der aktuelle Teamchef hat mit dem Verband eine Vereinbarung für ein weiteres Jahr. Bei Klassenerhalt verlängert sich der Vertrag automatisch, sonst wird man sich nach der WM zusammensetzen.

Kritik an Vereinen
Rückenwind für Veränderungen könnte das enttäuschende Abschneiden in Kosice bringen, wo zum vierten Mal in Folge der Abstieg aus der A-WM droht. "Es kann auch sein, dass Vereinsfunktionäre WM-Spiele schauen. Vielleicht erkennen sie, dass es sinnvoller ist, mit mehr österreichischen Spielern zu spielen. Derzeit bekomme ich jeden zweiten Tag eine SMS, wo ein Verein bekanntgibt, dass er einen ausländischen Spieler verpflichtet hat", sagte Kalt. Linz etwa hat am Donnerstag die Legionäre Nummer sieben und acht für kommende Saison unter Vertrag genommen.

EBEL bei WM schwach vertreten
In der vergangenen Saison haben die sechs österreichischen Vereine der Erste Bank Liga (EBEL) 51 Legionäre eingesetzt. Keiner außerhalb der vier EBEL-Länder spielt bei der A-WM. Doch auch die Teamspieler der EBEL-Clubs sind heuer nicht von Erfolg verwöhnt. Österreich (24 EBEL-Spieler bei der WM) und Slowenien (17) kämpfen derzeit gegen den Abstieg aus der höchsten Kategorie.

In der Division I verpasste Ungarn im Heimturnier in Budapest mit elf Spielern aus Szekesfehervar den Aufstieg in die A-Gruppe. Kroatien ist im Heim-Turnier der Division II (dritte Liga) mit 13 Akteuren von Medvesczak Zagreb hinter Rumänien gelandet und hat damit den angepeilten Aufstieg ebenfalls nicht geschafft. . Ergibt 65 EBEL-Spieler, die mit ihrem Heimatland WM-Enttäuschungen erlebten.

Enttäuschung sitzt tief
Kalt hofft natürlich, dass Österreich doch noch den Klassenerhalt schafft. Die Enttäuschung nach dem 0:5 gegen Norwegen saß allerdings auch beim Präsidenten tief. "So emotionslos habe ich sie noch nie gesehen. Ich habe keine Erklärung dafür, aber das ist mir zu wenig. Es fehlt uns die Führungspersönlichkeit, es gibt keinen Brandner oder Kalt (Anm.: Dieter Kalt junior) mehr. Die Spieler sagen, sie sind stolz, für Österreich zu spielen, aber mir geht hier der Stolz ab", meinte Kalt.

Legionärsbeschränkung auch im Nachwuchs
"Die Ursachen liegen aber nicht nur bei den Leuten, die den Sport ausüben. Fehler sind schon viel früher gemacht worden", meinte Kalt und erzählte, dass schon bei den U15- und U17-Mannschaften immer mehr ausländische Spieler geholt werden. Er würde daher für eine Legionärsbeschränkung auch für Nachwuchsspieler offen sein.

Die Statistiken der WM zeigen ebenfalls ein trauriges Bild. Nach der Vorrunde führt Österreich nur in der Strafenstatistik (37 Minuten Zeitstrafen plus eine Spieldauerdisziplinar für Lakos). Bei der Effizienz der Schüsse (ein Treffer aus 61 Torschüssen) ist das ÖEHV-Team Schlusslicht, bei den Torhütern (86,6 Prozent gehaltene Torschüsse) und im Powerplay (null Tore aus zehn Überzahlspielen) jeweils Vorletzter.

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